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Feminismus: Braucht es ihn heute noch?

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Feminismus: Pinke Faust

©Elke Mayr
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Beim Feminismus geht es nicht darum, die Dominanz der Männer durch die Dominanz der Frauen zu ersetzen, sondern um die gerechte Verteilung von Macht, Geld und Chancen, unabhängig vom Geschlecht.

Was ist Feminismus?

„Den“ Feminismus gibt es nicht. Feminismus ist ein Überbegriff für soziale Bewegungen, politische Strömungen und wissenschaftliche Forschungen, die sich für die Gleichberechtigung zwischen Geschlechtern und gegen Sexismus einsetzen. Feminist:innen geht es darum, Diskriminierung von Frauen in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen zu bekämpfen und Normen und Strukturen zu verändern, die diese Diskriminierung hervorrufen.

Das kann zum Beispiel die Forderung nach mehr Lohn für Frauen beinhalten, die in Österreich für die gleiche Arbeit oftmals deutlich weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Typische Forderungen sind unter anderem:

  • das Recht auf Schwangerschaftsabbruch

  • die Unterbindung männlicher Gewalt (in Partner:innenschaften)

  • die Gleichverteilung (unbezahlter) Haushaltsarbeit

  • Frauenquoten in bestimmten Institutionen oder

  • eine geschlechtergerechte Schreibweise („Gendern“)

Einen zentralen Stellenwert im Feminismus hat der Kampf gegen das „Patriarchat“ bzw. „patriarchale Strukturen“. Damit ist eine Gesellschaftsordnung gemeint, in welcher Männer mit deutlich mehr Macht und Privilegien ausgestattet sind als Frauen. Im Patriarchat sitzen Männer in den entscheidenden gesellschaftlichen Machtpositionen, zum Beispiel in der Politik, in großen Unternehmen, Institutionen oder Medienhäusern, und haben somit deutlich mehr Einfluss auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik als Frauen.

Allerdings ist Feminismus nicht gleich Feminismus. Einzelne Strömungen und Gruppierungen verfolgen oftmals unterschiedliche Ansätze und Ziele bzw. erneuern ihre Forderungen im Laufe der Zeit und passen sie den gesellschaftspolitischen Gegebenheiten an.

Wichtig ist: Feminist:innen setzen sich nicht „für Frauen“, sondern „für Gleichberechtigung“ ein. Das bedeutet: Es geht nicht darum, die Macht der Männer gegen die Macht der Frauen auszutauschen, sondern um die gerechte Verteilung von Macht, Geld, Chancen und um Selbstbestimmung, unabhängig vom Geschlecht.

Es geht nicht darum, die Macht der Männer gegen die Macht der Frauen auszutauschen, sondern um die gerechte Verteilung von Macht, Geld, Chancen und um Selbstbestimmung, unabhängig vom Geschlecht.

Welche Arten von Feminismus gibt es?

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich eine große Bandbreite verschiedener „Feminismen“ bzw. feministischer Strömungen herausgebildet. Sie verfolgen oft unterschiedliche Anliegen bzw. haben unterschiedliche Ansichten und Deutungsmuster von Gesellschaft und Politik. Besonders im akademischen Diskurs hat sich mittlerweile eine Vielzahl an unterschiedlichen Strömungen und Unterströmungen etabliert. Hier ein kurzer, unvollständiger Überblick:

  • Anhänger:innen des Gleichheitsfeminismus gehen davon aus, dass Männer und Frauen grundsätzlich gleich sind und Unterschiede nicht biologisch, sondern gesellschaftlich bedingt sind.

  • Im Gegensatz dazu betonen Differenzfeminist:innen die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau und versuchen dabei das Positive von Weiblichkeit (gegenüber Männlichkeit) zu betonen.

  • Radikale Feminist:innen verorten die Ursachen der Unterdrückung von Frauen in patriarchalen Strukturen, vor allem im Idealbild der „Familie“. Sie fordern nicht nur die Abschaffung männlicher Privilegien, sondern die Beseitigung jeglicher Geschlechterunterschiede.

