Über ein Jahrzehnt zählte Hans Peter Haselsteiner zu den engsten Bewunderern von René Benko. Haselsteiners Stiftung sollte dafür massiv auf Finanzreserven zurückgreifen und vertraute Benkos Signa eine dreiviertel Milliarde Euro an. Kurz vor dem Zusammenbruch der Signa im Jahr 2023 sollte Haselsteiner noch mit 50 Millionen Euro an einer Kapitalerhöhung mitziehen. Doch geflossen sind die Millionen nie. News kennt die Hintergründe
Hans Peter Haselsteiner ist nicht nur als Baulöwe und Kunstmäzen bekannt, sondern auch als jemand, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn ihm etwas gegen den Strich geht. Ob bei politischen Themen oder wirtschaftlichen Fehlentwicklungen – Haselsteiner hat nie davor zurückgeschreckt, seine Meinung öffentlich zu äußern.
Auch nicht im Jänner 2024, als der 81-Jährige in einem Interview in der ORF-ZiB-2 offen über sein gescheitertes Investment in den Immobilien-Jongleur René Benko spricht. Dabei macht er wie kein anderer vor ihm deutlich, dass Benko der faktische Machthaber innerhalb der Signa-Gruppe war. Und ohne den Gründer in dem Konzernkonglomerat nichts entschieden werden konnte.
„Das Gesamtkunstwerk René“
Diesem öffentlichkeitswirksamen Bruch war eine enge persönliche Vertrauensbeziehung vorangegangen. Maßgeblich bestimmt durch die ebenso lange und enge Freundschaft zwischen Hans Peter Haselsteiner und Alfred Gusenbauer – dem Diener beider Herren. Altkanzler Gusenbauer war nach seinem Ausscheiden aus der Spitzenpolitik da wie dort an Bord.
Bei Benko als Aufsichtsrat und Berater der wichtigsten Signa-Gesellschaften. Bei Haselsteiner als Mitglied im Vorstand der Privatstiftungen und bis 2024 auch als Aufsichtsratschef des internationalen Baukonzerns STRABAG. So sollten die drei Herren sich in regelmäßigen Abständen über die Entwicklungen im Signa-Reich austauschen. Nicht selten in geselligem Rahmen. Über Jahre sollten die jährlichen millionenschweren Dividenden ihre beruhigende Wirkung entfalten. Allein Ende 2021 flossen 25,25 Millionen Euro aus der Signa Holding an die Haselsteiner Familien Privatstiftung.
Noch im Sommer 2021 bedankte sich Benko in einer E-Mail mit dem Betreff „Beteiligung“ bei Haselsteiner für die Einladung „am See im engsten Familienkreis“. Besonders erfreut zeigte sich der Immobilienspekulant, dass der Haselsteiner-Familienrat beschlossen hatte, die Option zur Aufstockung der Anteile an seiner Signa Holding bereits jetzt zu ziehen. Benko schrieb:
„Dass der Familienrat beschlossen hat, die Option für die Aufstockung der Anteile an der Signa Holding jetzt schon auszuüben, freut mich sehr (…) Ich habe dies gleich an meinen Vertrauensanwalt für die Umsetzung der notwendigen Verträge weitergegeben.“
Besonders geschmeichelt war Benko von einer persönlichen Anerkennung durch Haselsteiner:
„Das mit dem ,Gesamtkunstwerk‘ habe ich übrigens sofort meiner Frau weitererzählt und hoffe, sie sieht das auch so.“
Doch nicht nur Benko selbst betrachtete sein Imperium als ein solches „Gesamtkunstwerk“ – auch Haselsteiners Umfeld teilte diese Sichtweise. Im Zuge der Diskussion über die Entscheidung zur Beteiligungsaufstockung soll Haselsteiners Sohn laut seinem Vater gesagt haben:
„Da ich an das Gesamtkunstwerk René glaube, macht dieser Schritt Sinn.“
Nur sieben Stunden nach seiner ersten Nachricht ersuchte Haselsteiner Benko um Hilfe bei der Verhandlung eines zehn Jahre laufenden Kredits über bis zu 250 Millionen Euro für weitere Vorhaben. Bereits drei Stunden später bestätigte Benko seine Unterstützung. Die Aufstockung der Haselsteiner-Anteile von zehn auf 15 Prozent wurde schließlich von Haselsteiners langjähriger Hausbank, der Raiffeisen Bank International, finanziert – laut Krone mit einem Kredit von 250 Millionen Euro.






Geheime Vereinbarung: Im Juni 2023 wurden die Investoren der Signa Holding nochmal zur Kasse gebeten. Haselsteiners Stiftung sollte 52,5 Millionen in „cash“ einbringen


UNTERSCHRIEBENE VEREINBARUNG: Zwei Vorstände der Haselsteiner-Stiftung haben den Vertrag unterzeichnet und sogleich wieder an René Benko übermitteln lassen
Frisches Geld
Im Laufe des Jahres 2022 wurde die Lage im Signa-Gebilde von Tag zu Tag düsterer. Ende des Jahres mussten mit einzelnen Investoren die Gewinne aus dem am Papier erfolgreichen Jahr 2021 gestundet werden. Zu einem Zinssatz von acht Prozent. Kurze Zeit später, im Frühjahr 2023, brach dann auch intern mehr und mehr Hektik aus.
