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Karin Fuhrmann: René Benkos Steuerfrau

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Karin Fuhrmann

©Wolfgang Wolak/Trend
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Rund um René Benko scharten sich Männer, die gerne nickten und selten widersprachen. Doch eine Frau stieg in diesem Kreis zur einflussreichen Stimme auf: Karin Fuhrmann. Mittlerweile ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen sie. News kennt die Hintergründe.

Als René Benkos Signa noch „Immofina“ hieß und der Aufstieg des Immobilien-Jongleurs gerade erst begann, war Karin Fuhrmann mit der Steuerberatungsfirma TPA bereits an seiner Seite. Mehr als 20 Jahre begleitete sie Benkos Firmen-Konglomerat in steuerlichen Angelegenheiten.

Nicht nur das: Seit dem Jahr 2011 saß sie auch im Vorstand der Familie Benko Privatstiftung und jahrelang im Aufsichtsrat der Signa-Handelssparte Galeria Karstadt Kaufhof. Ein Umstand, der bereits im Jahr 2020 bei Recherchen der mittlerweile eingestellten Medienplattform Addendum aufgefallen war – und damals die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auf den Plan rufen sollte. Fuhrmann musste der Kammer in einer News vorliegenden Stellungnahme Rechenschaft über ihre Rollen ablegen. Von weiteren Schritten oder gar Konsequenzen sah die Kammer damals ab.

Umzug in Benko-Turm

Während die Signa-Gruppe über die Jahre weiter wuchs und sowohl intern als extern zu einem immer komplexeren Konglomerat anschwoll, expandierte parallel dazu auch TPA. Die Folge: TPA war im Jahr 2017 offenbar auf der Suche nach einem größeren Büro. Wie es der Zufall so will, war Karin Fuhrmann bereits mit dem Signa-Projekt ICON befasst, einem damals noch in Entwicklung befindlichen Büroturm am Wiener Hauptbahnhof. Ein möglicher Umzug wurde im Partnerkreis der TPA-Steuerberater im Juni 2017 beschlossen.

Am 23. Juni 2017 sollte Karin Fuhrmann den Signa-­Mastermind Benko und dessen Finanzvorstand Manuel Pirolt persönlich darüber in Kenntnis setzen: „Soeben wurde nunmehr endgültig nochmals eine einstimmige Zustimmung zum Projekt ICON von den Partnern gegeben. Die Stimmung ist jetzt sehr positiv. Ich darf mich bei Euch beiden sehr sehr herzlich für das tolle Verhandlungsergebnis und die Geduld und das Verständnis während der Verhandlungen bedanken.“

Für Benko ein wichtiger Deal. Denn das Büroprojekt ICON sollte möglichst rasch weiterverkauft werden – und eine hohe Vermietungsquote ist bei Preisverhandlungen ein starkes Ass im Ärmel. So konnte wenige Tage später, am 6. Juli 2017, schon Vollzug gemeldet werden: Eineinhalb Jahre vor Fertigstellung sollte das Gebäude an die Allianz Versicherung weitergereicht werden. Und die TPA ihre Zentrale genau dorthin verlegen.

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Geheime Vereinbarung

TPA und Signa verhandelten im Juni 2017 nicht nur den Umzug in das neue Heim am Hauptbahnhof. Neben den Verhandlungen über den Mietvertrag ging es um eine vertrauliche Vereinbarung, die in einem vierseitigen Vertrag mündete. Das Dokument liegt News und Krone vor. Er wurde exakt einen Tag vor Verkündung des ICON-Verkaufs, am 5. Juli 2017, zwischen der Signa Holding und der TPA Steuerberatung abgeschlossen.

Für TPA unterfertigte unter anderem Karin Fuhrmann. Gleich zu Beginn ist in dem vertraulichen Vierseiter zu lesen: „Im Interesse der qualitativ hochwertigen und zeitgerechten Bearbeitung der Aufträge von SIGNA hat TPA zusätzliche Ressourcen und Personal aufgebaut und wird diese gegebenenfalls auch weiter aufbauen. Dieser Aufbau von Ressourcen (und auch die damit einhergehende erforderliche räumliche Erweiterung) war bzw. ist für TPA mit entsprechendem unternehmerischem Risiko und finanziellem Aufwand verbunden.“

Im Kern wollte TPA damit eine „Absicherung der Nachhaltigkeit der Geschäftsbeziehung“ mit dem ­Signa-Reich erreichen. Zu diesem Zweck sollte die ­Signa Holding als „Patron“ die Steuerberater der TPA als „bevorzugten Partner“ mit einem Mindestvolumen beauftragen. Bei der erstmaligen Unterzeichnung war ein Zeitraum bis in das Jahr 2020 festgelegt worden. Laut News-Recherchen soll dieser später bis 2023 weiter verlängert worden sein. Bemerkenswert erscheint in dieser Geheimvereinbarung auch die Spannweite des Vertrags: Nicht nur die Signa Gruppe, auch „vergleichbare Strukturen mit Laura Privatstiftung, Familie Benko Privatstiftung und/oder Angehörige der Familie Benko“ sollten unter den Geltungs­bereich fallen.

TPA wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern.