  • Anhänger:innen des sozialistischen Feminismus verweisen darauf, dass die Unterdrückung von Frauen im Kapitalismus wurzelt. Die Abschaffung der Unterdrückung von Frauen könne nur gelingen, wenn auch der Kapitalismus überwunden und durch eine neue, gerechtere Gesellschaftsordnung ersetzt wird.

  • Intersektionale Feminist:innen betonen die Vielschichtigkeit („Intersektionalität“) von Unterdrückung. Frauen werden oftmals nicht nur aufgrund ihres Geschlechts, sondern auch aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Klasse und ihrem sozialen Status diskriminiert. Eine weiße, mitteleuropäische Universitätsprofessorin macht in aller Regel andere Diskriminierungserfahrungen wie eine Schwarze, migrantische Reinigungskraft.

Wie entstand der Feminismus?

Der Begriff leitet sich vom Französischen féminisme bzw. vom Lateinischen femina ab, beides bedeutet Frau. Der Begriff wurde zunächst in der Medizin und der Zoologie verwendet und fand in den 1870er-Jahren Einzug in geschlechtspolitische Debatten.

Seit Jahrhunderten setzen sich Frauen für Gleichberechtigung ein – ohne dabei als „Feministinnen“ gegolten zu haben. Als eine der ersten bekannten „Frauenrechtlerinnen“ gilt Olympe de Gouges, die während der Französischen Revolution im Jahr 1791 die Déclaration des droits de la Femme et de la Citoyenne (deutsch: Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin) verfasste. De Gouges Schrift war eine Reaktion auf die zwei Jahre zuvor (von Männern) veröffentlichte Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, die Frauen explizit ausklammerte.

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Olympe de Gouges: Erste bekannte "Feministin"

 © IMAGO images/Heritage Images

Mit ihrem Kampf für die politische Gleichberechtigung von Männern und Frauen gingen die britischen „Suffragetten“ in die Geschichte ein. Die Suffragetten (entlehnt vom englischen Wort suffrage, Wahlrecht) setzten sich zunächst friedlich, später militant und dadurch erfolgreich für das Frauenwahlrecht ein und ebneten vor über 100 Jahren den Weg für das Frauenwahlrecht in ganz Europa.

Moderner Feminismus heute: „Das Private ist politisch“

Anders als vielleicht erhofft, wurden mit dem Zugang zum Wahlrecht längst nicht alle Formen weiblicher Unterdrückung beseitigt. Aber die feministische bzw. Frauenrechtsbewegung wurde Laufe des 20. Jahrhunderts stetig größer und es etablierte sich eine Vielzahl feministischer Bewegungen und Strömungen auf der ganzen Welt. Sie behandelten und behandeln eine Vielzahl politischer Themen, die weit über juristische Fragen wie das Wahlrecht hinausgehen.

Feminist:innen versuchen, Themen, die vermeintlich als „privat“ oder „Privatangelegenheiten“ gelten, als politische Themen zu behandeln

Zum Beispiel problematisieren Feminist:innen die Verteilung von bezahlter („männlicher“) und unbezahlter („weiblicher“) Arbeit, die sprachliche und bildliche Herabwürdigung von Frauen in Medien und Werbung, klischeehafte Rollenbilder in Schulbüchern und vieles mehr. Zentral ist das Prinzip „das Private ist politisch“. Feminist:innen versuchen, Themen, die vermeintlich als „privat“ oder „Privatangelegenheiten“ gelten, als politische Themen zu behandeln bzw. sie auf die offizielle politische Agenda zu setzen. Zum Beispiel weisen sie darauf hin, dass es sich bei Gewalt in der Ehe (auch wenn sie in den eigenen vier Wänden stattfinden mag) um kein „privates“ Thema handelt, sondern um ein gesellschaftliches Problem. Also müssen derlei Themen auch politisch behandelt werden, beispielsweise indem strengere Gesetze gegen Gewalt in der Ehe verabschiedet werden oder männliches Verhalten öffentlich problematisiert wird.

