Die Deals von Alfred Gusenbauer mit dem Finanzjongleur. Hat der Altkanzler auch für den Signa-Einstieg von Haselsteiner und Steinmetz Honorare erhalten?
Alfred Gusenbauer hat im Konzernkonstrukt aus mehr als 1.000 Benko-Gesellschaften eine besondere Rolle inne. Der 63-jährige Altkanzler und langjährige SPÖ-Bundesvorsitzende genoss über viele Jahre sowohl das Vertrauen von Gründer René Benko als auch jenes von Hans Peter Haselsteiner, der über seine Familienstiftung mittlerweile mit 14 Prozent an der Pleite gegangenen Signa Holding beteiligt ist. Beide, Benko wie Haselsteiner, betrauten den ehemaligen Spitzenpolitiker bald nach dessen Abschied vom Ballhausplatz mit zentralen Funktionen und Vertrauenspositionen. News berichtete vor einigen Wochen über Gusenbauers bewegte Tage nach seinem Ausscheiden aus der Kanzlerfunktion am 2. Dezember 2008. Schon am 18. Dezember 2008, das ergaben monatelange Recherchen, hatte Gusenbauer einen unterschriftsreifen Vertrag vorliegen, der am 23. Dezember 2008 von Gusenbauer und Benko unterzeichnet wurde. Ab Februar 2009 sollte Gusenbauer bei Benko eine Basisvergütung von 280.000 Euro brutto pro anno garantiert sein, für im Schnitt eine Woche Arbeit pro Monat. Bonuszahlungen für besondere Leistungen (neue Geldgeber, Kredite) on top.
Diener zweier Herren
Bei Benkos so gut wie undurchschaubarer Firmengruppe sitzt Gusenbauer als Aufsichtsratsvorsitzender in den Kontrollgremien von Signa Prime und Signa Development. Zusätzlich ist er bei der Development Selection AG mit 0,15 Prozent einer der Gesellschafter.
Bei Haselsteiner fungiert Gusenbauer nicht nur als Aufsichtsratschef des europaweit tätigen Baukonzerns Strabag. Der in der Sozialdemokratie international bestens vernetzte Altkanzler führt auch den Vorsitz im Vorstand der Haselsteiner-Familienstiftung. Diese Gesellschaft ist mit 14 Prozent (offiziell 15, ein Prozent wird allerdings von einer Benko-Gesellschaft verdeckt gehalten) an der Signa Holding beteiligt und damit - nach Benko - zweitgrößter Gesellschafter der nunmehrigen Pleite-Firma.
Diese Konstellation birgt möglicherweise Potenzial für kleinere und vielleicht auch größere Interessenkonflikte: Passt Alfred Gusenbauer nun in erster Linie auf das Vermögen der Haselsteiner-Familienstiftung auf oder versucht er, René Benko, dessen Holding er über seine Projektgesellschaft Millionen an Sonderhonoraren in Rechnung stellte, frisches Kapital zu besorgen, um finanziell zu partizipieren?
News-Recherchen ergaben: Zu den sechs Millionen Euro, die Gusenbauers Firma allein für Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Insolvenz (2020 bis 2021) in Rechnungen stellte, gesellt sich eine weitere, im Jänner 2020 übermittelte hohe Honorarnote an die Holding. Für Beratung rund um das "Projekt Bank Austria Campus in 1020 Wien" rechnete der Ex-Politiker 600.000 Euro ab.
"Großereignisse"
Gewissen Zündstoff birgt allerdings eventuell Gusenbauers Wirken in den Jahren davor: Denn zu der oben erwähnten Basisvergütung in Höhe eines Kanzlergehaltes kamen bei der Signa Holding Erfolgsprämien hinzu, die zu einer Verdoppelung bis Verdreifachung der laufenden Bezüge führen konnten, wenn Gusenbauer sein Netzwerk ankurbelte und Investoren an Bord holte. So hat der ehemalige Regierungschef beim vorübergehenden Signa-Einstieg des umstrittenen israelischen Diamantenhändlers Beny Steinmetz eine Rolle gespielt; Steinmetz war im Herbst 2023 in Zypern vorübergehend in Haft genommen worden. Signa-intern liefen solche Investoren-Vermittlungen unter dem Titel "Großereignisse", für die es mehrere hunderttausend Euro zusätzlich geben konnte. Der umtriebige Strabag-Aufsichtsrat Gusenbauer reklamierte auch den Signa-Einstieg seines Freundes Haselsteiner bei Benko als solches "Großereignis".
Die Geschichte zu diesem Dreiecks-Verhältnis Gusenbauer-Benko-Haselsteiner ist unter Umständen noch nicht zu Ende erzählt.
Die Causa Benko - News berichtete:
Über die Autoren
Rainer Fleckl
Rainer Fleckl ist ein österreichischer Investigativjournalist. Er schrieb unter anderem für News.
- 2017 bis 2020: Leiter des Investigativ-Teams bei Addendum
- bis April 2021 Bereichsleiter ServusTV
Seit November 2023 ist er Investigativjournalist bei Krone Multimedia. Für seine journalistischen Tätigkeiten wurde er unter anderem mit dem Alfred-Worm-Preis und dem Prälat-Leopold-Ungar-Preis ausgezeichnet.
Sebastian Reinhart
Sebastian Reinhart ist Investigativ-Journalist. Er war unter anderem Referent für Untersuchungsausschüsse im österreichischen Nationalrat während der Aufarbeitung der Hypo-Affäre. Er war für die Recherche-Plattform Addendum tätig und schreibt für den Spiegel sowie derzeit für das Magazin News.