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Kathrin Gulnerits
©Bild: News/Matt Observe
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Es braucht einen transparenten und auf Qualitätskriterien ausgerichteten Medienmarkt. Was wir haben, ist ein Markt in Schieflage

Einmal im Jahr schauen wir genau hin. Auf die Frauen zum Beispiel am 8. März. Im Angebot wäre auch noch der Weltkindertag im September. Und es gibt den Internationalen Tag der Pressefreiheit. Der war am 3. Mai. Das ist Ihnen vielleicht aufgefallen. Die Titelseiten der Zeitungen sind nämlich an diesem Mittwoch weiß geblieben. Ein gemeinsamer Aufschrei der Redaktionen, dass die privaten Medien massiv bedroht sind. Ein Hinweis, wie Österreichs Medienzukunft aussehen könnte. Inhaltsleer zum Beispiel.

Am Tag der Pressefreiheit wird auch der Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen vorgestellt. Das Zeugnis für Österreich im Jahr 2023: zufriedenstellend. Das ist nicht nichts. Und doch ist es wenig. Platz 29 von 180 Ländern. Zum Vergleich: 2022 gab es einen "katastrophalen Absturz" von Platz 17 auf 31. "Das muss uns eine Warnung sein", sagte damals der Bundespräsident. Der Absturz hatte viele Gründe: Angriffe auf Medienvertreter bei Corona-Demonstrationen, bezahlte Umfragen in Boulevardmedien, Korruption und Bestechung seitens der Politik. Die damalige Antwort der Medienministerin? Sie wolle sich das "genau ansehen" und versprach, alles zu tun, damit das hohe Gut der Pressefreiheit weiter geschützt wird und Journalistinnen und Journalisten "frei, sicher und unabhängig ihrer Arbeit nachgehen können".

Wer schreit: 'Zeitungen gegen ORF!', hat nicht kapiert, worum es gerade geht

Große Sprünge sind seither nicht passiert. Als einziges EU-Land kann Österreich kein Informationsfreiheitsgesetz vorweisen. Auch einen Deckel für öffentliche Inseratenausgaben gibt es weiterhin nicht, dafür ein bisschen mehr Transparenz. Im gleichen Atemzug wünscht sich die für Verfassungsfragen zuständige Ministerin Karoline Edtstadler ein Aktenzitierverbot "nach deutschem Vorbild". Das heißt praktischerweise: keine privaten Chats, die Titelseiten füllen. Chats, die in der Vergangenheit zugleich auch ein verstörendes Bild von den Sitten in diesem Land gezeichnet haben: "Kriegst eh alles was du willst." Chats, deren Folgen auch in Hinblick auf die Einflussnahme der Politik auf die Medien noch immer die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft beschäftigen. Etwa in der Causa, wie Sebastian Kurz und sein Team mutmaßlich Österreichs Boulevard kaufen und in der Folge den Medienmarkt mit intransparenten Regierungsinseraten verzerren konnten. Chats, die ein ungesundes Naheverhältnis zwischen Medien und Politik aufgedeckt haben.

Aber wir sind ein kleines Land. Also gibt es nur kleine Schritte. Das kennen wir schon. Keinen Handlungsbedarf sieht die Politik etwa bei der parteipolitischen Einflussnahme auf den ORF. Die Entpolitisierung - Stichwort Stiftungsrat - wurde beim neuen ORF-Gesetz, das gerade in Begutachtung geschickt wurde, nicht angegriffen. Parallel dazu bekommt ebendieser ORF via Haushaltsabgabe 710 Millionen Euro pro Jahr zuzüglich rund 300 Millionen Euro Werbeerlöse dank weiterhin günstiger Werbemöglichkeiten. Wer jetzt schreit: "Zeitungen gegen ORF", hat nicht kapiert, worum es tatsächlich geht. Nämlich um eine Wettbewerbsverzerrung mit Ansage. Und mit Folgen für die privaten Medienhäuser, aber auch für die Medienvielfalt im Land. Das kann man achselzuckend zur Kenntnis nehmen. In der Politik, als Konsument, als Konkurrent.

Und dennoch: Medien- und Meinungsvielfalt sind die Grundpfeiler einer Demokratie und wichtig für den politischen Diskurs. Dazu gehört verlässliche, unabhängige Information auf möglichst vielen verlässlichen Kanälen. Dazu gehört auch, den Journalismus auf ein nachhaltiges, auf Qualitätskriterien ausgerichtetes Fundament zu stellen. Das ist in Zeiten, in denen Qualitätsjournalismus wirtschaftlich an seine Grenzen stößt, unabdingbar, und es ist naiv, zu glauben, es würde ohne das Zutun der Politik, nämlich ohne das Bereitstellen von Rahmenbedingungen, gehen. Diese Chance wurde vertan. Aus Fahrlässigkeit, aus Unkenntnis? Aus Absicht und mit Ansage? Auf diese Schieflage muss hingewiesen werden. Auch, aber nicht nur am Tag der Pressefreiheit.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: gulnerits.kathrin@news.at

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