In besonderer Weise geschah dies im Zuge der „MeToo“-Bewegung, die im Oktober 2017 ins Rollen kam. Nach dem Mitte Oktober 2017 öffentlich gewordenen Skandal um den Filmproduzenten Harvey Weinstein berichteten Hunderte (prominente) Frauen in Sozialen Netzwerken über sexuelle Belästigungen, sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen. Sie nutzten dafür den Hashtag #MeToo (deutsch: ich auch) und entfachten damit eine weltweite Debatte über das Verhalten von Männern in Machtpositionen, über Machtmissbrauch, Rollenbilder und Sexualität. Harvey Weinstein wurde mittlerweile mehrfach wegen diverser Sexualstraftaten, darunter Vergewaltigung, zu insgesamt 39 Jahren Haft verurteilt. Auch bei „MeToo“ gilt: „Das Private ist politisch“. Der Klaps auf den Po oder der Anmachspruch vom Chef ist eben nicht nur ein Klaps oder ein Spruch, keine Privatangelegenheit also, sondern Ausdruck problematischer Machtverhältnisse und Rollenverständnisse.

Der mittlerweile nur noch schwer zu überblickenden Vielfalt an feministischen Strömungen ist gemein, dass die Zahl thematisierter Anliegen immer breiter wird. Immer mehr gesellschaftliche Themen werden von Feminist:innen „politisch“ thematisiert. So problematisieren Queer-Feminist:innen die Kategorie „Geschlecht“ an sich, bei Slutwalks (deutsch: Schlampenmarsch) wird gegen die Täter-Opfer-Umkehr und Vergewaltigungsmythen demonstriert und die Riot-Grrrl-Bewegung erhebt seit den 1990er-Jahren den Anspruch, Teil einer überwiegend männlich dominierten Musikszene zu sein. Die Grenzen zwischen den einzelnen Anliegen und Gruppierungen sind oft fließend.

8. März: Weltfrauentag

Seit mehr als hundert Jahren wird am 8. März der Weltfrauentag begangen, um ein Zeichen für Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen zu setzen. Der Weltfrauentag geht auf den 28. Februar 1909 zurück, die Sozialistische Partei in den USA erinnerte damals an einen Streik von Textilarbeiterinnen in New York. Die Einführung eines Internationalen Weltfrauentags entstammt der Initiative der deutschen Sozialistin Clara Zetkin (siehe Kapitel „Bekannte Feministinnen“). Der erste Weltfrauentag fand am 19. März 1911 statt. Zentrale Forderung war die Einführung des Frauenwahlrechts. In Österreich ist der 8. März ein normaler Arbeitstag, in Deutschland gilt er einzig in Berlin als gesetzlicher Feiertag. Auch in der Ukraine, in Kasachstan, Uganda, Aserbaidschan, Laos oder Russland ist der Weltfrauentag ein gesetzlicher Feiertag.

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Am 8. März ist Weltfrauentag, um ein Zeichen für Gleichberechtigung zu setzen

 © Elke Mayr

Braucht es Feminismus heute noch?

Viele feministische Forderungen wurden in den vergangenen Jahrzehnten erfüllt. Seit 1918 dürfen Frauen in Österreich beispielsweise wählen, seit 1975 besitzen österreichische Frauen ein (beschränktes) Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Auch die Einkommensunterschiede zwischen Mann und Frau werden – langsam, aber doch – kleiner. Allerdings handelt es sich beim Kampf um Gleichberechtigung um keinen geradlinigen Prozess, der Frauen im Laufe der Zeit immer „gleichberechtigter“ macht. Viele feministische Anliegen sind bis heute längst nicht erfüllt. Zum Beispiel sitzen in den Chefetagen der 200 umsatzstärksten Unternehmen in Österreich nach wie vor 91 Prozent Männer. Frauen verdienen hierzulande nach wie vor knapp 19 Prozent weniger als Männer (im EU-Schnitt beträgt der sogenannte Gender Pay Gap 13 Prozent). Frauen erledigen nach wie vor einen Großteil (unbezahlter) Haus- und Pflegearbeit. Da bei Haus- und Pflegearbeit nicht auf das eigene Pensionskonto eingezahlt wird, ist das Risiko für Altersarmut bei Frauen größer. Männer beziehen in Österreich im Schnitt eine monatliche Pension von 2.103 Euro, Frauen von 1.239 Euro.

