Der ehemalige Generaldirektor der Casinos Austria und langjährige Signa-Beirat Karl Stoss ließ sich Ende Juli 2023 noch eine knappe Million Euro für ein zurückgegebenes Aktienpaket auszahlen. Andere Mitarbeiter schauten beim Beteiligungsmodell durch die Finger.
Im Juni 2015 rührte Christoph Stadlhuber, seit vielen Jahren Geschäftsführer der Signa Holding und somit enger Vertrauter von René Benko, wieder einmal die Werbetrommel. Allerdings nicht gegenüber potenziellen externen Investoren, sondern nach innen. Stadlhuber schrieb an die eigene Belegschaft und pries ein Mitarbeiterbeteiligungsmodell an, für das sogar eine eigene Hochglanzbroschüre angefertigt wurde:
„Auch uns ist Deine Motivation und Identifikation mit SIGNA ein großes Anliegen, da die Erfolge unserer Gruppe entscheidend von Deiner Arbeit, Leistungsbereitschaft und -fähigkeit abhängen. Uns ist es wichtig, Dir ein attraktives und spannendes Arbeitsumfeld zu bieten, um eine langfristige Bindung zwischen Dir und SIGNA zu gewährleisten.“ Etwas später heißt es: „Das Mitarbeiter-Aktien-Programm bietet Dir die Möglichkeit, Dich am zukünftigen Erfolg des Unternehmens zu beteiligen und Dich zum Mitunternehmer zu machen.“
So weit, so gut, so zeitgemäß. Aus heutiger Sicht hat diese moderne Form der Mitarbeitermotivation allerdings zwei Haken: Zum einen ist die Signa nicht mehr erfolgreich, sondern mit ihren wesentlichen Kerngesellschaften in die Insolvenz geschlittert. Zum anderen sind zahlreiche Signa-Mitarbeiter um ihr Geld umgefallen, weil sie als „Unternehmer“ in das undurchsichtige Unternehmen von René Benko, Christoph Stadlhuber und Geschäftsführerkollegen investiert haben.
Laut News-Recherchen waren bei Signa nicht alle Mitarbeiter gleich. Manche waren gleicher. Etwa Karl Stoss, ehemaliger Casinos-Austria-Boss, der seit vielen Jahren – gut dotiert – neben Benko im Beirat und bei Signa im Aufsichtsrat saß. Stoss ließ sich große Teile seiner Mitarbeiter-Aktien nämlich noch als einer der Letzten ablösen und zurückkaufen. Am 31. Juli 2023. Zum damaligen Zeitpunkt befand sich die Signa-Gruppe bereits in massiven Liquiditätsproblemen. Das hielt Karl Stoss nicht davon ab, 11.500 Signa Prime-Aktien zum Stückpreis von 82 Euro zu retournieren. Er kassierte dafür insgesamt 943.000 Euro.
Verbaler Ringkampf
Interessant ist, wie Stoss, im Ehrenamt Präsident des Österreichischen Olympischen Comitees (ÖOC), um seine 943.000 Euro kämpfen musste. Fast so, als ginge es um einen olympischen Ringkampf. Anfang Juni 2023 schrieb Karl Stoss an René Benko eine durchaus emotionale Nachricht: „Ich hätte mir aufgrund der langjährigen Freundschaft zumindest einen Funken Respekt erwartet. Mir ist bewusst, dass Du sehr viel um die Ohren hast und enormes (sic!) bewegst. Auf der anderen Seite habe ich Dich immer unterstützt, bin bei jedem Investitionsausschuss, Prüfungsausschuss, AR-Sitzung und auch Compliance Committee anwesend und für Dich und Signa da. Jetzt tun wir schon seit Mitte Dezember herum mit einem Teilverkauf der Aktien. Und ich möchte mich fair behandelt fühlen. Telefonate oder Nachrichten gehen ins Leere.“
Konto „nicht prall gefüllt“
In weiterer Folge fordert Stoss den Signa-Boss auf, einen konkreten Preis pro Aktie zu nennen. Nicht ohne auf sein Hintergrundwissen zurückzugreifen und von Benko einen guten Preis zu fordern. „Aber Du hast gestern selbst gesagt, dass der Aktienpreis dank der stillen Reserven irgendwo bei € 94 pro Aktie liegt.“ Emotionaler Abschluss von Stoss in der Nachricht an René Benko: „Weißt Du, bei mir spielen 100.000,– auf oder ab schon eine Rolle, weil ich einige finanzielle Verpflichtungen habe und das Konto nicht prall gefüllt ist.“
Karl Stoss ging bei den Casinos Austria 2017 in den Ruhestand. Dem ehemaligen Generaldirektor stehen 62 Prozent seines Letztbezugs als Betriebspension zu. Der Letztbezug von Stoss in dem teilstaatlichen Konzern belief sich auf 550.000 Euro im Jahr.
Saftige Nachforderungen
Bei einigen „kleineren“ Signa-Mitarbeitern spielen bereits „einige Tausend Euro auf oder ab“ eine Rolle: Sie haben ihr investiertes Geld vor der Insolvenz nicht rechtzeitig ins Trockene bringen können und müssen nun, sofern sie einen Teil des Aktien-Kaufpreises über Signa finanziert haben, mit saftigen Nachforderungen des Insolvenzverwalters rechnen.
Übrigens: Im Umfeld von Benko, bei den loyalen Mitarbeitern im großen Vorzimmer, kam die Nachricht von Stoss im Sommer 2023 gar nicht gut an. Dort hieß es über den langjährigen Signa-Aufsichtsrat: „Einfach nur unverschämt. Jahrelang Nutznießer sein und dann in schlechten Zeiten so aufdrehen.“
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 10/2024.
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