Mit 17 trat Julia Herr der Sozialistischen Jugend (SJ) bei und wird wenige Jahre später als erste Frau zur SJ-Vorsitzenden gewählt. Parteiintern ist die SPÖ-Abgeordnete nicht unumstritten.
Steckbrief Julia Herr
Name: Julia Elisabeth Herr
Geboren: Am 28. November 1992 in Sigleß, Burgenland
Beruf: Politikerin
Partei: SPÖ
Funktion: Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat und Umweltschutzsprecherin der SPÖ, davor Vorsitzende der Bundesjugendvertretung, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Österreichs
Gehalt: 9.873 Euro brutto im Monat (Gehalt eines/einer Abgeordneten im österreichischen Nationalrat)
Ausbildung: Matura am BG BRG Hochstraße in Mattersburg, begonnenes Studium der Soziologie an der Universität Wien
Familienstand/Beziehung: unbekannt
Julia Elisabeth Herr wurde am 28. November 1922 in Sigleß (Burgenland, Bezirk Mattersburg) geboren. Seit Oktober 2019 ist Herr SPÖ-Abgeordnete zum Österreichischen Nationalrat und Umweltschutz-Sprecherin der SPÖ. Beobachter:innen rechnen die Burgenländerin zum linken Flügel innerhalb der Sozialdemokratie. Parteiintern galt und gilt sie vielen als (zu) radikal, anderen als Zukunftshoffnung einer Partei, deren Mitglieder im Schnitt 63 Jahren alt sind.
Julia Herr: Schulzeit und Weg in die Politik
Nach der Volksschule in Sigleß maturierte Herr am BG/BRG Hochstraße in Mattersburg. Politisch interssiert sei sie schon immer gewesen, erzählte sie 2018 in einem News-Interview. Ihr erstes politisches Transparent malte sie während ihrer Schulzeit, um gegen die Streichung schulfreier Tage zu protestieren. 2010, als 17-Jährige, kam sie erstmals mit der Sozialistischen Jugend Österreichs (SJÖ), der Jugendorganisation der SPÖ, in Kontakt und trat zunächst der Ortsgruppe Pöttsching (Bezirk Mattersburg) bei. Herr wurde zunächst frauenpolitische Beauftragte der Sozialistischen Jugend Burgenland und 2011 schließlich gesamtösterreichische frauenpolitische Beauftragte.
2011 schrieb sich die damals 18-jährige Herr für ein Studium der Soziologie an der Universität Wien ein, das sie derzeit pausiert. Mit ihrem Umzug nach Wien wurde sie Teil der Bezirkspartei SPÖ Wien-Penzing.
Von Heinisch-Hosek von der Bühne verscheucht
Für erste Aufregung und Medienöffentlichkeit sorgte sie bereits 2014 als SJ-Funktionärin bei einem Bundesparteirat in der Hofburg: Damals stand der Auftritt des damaligen EU-Spitzenkandidaten und ehemaligen ORF-Moderators Eugen Freund im Mittelpunkt. Die SJ kritisierte den Umstand, dass dieser kein Parteimitglied sei. Herr wollte Freund ein übergroßes Beitrittsformular übergeben - und wurde von der damaligen Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek vom Podium verscheucht.
Julia Herr: Jüngste Vorsitzende der SJ (Sozialistische Jugend)und erste Frau
Mit 21 Jahren wurde Herr im Mai 2014 zur SJ-Vorsitzenden gewählt, als jüngste Chefin in der 120-jährigen Geschichte der Organisation – und als erste Frau. In einer Abstimmung am 35. Ordentlichen Verbandstag der SJ setzte sie sich mit 54 Prozent der Stimmen knapp gegen ihre Kontrahentin Fiona Kaiser durch. Vor ihrer Wahl forderte Herr ihre Partei auf, aus der Regierungskoalition mit der ÖVP auszusteigen und plädierte für eine demokratische, marxistische und feministische Ausrichtung der SJ. Im Gespräch mit der Tageszeitung Presse sorgte die frisch gewählte SJ-Vorsitzende für einen Eklat, indem sie forderte, Schlüsselindustrien und Banken zu verstaatlichen und dabei Venezuela als Vorbild nannte. Der Vorwurf, sie habe ein autokratisches Regime als Vorbild bezeichnet, hängt ihr in Teilen bis heute nach.
Ungeachtet dessen wurde Herr 2016 mit 82,72 Prozent und 2018 mit 87,07 Prozent wiedergewählt. Im Februar 2020 übergab sie den Posten an Paul Stich. Von 2016 bis 2018 war sie außerdem Vorsitzende der Bundesjugendvertretung, der Interessensvertretung der Kinder und Jugendlichen in Österreich.
Abgeordnete Julia Herr: Einzug in den Nationalrat
Erstmals 2017 bewarb sich die Burgenländerin um ein Nationalratsmandat. Sie kandidierte vom 16. Listenplatz aus und führte einen Vorzugsstimmenwahlkampf. Mit 2.607 Vorzugsstimmen verpasste sie den Einzug jedoch. Aussichtsreicher waren die Bedingungen bei der Nationalratswahl 2019. Herr kandidierte als 26-Jährige auf SPÖ-Bundeslistenplatz 7, schaffte mit dem bundesweit drittbesten Ergebnis den Einzug und wurde am 23.10.2019 als Abgeordnete zum Nationalrat angelobt.