Ein vor allem in Österreich relevantes Thema ist männliche Gewalt bzw. Femizide. 2021 wurden 29 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet, im Schnitt sind es 32 jährlich. Österreich ist das einzige Land in der EU, in dem mehr Frauen als Männer getötet werden. Und während die Zahl der Morde an Männern sinkt, bleibt jene der getöteten Frauen unverändert hoch. Außerdem hat jede dritte Frau körperliche und/oder sexuelle Gewalt in intimen Beziehungen erlebt.

Die Liste unerfüllter Forderungen bzw. von Situationen, in denen Frauen diskriminiert werden, ist lang. Außerdem wurden Errungenschaften in der Vergangenheit wieder einkassiert, zum Beispiel wurde in zahlreichen US-Amerikanischen Bundesstaaten Frauen das Recht genommen, eine Schwangerschaft abzubrechen und somit selbstbestimmt über ihren Körper zu entscheiden.

Kurz: Ja, Feminismus braucht es auch heute noch.

Antifeminismus

Feminist:innen stellen Privilegien und gesellschaftliche Hierarchien in Frage. Wo immer Hierarchien in Frage gestellt werden, kommt es zu Abwehrreaktionen. Antifeminismus gibt es, seit es Feminismus gibt und er kann vielerlei Formen annehmen. Antifeminist:innen finden sich überwiegend (aber nicht nur) im konservativen, rechten und rechtsextremen politischen Spektrum. Auch in religiös fundamentalistischen Kreisen, unter anderem im Christentum oder im Islam, sind antifeministische Positionen oftmals stark vertreten. Antifeminist:innen dient das Schlagwort „Feminismus“ als Grundübel sämtlicher sozialer, wirtschaftlicher oder politischer Probleme. Im Umkehrschluss fordern sie, möglichst wenig an bestehenden Geschlechterrollen, der Machtverteilung zwischen Geschlechtern und Strukturen zu ändern. Dem Antifeminismus liegen meist frauenfeindliche Erklärungsmuster zugrunde, die darauf abzielen, Macht und Einfluss von Frauen einzuschränken. Meist handelt es sich dabei um organisierte Versuche, Gleichberechtigungsanliegen zu diskreditieren oder zu verhindern.

Welche Parteien sind „feministisch“?

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass feministische Positionen eher im linken Parteienspektrum zu Hause sind, in Österreich also beispielsweise bei der SPÖ, den Grünen oder der KPÖ. Zwischen und innerhalb dieser Parteien bestehen jedoch erhebliche Unterschiede und verschiedene Auffassungen von Feminismus. Auch wenn alle drei Parteien sich für soziale Anliegen und Gleichberechtigung einsetzen, spielen feministische Themen bzw. die Gleichberechtigung zwischen Geschlechtern eine unterschiedlich starke Rolle bzw. bieten die Parteien verschiedene Lösungsvorschläge für geschlechterpolitische Themen an.

Auch konservative oder rechte Parteien verfolgen gelegentlich eine Politik, die Unterschiede zwischen Geschlechtern vermindert. Selten bis nie verwenden sie hierfür jedoch das Label „feministisch“.

Feminismus in Österreich

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts durften Frauen in Österreich weder an Wahlen oder politischen Versammlungen teilnehmen noch Mitglied in politischen Vereinen sein. Was nicht heißt, dass sich alle Frauen daran hielten. Bereits während der Revolution von 1848 gründeten die Baronin Karoline von Perin-Gradenstein (1806 - 1888) den „Wiener Demokratischen Frauenverein“. Bei der Gründungsveranstaltung versammelten sich mehrere Hundert Frauen, um Geld für von Lohnreduktionen betroffenen Arbeiterinnen zu sammeln. Auf den „Wiener Demokratischen Frauenverein“ folgten zahlreiche weitere Bildungs- und Wohltätigkeitsvereine für Frauen. Meist entstammten die Beteiligten aus dem liberalen bzw. bürgerlichen Milieu. Als eine der zentralen Figuren der bürgerlichen Frauenbewegungen in Österreich gilt Marianne Hainisch (1839-1936). Sie engagierte sich Anfang des 20. Jahrhunderts überwiegend für Frauenbildung und gründete den „Bund Österreichischer Frauenvereine“ und die „Österreichische Frauenpartei“.

