Eine Aktie kann man sich nicht im Wohnzimmer aufhängen. Ein Bild schon. Natürlich ist das bei weitem nicht der einzige Grund, in Kunst zu investieren. Warum sich Kunst als Wertanlage lohnt, was es dabei zu beachten gilt und wie man auch schon mit einem kleinen Budget mit dabei ist.
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"Man sollte immer in die Kunst investieren, die einem auch persönlich gefällt", weiß Nicole Ströll von der deutschen Kunstvermittlungsfirma "Art von Wert". Wer sein Geld einfach nur irgendwo anlegen will, der sei mit anderen Investitionsformen besser beraten. Wer allerdings ein Faible für Kunst hat und im besten Fall auch noch über das notwendige Kapital und Wissen verfügt, dem steht in puncto Kunst als Geldanlage nichts im Wege. Womit wir auch schon bei einer der wesentlichsten Voraussetzungen wären: "Eine Investition setzt zweifelsohne eine große Kennerschaft voraus", weiß die Kunstspezialistin. Diese müsse man sich über Jahre hinweg aufbauen. Oder aber man setzt auf das Wissen anderer. Schließlich ziehe man ja auch einen - idealerweise unabhängigen - Berater hinzu, wenn man in Aktien und Co. investiert.
Das Risiko, das man eingeht, wenn man sein Geld in ein Kunstwerk steckt, hängt in erster Linie davon ab, was genau man kauft. "Man kann relativ risikolos in einen bereits am Markt etablierten, bekannten Künstler investieren. Der ist dafür aber umso teurer", erklärt Ströll. "Oder man kauft bewusst einen jungen, unbekannten Künstler, von dem man hofft, dass am Ende eine Wertsteigerung eintritt." Dass man sich auf dem Kunstmarkt gut auskennen muss, um aufstrebende Künstler zu erkennen, erklärt sich von selbst. Dass es nicht immer zur erhofften Wertsteigerung kommt, ebenso. "Unter Umständen kann man viel Geld verlieren." Was aber in jedem Fall bleibt, ist der immaterielle Wert.
Das zeichnet Kunst als Geldanlage aus
"Kunst hat immer den Mehrwert, dass man sie nutzen, sich an ihr erfreuen kann", sagt die Expertin. Oft baut der Sammler eine starke Beziehung zu den Werken in seinem Besitz auf. Das ist, wenn man, sagen wir mal, in Fonds investiert, vermutlich weniger der Fall. Vielen Sammlern ist auch die gesellschaftliche Komponente sehr wichtig. "Das ist wegen der Pandemie natürlich gerade schwierig. Aber vor Corona traf sich der Kunstjetset auf Galerien-, Museumsausstellungs- und Messeeröffnungen sowie auf Biennalen weltweit. Irgendwo war immer eine bedeutende Veranstaltung." Wobei es auch schon vor der Pandemie zahlreiche Möglichkeiten gab, Kunstwerke online zu kaufen. Dieses Feld wird sowohl von Galerien als auch von Auktionshäusern genutzt.
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Darüber hinaus präsentieren sich heute viele Künstler ausschließlich auf Instagram. "Instagram hat als Plattform für die Vermarktung enorm an Bedeutung gewonnen", weiß Ströll, der zufolge nichts gegen einen reinen Online-Kauf spricht, solange man sich vorab über den Zustand des Werks informiert. Im Vorfeld nicht ausreichend Informationen einzuholen sei übrigens der größte Fehler, den man, wenn man eine Investition am Kunstmarkt tätigt, machen könne. Ebenso nicht anzuraten ist es, als Laie bei einem Kunstwerk zuzuschlagen, dessen Herkunft unklar oder zweifelhaft ist. Hier besteht die Gefahr, ein gefälschtes Werk zu kaufen. "Bei älterer Kunst natürlich umso mehr als bei zeitgenössischer. Aber grundsätzlich kann alle Kunst gefälscht werden."