Benko versuchte verzweifelt, frisches Kapital aufzustellen. Erst bemühte er sich, 500 Millionen Euro an Kapital von seinen Investoren zu bekommen; am Ende sollten es 350 Millionen Euro werden – zumindest in der Theorie. Darauf verständigten sich die internationalen Gesellschafter der Signa Holding. Dafür wurde eine Rahmenvereinbarung aufgesetzt. Und unterschrieben. Von allen. Auch von zwei Vorständen der Haselsteiner Familien-Privatstiftung. Einzig Fressnapf-Eigentümer Toeller versagte dem einstigen Wunderwuzzi Benko die Zusage.
In dieser Rahmenvereinbarung ist schriftlich festgehalten, dass die Haselsteiner-Stiftung 52,5 Millionen Euro in bar in die Signa Holding einbringen und die Stiftung weiterhin mit 15 Prozent beteiligt sein wird. Nach außen hin. Während die Schweizer Co-Investoren Arthur Eugster und Ernst Tanner sogleich ihre finanziellen Zusagen erfüllen und – im Verhältnis zu ihren Anteilen – mehr als 30 Millionen nachschießen, setzt René Benko mit diesem Geld – so der Verdacht der Ermittler – ein mutmaßlich illegales Geldkarussell in Gang. Und Haselsteiner? Dessen Seite fühlt sich offenbar nicht an ihre Zusage gebunden. Die 52,5 Millionen Euro sollten nie kommen. Auch nicht Monate später. Zumindest nicht von Haselsteiners Stiftung.
Geheimer Deal
Bis zum Untergang der Signa blieb den anderen Investoren ein wesentliches Detail verborgen: Haselsteiner und Benko verständigten sich auf einen diskreten Deal. Aus einer vorliegenden vertraulichen Rahmenvereinbarung geht hervor, dass Haselsteiners Stiftung offiziell gegenüber den anderen Investoren ihre Beteiligung an der Kapitalerhöhung zusichern sollte – die Millionen dafür sollten jedoch von Benkos Stiftung kommen.
Mittendrin statt nur dabei: Benkos Millionenberater Alfred Gusenbauer. Diesmal in seiner Funktion als Haselsteiner-Stiftungsvorstand. Inmitten des finanziellen Gefechts wendet sich Benko direkt an den „lieben Gusi“:
„In Eurem speziellen Fall wird unsere Familie Benko Privatstiftung 1 % Eurer Anteile an der SIGNA Holding GmbH zum Preis von 50m Euro erwerben. Die Haselsteiner Stiftung wird jedoch diesen Anteil für die FBPS treuhändig halten. Darüber hinaus wird die FBPS (Anm. Familie Benko Privatstiftung) ihren Anteil an dem von Euch treuhändig gehaltenen Anteil an der Kapitalerhöhung i.H.v. EUR 3,5 Mio zur Verfügung stellen – sodass für Eure wirtschaftlichen 14 % an der SIGNA Holding EUR 49.000.000,-- anfallen.“
Heißt so viel wie: Wir wollen den Schein wahren. Das Geld kommt in Wahrheit von uns, der Familie Benko Privatstiftung. Doch ebendiese Stiftung, mittlerweile in der Pleite, sollte die Millionen schuldig bleiben. Es blieb bei Vertragsentwürfen, die von Benkos Haus- und Hofanwaltskanzlei Arnold Rechtsanwälte aufgesetzt wurden.
Der Zeuge
Im Rahmen seiner Einvernahme als Zeuge unter Wahrheitspflicht gab Hans-Peter Haselsteiner bereits Anfang Oktober 2024 zu Protokoll, dass er die Rahmenvereinbarung „kenne“, seine Stiftung zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung im Sommer 2023 jedoch „andere Sorgen“ gehabt habe. Weiters gab Haselsteiner an, dass „diese unterschriebene Rahmenvereinbarung mit Bedingungen versehen“ war, unter anderem durch den „Kaufvertrag über das eine Prozent“. Diese Bedingung sei nie eingetreten. und „daher wurde das nicht umgesetzt“
In der Rahmenvereinbarung, die News und der Krone vorliegt, sind keine derartigen Bedingungen zu erkennen. Die große Frage lautet: Wie wird der Masseverwalter der Signa Holding darauf reagieren? Wird er versuchen, das Leid der vielen Gläubiger einer Milliardenpleite zu lindern? Wird er sich bemühen, die rund 50 Millionen von der Haselsteiner-Stiftung zu holen?
Haselsteiners Stiftungsvorstand ließ eine Anfrage zu diesem Sachverhalt unbeantwortet.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.09/2025 erschienen.