Zur selben Zeit hatten es sozialistische und sozialdemokratische Frauen vor allem auf das Recht zur politischen Beteiligung abgesehen. Nach langen Debatten und Kämpfen durften Frauen in Österreich 1918 erstmals an demokratischen Wahlen teilnehmen. Ausgenommen war bis 1923 lediglich „Prostituierte“.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielte in Österreich die „Autonome Frauenbewegung“ eine wichtige Rolle. Sie entstand in Folge der politischen Aufbruchsstimmung von 1968 bzw. der sogenannten „68er-Bewegung“. In Wien organisierten sie sich in der AUF (Aktion unabhängiger Frauen), Laufe der 1970er und 1980er etablierten sich zahlreiche weitere Frauengruppen und -projekte in ganz Österreich. Ihr gemeinsamer Nenner war die Unabhängigkeit von politischen Parteien und Männern.

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Johanna Dohnal: Erste Frauenministerin Österreichs

 © imago images/SKATA

Eine herausragende Persönlichkeit in der österreichischen Frauenbewegung ist die SPÖ-Politikerin Johanna Dohnal (1939-2010). Durch ihre Unterstützung nahm Wien 1978 das erste Frauenhaus Österreichs in Betrieb. 1990 wurde Dohnal als erste Bundesministerin für Frauenangelegenheiten angelobt. 1995 zog sie sich aus sämtlichen politischen Funktionen zurück, blieb jedoch weiterhin politisch aktiv. 1997 machte die SPÖ-Politikerin sich für das erste österreichische Frauenvolksbegehren stark. Dieses wurde von 11,17 Prozent der Stimmberechtigten unterschrieben, insgesamt 644.665 Personen. Die Initiator:innen forderten „Gleichstellung von Frauen und Männern im Bundes-Verfassungsgesetz zu verankern“ und konkret unter anderem gleichen Lohn für gleiche Arbeit und die Gleichverteilung von Ämtern zwischen Geschlechtern in öffentlichen Institutionen. Das Volksbegehren bewirkte zwar kleinere Gesetzesänderungen, ein großflächiger gesellschaftlicher Umbruch blieb jedoch aus.

Ein zweites Frauenvolksbegehren im Oktober 2018 wurde von 481.959 Personen (7,56 Prozent der Wahlberechtigten) unterschrieben. Die Initiator:innen forderten unter anderem die Einführung einer 30-Stunden-Woche sowie den kostenlose Zugang zu Verhütungsmitteln, Schwangerschaftsabbrüchen und Kinderbetreuung. Teils bestand zwischen den Forderungen des ersten und des zweiten Frauenvolksbegehrens wenig Unterschied – ein Hinweis darauf, dass feministische Forderungen aus den 1990ern bis dato unerfüllt blieben.

Ein zweites Frauenvolksbegehren im Oktober 2018 wurde von 481.959 Personen (7,56 Prozent der Wahlberechtigten) unterschrieben. Die Initiator:innen forderten unter anderem die Einführung einer 30-Stunden-Woche sowie den kostenlose Zugang zu Verhütungsmitteln, Schwangerschaftsabbrüchen und Kinderbetreuung. Teils bestand zwischen den Forderungen des ersten und des zweiten Frauenvolksbegehrens wenig Unterschied – ein Hinweis darauf, dass feministische Forderungen aus den 1990ern bis dato unerfüllt blieben.

Heute gibt es eine Vielzahl feministischer Gruppen, Organisationen zur Frauenförderung, Gewaltschutzeinrichtungen und vieles mehr. Hierzu zählen beispielsweise

  • der Österreichische Frauenring (ÖFR), die Dachorganisation österreichischer Frauenvereine (die von Dohnal mitbegründet wurde). Mit 40 Mitgliederorganisationen vertritt der ÖRF indirekt eine Million Frauen.

