Erkrankungen im Mundraum beeinflussen die Gesundheit unseres gesamten Körpers. Der WHO zufolge können sie chronische Leiden wie Diabetes, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen bedingen. Umgekehrt kündigen sich viele - mitunter schwere - Erkrankungen primär im Mund an. Welche Warnsignale wir keinesfalls übersehen und worauf wir bei der Mundhygiene achten sollten.
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"Sämtliche Infektionserkrankungen - egal, ob durch Bakterien, Viren oder Pilze hervorgerufen - können sich auf der Mundschleimhaut manifestieren", erklärt Dr. Corinna Bruckmann, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Parodontologie. So zum Beispiel Syphilis. Die derzeit wieder im Steigen begriffene sexuell übertragbare Krankheit kann im Mundraum Geschwüre hervorrufen, die gefährlich aussehen, jedoch keine Schmerzen verursachen. Die Krankheit wird in vier Stadien unterteilt. Im zweiten Stadium bilden sich auf der Mundschleimhaut undurchsichtige Auflagerungen.
Diese Erkrankungen könnten die Ursache sein
Eine starke Pigmentierung der Mundschleimhaut wiederum könnte auf das sogenannte Peutz-Jeghers-Syndrom oder auf Morbus Addison hindeuten. Das Peutz-Jeghers-Syndrom ist eine seltene, genetisch bedingte Erkrankung, die in der Regel mit Polypen im Magen-Darm-Bereich einhergeht. Erkrankte haben ein erhöhtes Krebsrisiko. Bei Morbus Addison handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, hervorgerufen durch die Unterfunktion der Nebennierenrinde. Sie äußert sich unter anderem durch Kraftlosigkeit, Schwindel, Gewichtsverlust, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Ohnmacht.
Auch manche Autoimmunerkrankungen, darunter die sogenannte Knötchenflechte, manifestieren sich der Expertin zufolge zuerst in der Mundhöhle. Es kommt zur Rötung und Verdickung der Schleimhaut. Betroffene leiden unter Mundbrennen und der Unverträglichkeit von rauen, trockenen Speisen. Darüber hinaus können sich im Mund kleine Geschwüre bilden. Die Knötchenflechte tritt vor allem bei Frauen nach der Menopause auf. Weiße, nicht abwischbare, warzig veränderte Schleimhautanteile wiederum können auf eine Krebserkrankung hindeuten.
Was ist zu tun?
"Alles, was schlecht heilt und therapieresistent ist, bedarf weiterer Abklärung", betont die Fachärztin, der zufolge der Weg bis zur Diagnose oft ein längerer ist. Bei schmerzenden Stellen im Mund kann es sich schlicht und einfach um eine durch Bakterien, Pilze oder Viren ausgelöste Entzündung handeln. Hier können lokal verabreichte entzündungshemmende Mittel wie Antiseptikaspülungen oder -salben Abhilfe schaffen. Diese können auch vom Zahnarzt verschrieben werden. Ist nach zwei Wochen noch immer keine Besserung eingetreten, sollte man einen Dermatologen oder eine Mundschleimhautambulanz aufsuchen.
Lässt sich das Leiden auf eine Autoimmunerkrankung zurückführen, so kommen Immunsuppressiva zum Einsatz. "Hier geht es darum, die Immunantwort des eigenen Körpers zu dämpfen", erklärt Bruckmann. Auf die Verwendung aggressiver Mundspülungen sollte man in diesem Fall verzichten. "Die helfen hier genauso wenig wie Antibiotika", so die Zahnexpertin. "Wenn, dann sollte eine pflegende Mundspülung verwendet werden" und keine, deren Zweck es ist, Bakterien abzutöten. Um eine Krebserkrankung auszuschließen, sollte schließlich eine Gewebsprobe entnommen werden.
Darum ist Parodontitis so gefährlich
So viel zu jenen Erkrankungen, die sich im Mundraum bemerkbar machen. Doch wie steht es um jene Krankheit, die genau hier ihren Ursprung hat? Die Rede ist von Parodontitis. Sie ist deshalb so gefährlich, weil sich die Entzündung nicht nach außen hin, sondern ins Innere des Körpers ausbreitet und daher oft lange unbemerkt bleibt. Die betroffene Fläche kann bis zu einem kleinen Handteller groß sein. "Wenn das an einer anderen Stelle auftreten würde, zum Beispiel am Schienbein oder auf der Stirn, dann würde man schnell handeln", so Bruckmann.
Wie jede andere chronische Entzündung hat auch die Parodontitis negative Auswirkungen auf den gesamten Organismus. So kann sie zum Beispiel den Fettstoffwechsel und die Blutgerinnung beeinflussen. Darüber hinaus erhöht sie das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ebenso wie für rheumatoide Arthritis und die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung, kurz COPD. Begünstigt wird Parodontitis übrigens durch Tabakkonsum. So haben Raucher ein vier- bis sechsfach höheres Erkrankungsrisiko. Auch schlechte oder falsche Mundhygiene können zur Entstehung von Parodontitis beitragen.
Auf die richtige Pflege kommt's an
Die Expertin empfiehlt, die Zähne zwei Mal täglich mit fluoridhaltiger Zahnpasta zu putzen. Und auf die Zahnzwischenräume bitte nicht vergessen! Hierfür eignen sich Hilfsmittel wie Interdentalbürsten und Zahnseide. Wobei laut Bruckmann "die Wenigsten wissen, wie man mit Zahnseide richtig umgeht". Während diese der Reinigung der Berührungspunkte zweier Zähne dient, bedarf es bei größeren Zahnzwischenräumen des Einsatzes eines Bürstchens, dessen Stärke wiederum auf die Große des Zwischenraums abgestimmt sein sollte. "Viele Leute verwenden zu dünne Bürstchen."
Ein weiterer weit verbreiteter Fehler bei der Zahnpflege: "Man putzt immer seine Lieblingsstelle." So lässt man als Rechtshänder der Außenseite der linken oberen Zahnreihe meist besondere Pflege angedeihen, während die Innenseite der rechts unten angesiedelten Zähne oft vernachlässigt wird. Schlicht und einfach deshalb, weil es schwieriger ist, hier hin zu gelangen. Sogenannte Plaquerevelatoren helfen zu erkennen, wo mehr geputzt werden sollte, indem sie die betreffenden Stellen blau oder rot einfärben. Erst mit der notwendigen Reinigung verschwindet auch die Farbe wieder.
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Gegen Beläge auf der Zunge hilft der Genuss von ballaststoffreichen, kauintensiven Lebensmitteln wie Karotten oder Vollkornprodukten. Wer will, kann die Zunge bei der Zahnreinigung auch mitputzen. Grundsätzlich sollte man die Mundschleimhäute mindestens einmal im Jahr vom Zahnarzt gründlich kontrollieren lassen. Bei Rauchern sollte auch der Unterzungenraum begutachtet werden. Hier treten bösartige Veränderungen am häufigsten auf, wobei das Risiko, an Lippen-, Zungen- oder Mundschleimhautkrebs zu erkranken, bei Personen, die Tabak und hochprozentigen Alkohol konsumieren, besonders hoch ist.
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Steckbrief
Corinna Bruckmann
Dr. Corinna Bruckmann ist Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Parodontologie und Leiterin des Hochschullehrgangs Parodontologie der MedUni Wien sowie des Prophylaxecenters der Universitätszahnklinik.
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