Exklusiv: News-Recherchen zeigen, dass René Benkos Signa Gruppe seit 2012 über einen Schweizer Vermögensverwalter diskret Investoren gesucht und gefunden hat. Zahlreiche dieser Geldgeber waren über ein verborgenes Konstrukt an den unterschiedlichen Bereichen der intransparenten Signa beteiligt. Von der Handelssparte bis zu den Prime-Immobilien.
Montag, 18. März, war Lostag für eine wesentliche Kerngesellschaft im Reich des René Benko: Die Signa Prime Selection AG, die Ende 2023 unter der Last von Milliardenschulden zusammengekracht war, ließ ihre knapp 500 Gläubiger am Wiener Handelsgericht über den Sanierungsplan abstimmen. Ergebnis: Es kommt zu einer Treuhandlösung, die noch immer viele Fragezeichen aufwirft, weil sie nicht zu mehr Transparenz führt. Ebendeshalb hatte sich Wolfgang Peschorn, als Präsident der Finanzprokuratur der Anwalt der Republik, unmittelbar davor für einen "Konkurs" ausgesprochen: Dieser würde "auf alle Fälle mehr Klarheit" bringen. Und hätte auch Vorteile im Zusammenhang mit den Strafbehörden, wie Peschorn erklärte. Aufklärung hätte das intrasparente Insolvenzkonstrukt in all seine Verästelungen dringend nötig, wie sich etwa an folgendem Beispiel zeigt.
Rettungsschirm
Laut News vorliegenden Unterlagen investierten nämlich geheim gebliebene Geldgeber aus der Schweiz über sogenannte Genussscheine in die Signa Gruppe. Schmackhaft gemacht wurden den diskreten Investoren diese Deals mit großzügigen Ausstiegsmöglichkeiten, die ihnen Signa-Mastermind Benko offenbar vertraglich zugesichert hatte.
Als sich die medialen Wolken über dem intransparenten Signa-Konglomerat immer weiter verdunkelten, sollten die Investoren dann von ebendiesem zugesicherten Rettungsschirm Gebrauch machen. Heißt: den Rückzug aus ihrem Signa-Investment antreten. So traf etwa die Luxemburger Investmentfirma TML Invest bereits im Sommer 2022 die Entscheidung, sich von den gehaltenen Genussscheinen zu trennen und diese von der Signa rückkaufen zu lassen. Mitte August 2022 meldete sich ein Vertreter dieser Luxemburger TML bei Marcus Mühlberger, der als enger Benko-Vertrauter bei der Signa Holding die Geschäfte führt. Mühlberger wird über die "Ausübung der vertraglich vereinbarten Put-Optionen" unterrichtet.
Offenbar handelt es sich um Genussscheine an zwei der mehr als 1.500 Signa- Firmen: an der Laura 2017 Drei GmbH und an der SDS Elf GmbH. Ebenfalls auf dem Verteiler: der Schweizer Vermögensverwalter IFS AG, der als langjähriges Vehikel der mittlerweile abgewickelten Schweizer Falcon Bank diente. Dieser Schweizer Vermögensverwalter ist seit mehr als zehn Jahren auch geschäftlich eng mit René Benko verbunden. Noch im Frühsommer 2023 organsierte IFS für Benko in Berlin einen "Signa-Investoren- Event", um rund zehn Benko-Investoren durch die wichtigsten Immobilien zu führen. Mit anschließendem Dinner im Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe.
Verzögerungen
Anfang Februar 2023 sollte jedenfalls die Bezahlung des vertraglich vereinbarten Kaufpreises an den Luxemburger Vermögensverwalter TML erfolgen. Eigentlich. Am 3. Februar 2023 meldet sich der TML-Manager bei Benkos Finanzchef Manuel Pirolt, dem Herren über die Signa-Zahlen: "Können Sie uns bitte für unsere Disposition mitteilen, wann wir mit dem Geldeingang rechnen können?" Doch von Pirolt kommt keine Antwort. Fünf Tage später, am 8. Februar 2023, fasst der Mann aus Luxemburg erneut bei Pirolt nach: "können Sie bitte meine untenstehende E-Mail bezüglich der Kaufpreiszahlung beantworten?"
Wieder kommt keine Reaktion. Also wendet sich der Chef des Luxemburger Managers direkt an Big Boss Benko. Noch am gleichen Tag. Um 22:38 Uhr.
"Bezug nehmend auf [...] die Emails meines Mitarbeiters (siehe unten) wollte ich noch einmal kurz nachhaken, da wir leider nichts gehört haben und die Beträge der Größenordnung der Liquidation unserer Investments für uns relevant sind. Ich nehme an, dass die Zahlungen vertragsgemäß am kommenden Freitag, 10.02.2023, bei uns eingehen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie oder Herr Pirolt uns dies bestätigen, damit wir disponieren können. Falls es Schwierigkeiten oder Unklarheiten gibt, können wir sehr gerne miteinander sprechen."
Jetzt muss Benko reagieren. Er bittet um ein Telefonat mit dem TML-Vertreter. Im Nachgang meldet sich am Freitag, 10. Februar 2023, dann doch Signa-Finanzchef Manuel Pirolt bei dem Manager aus Luxemburg:
"Wie mit Herrn Benko vereinbart darf ich Ihnen bestätigen, dass der offene Kaufpreis für den Erwerb der Genusscheine (sic!) unmittelbar nach Einlagen der Dividenden (nach Abschluss des GALERIA Schutzschirmverfahrens) überwiesen wird. In der Zwischenzeit erhöht sich der vertraglich vereinbarte Zinssatz von aktuellen 3,5 %auf 8 %(das sind jene Zinsen, welche die Aktionäre für die Stundung der Dividende bis zum Abschluss des Schutzschirmverfahrens erhalten)."
Auch der Schweizer Chef des Investmenthauses IFS; der zahlreiche Benko- Geldgeber betreut, meldet sich kurz und bündig bei Benko: "talked to him -im grundsatz o.k., hätte aber gewünscht, dass man frühzeitiger informiert und v.a. emails von ihnen beantwortet."
Erst knapp einen Monat später sollte Signa in der Lage sein, den Kaufpreis an TML Invest zu überweisen. Ein News vorliegender Kontoauszug der Schweizer Kantonalbank Schwyz offenbart den Betrag, um den es hier gegangen ist: 15,8 Millionen Euro.
Alles Müller
Doch wer steckt eigentlich hinter dem Luxemburger Vermögensverwalter TML Invest?
Laut exklusiven News-Recherchen steht ein sehr bekannter deutscher Unternehmer dahinter: Theo Müller, der deutsche Milch-Baron. Der 84-Jährige zählt zu den reichsten Deutschen und lebt seit 2003 in der Schweiz am Zürichsee. Und er war schon seit Ende 2016 bei Benko über das diskrete Investmenthaus IFS investiert. Müller wollte wohl nicht öffentlich mit seinem Investment in Verbindung gebracht werden. In Deutschland steht der Milchmilliardär derzeit wegen seiner Kontakte zur deutschen AFD-Chefin Alice Weidel in der Kritik.
Doch nicht nur Theo Müller und seine Luxemburger Firma haben René Benko vertraut. Auch zahlreiche andere Investoren haben auf das System Benko gesetzt, um - wie Müller -teilweise ihre Investments bereits 2022 abzustoßen. Andere folgten ihnen im Sommer 2023. Kurz vor dem Untergang meldete der Schweizer Vermögensverwalter weitere Kündigungen von diskreten Geldgebern bei Signa- Managern an.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 12/2024.
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