  • CheckART, ein Verein für feministische Medien und Politik

  • die Organisation Frauenhetz fördert feministische Bildung, Kultur und Politik

  • der Verein FEMA (Verein Feministische Alleinerzieherinnen) setzt sich für alleinerziehende Mütter und deren Kinder ein. Eine wichtige Stütze feministischer Anliegen sind diverse Gewaltschutzeinrichtungen und -organisationen.

Was bedeutet es, Feminist:in zu sein?

Es gibt keine Definition dafür, wer als „Feminist:in“ gilt oder nicht. „Feminist:in“ ist eine Selbstzuschreibung, die manche mehr, manche weniger großzügig verwenden. Obwohl Frauenministerin lehnt beispielsweise Susanne Raab (ÖVP) das Label „Feministin“ für sich ab. Auch die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte einst öffentlich, sich nicht als Feministin bezeichnen zu wollen. Öffentlich werden meist Personen als „Feminist:in“ bezeichnet, die sich (öffentlichkeitswirksam) durch ihr politisches und/oder publizistisches Engagement für Gleichberechtigung engagieren.

Unabhängig davon, wer nun „Feminist:in“ ist oder nicht, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich für Gleichberechtigung einzusetzen. Das beginnt bei vermeintlich banalen Dingen wie der Verteilung der Haushaltsarbeit in der eigenen Wohngemeinschaft. Oder bei Fragen, wer für die Kinderbetreuung zuständig ist und wer wie lange in Karenz geht.

Sich für Gleichberechtigung engagieren kann man auch, indem man das Thema im beruflichen Kontext anspricht, im Alltag auf Ungerechtigkeiten hinweist oder sich mit Betroffenen solidarisiert. Feminismus findet zudem auf der Straße statt, bei Demonstrationen oder Kundgebungen, oder in Parteien und (feministischen) Organisationen. Einen Überblick über feministische und Frauenorganisationen finden Sie hier.

Männer und Feminismus

Beim Feminismus geht es um Gleichberechtigung und um den Abbau von gesellschaftlichen Hierarchien. Das heißt, Ziel von Feminist:innen ist es nicht, einfach nur Frauen an die Position von Männern zu setzen, sondern Gleichberechtigung für alle Geschlechter zu verwirklichen. Das bedeutet auch: Vom Feminismus profitieren nicht nur Frauen. Beispielsweise haben nicht nur Frauen unter Rollenklischees und Zuschreibungen zu leiden und von einer Umverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit können auch Männer profitieren. Männer bekommen häufiger einen Herzinfarkt als Frauen, begehen öfter Suizid und haben insgesamt eine geringere Lebenserwartung. All das hängt ganz wesentlich damit zusammen, dass sie sich oftmals an klischeehaften Rollenbildern orientieren, beispielsweise möglichst viel arbeiten und besonders viel „Stärke“ zeigen, indem sie weniger zum Arzt und seltener zur Psychologin gehen oder seltener Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen.

Generell gilt also: Feminismus ist nicht nur Frauen vorbehalten. Und Feminismus ist eine Frage der Solidarität und solche entsteht immer dann, wenn sich Menschen für Anliegen einsetzen, von denen sie nicht zwingend unmittelbar profitieren – also wenn sich Männer für Frauen einsetzen.

Bekannte Feministinnen

Bekannte Feministinnen (International)

Simone de Beauvoir

französische Schriftstellerin

1908-1986

Judith Butler

US-Philosophin

*1956

Carole Pateman

britische Politikwissenschaftlerin

*1940

Mary Wollstonecraft

britische Schriftstellerin

1759-1797

Clara Zetkin

deutsche Politikerin, Friedensrechtlerin

1857-1933

Kimberlé Crenshaw

US-Juristin und Professorin

*1959

Trinh Thi Minh Hà

vietnamesische Theoretikerin, Filmemacherin

*1952

Tarana Burke

US-Menschenrechtsaktivistin

*1973

Alyssa Milano

US-Schauspielerin und Produzentin

*1972

Alice Schwarzer

deutsche Journalistin und Publizistin

*1942

Neben den bereits erwähnten Frauenrechtlerinnen und Feministinnen gibt es eine ganze Reihe weiterer einflussreicher und berühmter Feminist:innen. Oftmals handelt es sich dabei um feministische Theoretikerinnen wie etwa Simone de Beauvoir, die 1949 mit ihrem Buch „Das andere Geschlecht“ (im Original: Le Deuxième Sexe) einen feministischen Klassiker veröffentlichte. Zu den einflussreichsten feministischen Theoretikerinnen zählen neben de Beauvoir auch Judith Butler, Carole Pateman und Mary Wollstonecraft.