Die "Parteirebellin"
Geht es nach Herr sollte von nun an ein anderer Wind durch die Sozialdemokratische Partei blasen. Dem Standard erzählt sie kurz vor ihrer Angelobung, „es schreiben mir gerade so viele Menschen, dass sich in der SPÖ jetzt endlich was tun muss. Denen bin ich was schuldig“. Ob sie sich als Mandatarin dem Klubzwang der Partei unterwerfen werde, ließ die „Parteirebellin“ vor ihrer Angelobung erstmal offen. Nachsatz: „Ich fühle mich dem Parteiprogramm, meinem Wahlkreis und der SJ verpflichtet, nicht den Parteifunktionären." Gegenüber dem ORF betont die nunmehr frisch angelobte Nationalrätin: „So wie es jetzt ist, soll’s nicht weitergehen. Da sind sich eigentlich alle einig und jetzt ist die Frage, in welche Richtung geht man“. Sie forderte eine Öffnung und Demokratisierung ihrer Partei. Entscheidungen sollten von allen SPÖ-Mitgliedern getroffen werden, nicht nur von einigen Parteigranden im stillen Kämmerlein.
Mit ihrem Einzug in den Nationalrat hat es Julia Herr in Österreichs Spitzenpolitik geschafft - für Frauen oftmals ein brutales Geschäft. Auch Herr musste sich als Frau oftmals mehr beweisen als es etwa ein Mann an ihrer Stelle hätte müssen, erzählte sie in einem Interview mit News.at 2021.
Julia Herrs vielfältige Funktionen
Als Nationalratsabgeordnete ist Herr Mitglied des Ausschusses für Familie und Jugend, des Umwelt- sowie des Verkehrsausschusses und Bereichssprecherin für Umwelt und Klima. Außerdem war sie Teil der SPÖ-Delegation zum ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss.
Politische Ausrichtung und Forderungen
Politisch ist Herr klar am linken Rand der SPÖ zu verorten. Sie befürwortet unter anderem die Legalisierung von Cannabis und setzt sich regelmäßig lautstark gegen die Diskriminierung von Homosexuellen oder Geflüchteten und Muslim:innen ein. Ihrer Meinung nach müsse die Macht der Reichen und Konzerne im Land gebrochen und die „historische Aufgabe“ vollbracht werden, „den Kapitalismus zu überwinden“. Dazu brauche es Steuern auf Vermögen sowie die (teilweise) Verstaatlichung wichtiger Bereiche der Daseinsvorsorge, mitunter den Wohnsektor.
Julia Herr für "Linksruck der SPÖ"
Quasi seit ihrem Parteieintritt fordert Herr einen „Linksruck der SPÖ“. Die Sozialdemokratie müsse wieder an Glaubwürdigkeit gewinnen, indem sie sich ernsthaft für die Interessen der Lohnarbeitenden im Land einsetzt. In einem Gespräch mit News im Jahr 2019 brachte Herr ihre politischen Positionen so auf den Punkt: „Die Sozialdemokratie wurde gegründet, um das Leben der arbeitenden Menschen zu verbessern. Nichts ist aktueller als das. Die SPÖ muss sich wieder trauen zu sagen: Wir leben in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, das nach Profitlogik funktioniert, und wir schauen seit Jahrzehnten zu, wie Menschen ausgebeutet werden und die Umwelt zerstört wird. Die Löhne sind in den letzten 20 Jahren nicht maßgeblich gestiegen, die Mieten schon. 40 Prozent ihres Lohns müssen Menschen für die Miete abdrücken. Na bitte. Das ist aufgelegt, was die SPÖ jetzt fordern muss."
Laut Herr sind „die Fronten extrem klar. Die meisten Menschen wissen, dass sie nicht von diesem Wirtschaftssystem profitieren. Dass es eine kleine Gruppe von Personen gibt, die jedes Jahr abcashen, und dass sie selbst nicht dazugehören".
Gegenwind in der Partei: Julia Herr zu radikal
Nicht alle innerhalb der SPÖ sehen die Dinge so „klar“ wie Herr und können sich mitunter wenig mit den Positionen der Parteirebellin anfreunden. Während Herr für die einen den (dringend) notwendigen frischen Wind in die Partei bringt, gilt sie anderen als zu radikal. In der Auseinandersetzung um den Parteivorsitz zwischen Pamela Rendi-Wagner, Hans-Peter Doskozil und Andreas Babler zählt sie zu den größten Unterstützerinnen des Letztgenannten. Wenig verwunderlich setzen vor allem linke Sozialdemokrat:innen auf Babler.
Julia Herr privat
Julia Herr ist sehr bedacht darauf, ihr Privatleben auch privat zu halten. Über eine Beziehung, einen Freund oder sonstige private Beziehungen ist von der Abgeordneten nichts bekannt. Ihre Eltern leben nach wie vor in ihrer Heimatgemeinde, deren Besuch Herr laut einem Interview mit meinbezirk.at stets als "kleine Erholungspause" bezeichnete.