Als Künstlerin verleiht das einstige Model Asma Kocjan einer immerwährenden Leidenschaft Ausdruck. Mit Erfolg: Mit ihren "Legends" und Giacometti-artigen Figuren, die sich stets an der Grenze von Abstraktion und Realität bewegen, trifft sie den Puls der Zeit. Und freut sich wachsender Beliebtheit.
Es sind Marken wie Joop!, Lancôme und Vogue, denen Asma Kocjan seit Anfang der 90er für einige Zeit ihr Gesicht lieh. Beim Eintauchen in die Modelwelt hat sich still und heimlich ein "L" eingeschlichen – denn der Plan war ursprünglich ein anderer: "Nach der Matura mit Schwerpunkt in Kunst und Design wollte ich eigentlich als Zeichnerin in die Mode", erzählt die gebürtige Grazerin mit slowenisch-jordanischen Wurzeln. Rund ein Jahrzehnt pendelte sie schließlich zwischen New York, Mailand und Düsseldorf, ehe sie 2001 Laufsteg gegen Leinwand tauschte und sich damit gewissermaßen einen Kindheitstraum erfüllte. Denn bereits von Kindesbeinen an malt Kocjan: "Das Figurative stand dabei schon immer im Fokus."
Das malende Model
Ein Traum, für den Kocjan hart arbeitete: Von 1993 bis 1994 studierte sie an der Wiener Akademie für angewandte Kunst. 1995 wechselte sie nach Prag an die "Bildende" und schloss drei Jahre später ab. Für Kocjans Werk eine besonders prägende Zeit: "Klar gibt es in der Kunst immer wieder jene, die es autodidaktisch zu Erfolg bringen – für mich war die Lehrzeit jedoch ein ganz entscheidender Wendepunkt in Sachen Technik und Ausführung. Ich habe gelernt, was es bedeutet, in Zyklen zu malen. Außerdem war das Studi um eine Quelle der Inspiration, von der ich teils bis heute zehre." Und droht sie zu versiegen, "schüttet" Kocjan nach. "In der Kunst gibt es immer wieder Momente, an denen man gewisser maßen ansteht – Weiterbildung und somit das Erlernen neuer Techniken hilft mir darüber hin weg und dabei, neue Inspiration zu erlangen."
Das Studium finanzierte sich die Künstlerin durch ihre zahlreichen Aufträge als gefragtes Model. Ein zweischneidiges Schwert: Für viele war Kocjan gerade zu Beginn ihrer Kunst-Karriere "das Model, das malt". Ein Image, von dem sie sich lange Zeit loszulösen versuchte. Doch über die Jahre hat sich die Sichtweise verändert: "Das ich Model war oder – man wird es eben nicht los – bin, hat es mir überhaupt erst ermöglicht, in der Kunst Fuß zu fassen. Ich habe diesen Teil von mir, der mich und damit auch meine Kunst aus macht, zu akzeptieren und lieben gelernt." Eine Rückkehr ins "Business"? Nicht ausgeschlossen.
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Das Ausloten von Grenzen
Die Modelkarriere – ein Türöffner, den es bei retrospektiver Betrachtung brauchte. "Um sich in der Kunst zu etablieren und davon leben zu können, bedarf es in den meisten Fällen nicht bloß Durchhaltevermögen, sondern auch Geld. Die ersten zehn Jahre steckte ich mehr rein, als ich letztlich rausbekam", erinnert sie sich. "Außerdem hat mich das Modeln gelehrt, mich selbst zu vermarkten – ein weiterer Vorteil, der am umkämpften Kunstmarkt ganz gelegen kommt."
Einer ihrer ersten großen Erfolge: ihre Röntgen-Serie. "Als ich damals in New York auf einer Messe ausgestellt habe, bin ich auf sogenannte Kunstscanner gestoßen", erinnert sie sich. Zwei Jahre später kam ihr die Idee zur Serie: "Ich habe begonnen, mich im Röntgen-Scanner in Pose zu werfen." Die Schuhe, die sie dabei trug, hat sie stets rot gefärbt. Das Ergebnis waren sinnliche Kollagen posender Skelette, die sie erfolgreich im LKH Graz ausstellte.
