Sebastian Kurz
Zentrale Person der Affäre
Die Vorwürfe von Thomas Schmid gegen den Ex-Kanzler wiegen schwer. Kurz sei persönlich in die Inseratenaffäre involviert gewesen und habe den Auftrag zur Erstellung des "Beinschab-Österreich-Tools" gegeben, sagte Schmid gegenüber der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft aus. Kurz widerspricht Schmids Darstellung. Auf Facebook schrieb er: "Er (Schmid, Anm.) versucht den Kronzeugen-Status zu erlangen, indem er Anschuldigungen gegen andere, unter anderem gegen mich, erhebt, um selber straffrei auszugehen." Außerdem, argumentiert Kurz, habe er zu dem Zeitpunkt als Außenminister ein Budget von 500 Millionen verantwortet und es daher gar nicht nötig gehabt, "einige zehntausend Euro pro Jahr im Finanzministerium zu veruntreuen".
Siegfried Wolf
In der Steuercausa Siegfried Wolf bestätigte Schmidt die Darstellung der WKStA, wonach er sich für eine Reduktion der Steuern des österreichischen Managers eingesetzt habe. Letztlich sollen Wolf 629.941 Euro an Steuern erlassen und eine mitwirkende Finanzbeamtin befördert worden sein. Anwälte müssten Schmids Aussagen jetzt prüfen, sagte ein Wolf-Sprecher.
Sophie Karmasin
Die Meinungsforscherin und damalige ÖVP-Familienministerin, die schon früher Marktforschung für die Fellner-Gruppe durchgeführt hatte, war in die Planung und Koordination des sogenannten "Beinschab-Österreich-Tools" involviert, nimmt die Staatsanwaltschaft an. Karmasin konnte demnach von Kurz dazu überredet werden, weil sie von Mitterlehner enttäuscht war.
Thomas Schmid
Schlüsselperson im Ministerium
Er beantragte Kronzeugenstatus, packte aus -und belastete dabei Ex-Kanzler Sebastian Kurz und andere Weggefährten schwer. Thomas Schmid, durch dessen Chats die Inseratenaffäre ins Rollen kam, wurde seit Juni fünfzehn Tage lang von der WKStA einvernommen. Zum "Beinschab-Tool", von dem Kurz und die ÖVP mittels von Steuerzahlerinnen und -zahlern finanzierter Umfragen profitiert haben sollen, sagte Schmid etwa aus, er habe dieses im Auftrag von Kurz umgesetzt. Zudem habe ihn der damalige Kanzler nach dem Bekanntwerden der Chats gedrängt, die gesamte Schuld auf sich zu nehmen. Schmid hatte als damaliger Generalsekretär im Finanzministerium die Möglichkeit, Inseratenaufträge zu erteilen und über geförderte Studien verdeckt abzurechnen. Er war, analysiert die Staatsanwaltschaft, "die wesentliche Drehscheibe für die Planung, Umsetzung und Koordinierung zwischen den Beschuldigten und berichtete regelmäßig an seinen Auftraggeber Sebastian Kurz".
René Benko
Wegen des Verdachts der Bestechung ermittelt die WKStA gegen den Unternehmer und Milliardär René Benko. Schmid gab an, Benko habe ihm eine gut bezahlte Führungsposition in der Signa Holding angeboten. Im Gegenzug dafür bat er um Unterstützung in einem Steuerprüfungsverfahren seines Konzerns. Die WKStA führte am Dienstag eine Hausdurchsuchung bei Benkos Signa Holding, dem größten privaten Immobilienunternehmen Österreichs, durch. Dabei wurde offenbar nach Unterlagen von Gutachtern gesucht, die Immobilien der Signa Holding in Wien bewertet haben. Benko weist die Vorwürfe zurück.
Gerald Fleischmann
Kurz’ berüchtigter Pressemann fürs Grobe– einst Pressesprecher der Bundespartei, später von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, seit 2011 im engsten Umfeld von Sebastian Kurz– war besonders in der Wahlkampfphase in die Beauftragung der Fragestellungen und die Steuerung der Veröffentlichungen eingebunden, glaubt die Staatsanwaltschaft. Gerald Fleischmann war neben Thomas Schmid, Johannes Frischmann und Stefan Steiner Mitglied einer Chat-Gruppe, in der die Fragen an Meinungsforscherin Sabine Beinschab regelmäßig abgestimmt wurden. Fleischmann ist immer noch im ÖVP-Parlamentsklub tätig.
Wolfgang Fellner
„Helmuth Fellner– für die Kohle, Wolfgang Fellner– für den Content“, erklärt Thomas Schmid in einem Chat die Arbeitsteilung zwischen den Verleger-Brüdern. Wolfgang Fellner, Gründer und Herausgeber des Mediums „Österreich“, war nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft für die prominente Platzierung der von Schmid und Konsorten gewünschten Umfragen zuständig. Auch wenn die Zusammenarbeit nicht von Anfang an reibungslos funktionierte. Im Juni 2016 beschwert sich Schmid in einer Nachricht an Karmasin und die Brüder Fellner über eine nicht abgesprochene Story: „Das ist eine echte Frechheit und nicht vertrauensbildend.“
Helmuth Fellner
Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass für die Möglichkeit zur Einflussnahme auf Inhalt und Zeitpunkt von Veröffentlichungen bezahlt werden musste“, und zwar, so der Verdacht, via Inserate aus dem Finanzministerium. Tatsächlich stiegen die Inserate, die das BMF in der Österreich-Mediengruppe schaltete, in kurzem Zeitraum sprunghaft an. In seiner Aussage erklärt Schmid, die Fellners seien an ihn herangetreten, als er ÖBAG-Chef wurde. Dabei sei der Vorschlag von Wolfgang Fellner gewesen, Schmid könne über einen Generalsekretär Zugriff auf alle staatseigenen Betriebe nehmen und Inserate in „Österreich“ schalten. „Das wurde nicht umgesetzt.“
Hans Jörg Schelling
Bereits im März 2022 wurde bekannt, dass der ehemalige Finanzminister Hans Jörg Schelling als Beschuldigter geführt und ihm Amtsmissbrauch vorgeworfen wird. Es soll Weisungen aus „sachfremden“ Motiven an Kabinettsmitarbeiter gegeben haben. Deren Ziel sei es gewesen, Unternehmer Siegfried Wolf, einem Unterstützer der ÖVP, Vermögensvorteile zu verschaffen. Nun sagte Schmid bei der WKStA weiters aus, dass Schelling ihn über ein Finanzstrafverfahren gegen einen damaligen ÖVP-Nationalratsabgeordneten informiert habe. Dieser sei daraufhin nicht für die Wahl 2017 aufgestellt worden.
Johannes Frischmann
Frischmann, damals Pressesprecher im BMF, dann Kurz-Sprecher, sei von Beginn an in die Planung und Umsetzung der Vereinbarung mit den Brüdern Fellner“ involviert gewesen, vermutet die Staatsanwaltschaft. Frischmann war auch Ansprechpartner von Beinschab und sagte ihr nach eigenen Angaben zumindest einmal an, was sie in einem Experteninterview zu ihren Umfragen sagen solle. Im Mai 2017 ließ Schmid ihm eine Prämie für Loyalität auszahlen. Frischmanns Antwort: „Ich bleibe loyal. Ich zähle zum kleinen Orchester auf der Titanic, das bis kurz vor dem Untergang gespielt hat.“ Frischmann ist immer noch im ÖVP-Parlamentsklub tätig.
Dieser Bericht erschien ursprünglich im News-Magazin Nr. 42/2022.