Eine Expertise gibt hier zwar eine gewisse Sicherheit, sei aber nicht zwingend aussagekräftig. Entscheidend sei viel mehr, wer die Expertise erstellt hat, sprich ob es sich um eine am Kunstmarkt anerkannte Person oder Institution handelt. Welche Handhabe man hat, wenn man doch einmal in die Fälscher-Falle getappt ist, hängt davon ab, wo man das Kunstwerk gekauft hat. Auktionshäuser etwa garantieren die Echtheit eines Werks. Dies allerdings nur für einen bestimmten Zeitraum.
Tipps für Kunstmarkt-Neulinge
Wer neu auf dem Kunstmarkt ist und noch nicht so recht weiß, in welche Richtung er sammeln will, dem empfiehlt Ströll den Besuch von Einsteigermessen. Einen konkreten Richtwert, ab welcher Summe man mit dabei ist, gibt es der Spezialistin zufolge nicht. "Wenn man auf einen jungen Künstler gesetzt hat, der sich im Anschluss am Markt etablieren konnte, kann sich auch schon ein 5.000-Euro-Investment bezahlt machen." Um einen Gewinn zu erzielen, müsse man das Werk natürlich für einige Zeit halten, bevor man es weiterverkauft. Auch von Auktionshäusern veranstaltete Online-Auktionen bieten "gute Kunst für zum Teil kleines Geld". Immer ein guter Einstieg sind zudem Editionen und Graphiken. "Hier bekommt man auch namhafte Künstler für vergleichsweise geringe Preise", die der Expertin zufolge im dreistelligen Bereich beginnen.
Eine weitere Möglichkeit, mit einem begrenzten Budget auf dem Kunstmarkt mitzumischen, bieten Kunstfonds. Fast noch interessanter scheint in dem Zusammenhang aber das Konzept des "Fractual Ownership", bei dem sich mehrere Sammler ein - wohlgemerkt - teures Kunstwerk teilen. "Jedem gehört ein festgelegter Anteil am Werk und gemeinsam wird dann entschieden, was damit geschieht, ob es beispielsweise einem Museum als Leihgabe zur Verfügung gestellt wird." Verglichen mit Kunstfonds hat der Sammler hier einen direkteren Bezug zum Werk sowie eine größere Entscheidungsbefugnis. Dieses Konzept ist noch ganz neu. Ob es sich etabliert, wird sich weisen.
NFTs elektrisieren den Kunstmarkt
Ebenso einen neuen Ansatz stellen Non Fungible Token, kurz NFTs, dar. Dabei handelt es sich um digitale Kunstwerke wie Gifs oder Videos, denen ein Zertifikat in Form eines NFTs hinterlegt wird. "Digitale Dateien können ja eigentlich unendlich oft kopiert werden. Das NFT wird aber ausschließlich dem Original zugeordnet. Somit erhält auch ein digitales Kunstwerk Einzigartigkeit", erklärt Ströll. "NFTs beschäftigen und elektrisieren den Kunstmarkt gerade extrem. Seit kurzem werden sie sogar bei den traditionellen großen Häusern wie Christies gehandelt. So hat ein Kunstwerk des Künstlers Beeple gerade einen Rekordpreis von unglaublichen 69.346.250 US-Dollar erzielt. Das Thema wird den Markt noch eine Zeitlang beschäftigen. Auch die Frage, ob es sich lohnt, in NFTs zu investieren." Im Moment gehen die Meinungen hier noch weit auseinander.
Steckbrief
Nicole Ströll
Nicole Ströll M.A. ist als anerkannte Kunstspezialistin bei "Art von Wert" geschäftsleitend für die Bereiche Kunstverkauf, Kunstbewertung und Kunstberatung verantwortlich. Sie ist Mitglied im Verband Deutscher Kunsthistoriker e.V., bei der Gesellschaft der Freunde der Kunstsammlung NRW e.V. sowie Member of The Tate Gallery of Modern Art, London.