Heute hat Kocjan ihren Stand in der Szene gefestigt und erfreut sich gerade im steirischen Raum – seit über einem Jahr wird sie von der Grazer Galerie Bakerhouse vertreten – großer Beliebtheit. Denn ihre Kunst trifft den Puls der Zeit – ganz gleich, ob ihre Werkserie "Legends", bei der sie Bilder bekannter Persönlichkeiten wie Monroe oder Bowie gekonnt überarbeitet, oder ihr aktuelles Hauptwerk, ein Grenzgang zwischen Abstraktion und Realität. Hauptakteur ist dabei Acryl – aufgetragen in etlichen Schichten, erkennt Kocjan in ihrer Abstraktion Figuratives. Um Erkanntes auch den Betrachterinnen und Betrachtern zu verdeutlichen, arbeitet die Künstlerin mit unterschiedlichen Techniken: Sie löst Farbe mit einem speziellen Lösungsmittel oder kratzt ihre Giacometti-artigen Figuren aus dem Farbauftrag und erweckt sie so gewisser maßen zum Leben. Die "reale Komponente" schafft Kocjan durch Collagetechnik, die sich oftmals erst auf den zweiten Blick erschließt. Denn in den Tiefen des Farbauftrags erkennt man Spuren Kocjans Vergangenheit in Form von Fotografien aus der Modewelt.
Perfektion als Begleiter
Wann ein Bild vollendet ist, entscheidet meist das Bauchgefühl: "Es spricht dann förmlich zu mir", scherzt sie. Wie lange sie an einem Bild arbeitet, lässt sich im Vorfeld nicht sagen. "Von der Perfektion getrieben, kann es auch schon einmal Wochen dauern, bis ein Werk tatsächlich fertig ist." Denn selbst 90-prozentige Perfektion ist der Künstlerin nicht genug: "Dann übermale ich alles und beginne von Neuem – wobei sich durch das Übermalen meist rasch herauskristallisiert, woran es dem Bild bislang gefehlt hat. Ist es für mich zu 100 Prozent perfekt, ist es fertig."
Woran man einen "Kocjan" erkennt? "Am Strich", so die Künstlerin selbst. "Ich denke, ich kann zu Recht sagen, einen sehr guten Strich zu haben, der es mir ermöglicht, durch nur wenige Linien Figuren lebendig zu machen."
Ausstellungen 2024
Anfang Jänner stellt Kocjan erstmals in ihrer Wiener Galerie Vienna Gallery aus. www.viennagallery.at
Ende Jänner können Kocjans Werke im Rahmen einer Ausstellung im Grazer Wirtschaftsbund bestaunt werden.
Februar 2024 zeigt die Galerie Ilka Klose in Würzburg eine Einzelausstellung Kocjans. www.galerie-ilkaklose.de
Im Oktober zeigt das Raiffeisen-Head-Office in Graz Arbeiten von Kocjan.
Ebenfalls in Graz: Die Galerie Bakerhouse zeigt im Rahmen ihrer Ausstellungen laufend Werke der Grazer Künstlerin. www.bakerhouse.com
Von Graz nach Europa
Heute hat sich der berufliche Reiseradius der einstigen Kosmopolitin eingeschränkt: Sie pendelt zwischen Graz und Wien. Von der weiten Welt als großes Ziel hat sie sich distanziert. Heute ist es der europäische Markt, den sie bespielen möchte. Bis der Durchbruch über die Landesgrenzen hinaus gelingt, dürfte es bloß noch eine Frage der Zeit sein: Seit diesem Jahr wird Kocjan in der Bundeshauptstadt, in der sie sich in Sammlerkreisen bereits einen Namen gemacht hat, durch die relativ junge Vienna Gallery, die ihre Werke einem erweiterten Interessentenkreis zugänglich macht, vertreten. "Ich denke, dass da in den kommenden Jahren so einiges vorangehen wird und wir gemeinsam gut wachsen können."
Kocjans größtes Ziel: "Bei den Betrachterinnen und Betrachtern meiner Kunst ein positives Gefühl zu erwecken und etwas für die Nachwelt zu hinterlassen." Und das tut sie bereits heute.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 50/2023 erschienen.