Als Politikerin in die Geschichte ging unter anderem Clara Zetkin ein, die sich in einer berühmten Rede im Jahr 1900 auf der sozialdemokratischen Reichsfrauenkonferenz in Mainz gegen die Bevormundung männlicher Genossen wendet. Zetkin gilt als eine der Vorkämpferin für das Frauenwahlrecht in Deutschland und als Initiatorin des Internationalen Weltfrauentags. Die USA-amerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw gilt als Begründerin des „intersektionalen Feminismus“, deren Anhänger:innen die Vielschichtigkeit von Unterdrückung betonen (siehe Kapitel „Welche Arten von Feminismus gibt es?“). Die in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi geborene Filmemacherin Trịnh Thị Minh Hà war eine der ersten, die den Zusammenhang von Geschlecht und Kolonialismus thematisierte.

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Alice Schwarzer ist eine der berühmtesten aber auch umstrittensten Feministinnen

 © Getty/Vinion

Die Aktivistin Tarana Burke und die Schauspielerin Alyssa Milano erlangten 2017 international Berühmtheit, indem sie die „MeToo“-Bewegung initiierten (siehe hierzu Kapitel „Feminismus heute“). Als einer der bekanntesten und gleichzeitig umstrittensten Feministinnen gilt Alice Schwarzer, ehemalige Weggfährtin von Simone de Beauvoir und Gründerin der feministischen Zeitschrift EMMA. Sie steht immer wieder für ihre vermeintlich islamfeindlichen Positionen in der Kritik.

Bekannte Feministinnen in Österreich

Neben den bereits erwähnten Karoline von Perin-Gradenstein (1806-1888), Marianne Hainisch (1839 – 1936) und Johanna Dohnal (1939-2010) zählt in Österreich Bertha von Suttner (1843-1914) zu den Ikonen der Frauenbewegung. 1905 wurde ihr als erste Frau der Friedensnobelpreis verliehen und sie war Vorstand im Bund Österreichischer Frauenvereine. Die Autorin und Journalistin Adelheid Popp (1869-1939) zog 1920 als eine der ersten Frauen für die Sozialdemokratinnen in den Nationalrat ein. Sie engagierte sich für bessere Lebensbedingungen von Arbeiterinnen und das Frauenwahlrecht. Die Schriftstellerin und Journalistin Eva Rossmann (*1962) war Mitinitiatorin des ersten österreichischen Frauenvolksbegehrens und gilt bis heute als eine der prominentesten Gesichter des österreichischen Feminismus.

Bekannte Feminist:innen (Österreich)

Karoline Perin-Gradenstein

Gründerin "Wiener demokratischer Frauenverein"

1806-1888

Marianne Hainisch

Führerein der österreichischen Frauenbewegung

1839-1936

Johanna Dohnal

SPÖ-Politikerin, erste Frauenministerin

1939-2010

Bertha von Suttner

Friedensforscherin und Schriftstellerin

1843-1914

Adelheid Popp

Sozialistin, Frauenrechtlerin

1869-1939

Eva Rossmann

Schriftstellerin, Journalistin, Jurristin, Köchin

*1962

Christian Berger

Sozioökonom, Sprecher Frauenvolksbegehren 2020

*1991

Lena Jäger

Initiatorin FrauenVolksbegehren 2020

*1981

Männliche Feministen

Auffällig ist, dass Männer in dieser Auflistung bisher gar nicht vorkommen. Prominente männliche Feministen oder solche, die sich öffentlich als solche bezeichnen, sind Mangelware. Als eine der wenigen Ausnahmen hierzulande gilt Christian Berger, er fungierte neben Lena Jäger 2018 als Sprecher des Frauenvolksbegehrens.

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