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GEHEIME VEREINBARUNG: Die Steuerberatungsfirma TPA und Signa haben sich mit dem Einzug in das Wiener Bürogebäude ICON auch vertraglich eng aneinander gebunden

Geldkarussell

Die unterschiedlichen Rollen der Benko-Vertrauten Fuhrmann – von der Steuerberaterin bis hin zur Vorstandsvorsitzenden der Familie Benko Privatstiftung – könnten eine Reihe potenzieller Interessenkon­flikte mit sich gebracht haben. Besonders plakativ ist das im Zusammenhang mit dem „Geldkarussell“ zu sehen. Dabei geht es um einen potenziellen Taschenspielertrick, den René Benko im Zusammenspiel mit seinen engsten Vertrauten im Rahmen einer Kapital­erhöhung der Signa Holding im Sommer 2023 angewendet haben soll.

Damals befand sich die Signa Holding bereits in bedrohlicher Schieflage, weshalb die Investoren in Summe ein letztes Mal 350 Millionen Euro einschießen sollten. Benko selbst soll dabei den Eindruck erweckt haben, mit gutem Beispiel voranzugehen, indem er über seine Familie Benko Privat­stiftung – in der Karin Fuhrmann seit 2011 als Vorstandschefin aktiv ist – angeblich 35,35 Millionen Euro beisteuerte. Tatsächlich könnte dieses Geld jedoch zuvor der Signa-Gruppe entzogen und über mehrere Konten und Gesellschaften transferiert worden sein, um am Ende wieder in der Signa-Sphäre zu landen – versehen mit dem Label: „frisches Eigenkapital“. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt nun, ob Fuhrmann an diesem Vorgang beteiligt gewesen sein könnte. Laut Ermittlern habe Fuhrmann die Weiterüberweisung des Betrags vom Konto der Familie Benko Privatstiftung an die Signa Holding GmbH ausdrücklich unter dem Titel „Kapitalerhöhung“ freigegeben und möglicherweise dessen Herkunft verschleiert, indem sie nachträglich die Erstellung eines „fiktiven Kreditvertrags“ sowie eines passenden Stiftungsvorstandsbeschlusses in Auftrag gegeben habe. Fuhrmann bestreitet sämtliche Vorwürfe; es gilt die Unschuldsvermutung.

Im Vorfeld dieser vermeintlichen Kapitalerhöhung wurden Fuhrmann und TPA wiederum als Berater der Signa Holding aktiv. So geht aus einem News und Krone vorliegenden TPA-internen Dokument unter dem Titel „TPA: Signa Holding – Gesellschafterzuschüsse 2023“ hervor, dass Fuhrmann die Planung der Kapitalerhöhung mitbetreute, obwohl sie als Stiftungsvorständin der Benko-Privatstiftung einen der Gesellschafter vertritt. Die TPA will darin in einer Stellungnahme keinen Konflikt erkennen, da „die TPA Steuerberatung zu keinem Zeitpunkt die Familie Benko Privatstiftung vertreten“ hat. Ein „Interessenkonflikt“ bestehe daher nicht.

Bemerkenswert: Ein TPA-Sprecher betont in diesem Zusammenhang, dass eine formale Kapitalerhöhung bei der Signa Holding GmbH im Jahr 2023 gar nicht stattgefunden habe. Worauf sich die Rechtsauffassung des Sprechers konkret stützt, bleibt offen. Tatsächlich wurde nämlich eine vorliegende Rahmenvereinbarung sowohl von Vertretern der Familie Benko Privatstiftung als auch von weiteren Investoren – darunter Vertretern von Hans Peter Haselsteiners Stiftung – unterzeichnet. Lediglich ein Investor habe sich diesem Vorgehen verweigert.

Fest steht jedenfalls, dass die Schweizer Investoren Eugster und Tanner im Zuge genau dieser Kapitalerhöhung 35,35 Millionen Euro überwiesen und verloren haben.

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WEITER DABEI. Auch nach dem ­Zusammenbruch und einer Kaskade an Insolvenzen beriet TPA mit einer neuen Beratungsfirma das einstige ­Signa-Flaggschiff Prime Selection weiter

Weiter an Bord

Laut Recherchen von News und Krone ist TPA-Partnerin Karin Fuhrmann neuerdings nicht mehr Teil des Management-Teams der TPA Steuerberatung. Laut TPA sei diese Entscheidung aus Gründen eines Generationswechsels bereits vor Beginn der Ermittlungen gegen Fuhrmann „Anfang 2024 gefallen“.

Parallel kam es zu internen Umstrukturierungen: Zahlreiche Mitarbeiter des Fuhrmann-Teams wurden von der TPA Steuerberatung GmbH in eine neu gegründete TPA IFRS Solutions GmbH verschoben. Diese Maßnahme sei notwendig geworden, um auf die steigende Nachfrage und Spezialisierung im Bereich IFRS-Beratung entsprechend reagieren zu können, heißt es seitens TPA. Interessant ist der Umstand, dass ebendiese TPA IFRS Solutions GmbH auch nach dem Kollaps mit Leistungen für die Signa betraut wurde. Noch im Mai 2024 beauftragten die damaligen Signa-Vorstände Manuel Pirolt und Herwig Teufelsdorfer „TPA IFRS Solutions“. Pauschalhonorar: 350.000 Euro.

Heute sitzt René Benko in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Josefstadt. Seine Signa wird inzwischen im Konkursverfahren abgewickelt. Karin Fuhrmann sitzt derweilen bei TPA. Ein Sprecher scheint ihre Rolle eher kleinreden zu wollen. Dabei schätzen Insider, dass sich die Honorare, die TPA über die Jahrzehnte hinweg für Beratungsleistungen rund um das Signa-Gebilde kassiert hat, auf über 100 Millionen Euro summiert haben dürften.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 13/25 erschienen.

Causa René Benko

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