Die Hitzewelle hat Österreich fest im Griff. Derart hohe Temperaturen sind nicht nur unangenehm, sondern mitunter auch lebensgefährlich. Darauf sollte man bei diesen Extremtemperaturen ganz besonders achten.
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"Hitze", erklärt Prof. Hans-Peter Hutter, "bedeutet Hitzestress. Und der kann massiv belastend sein." Weil der Organismus alles daran setzt, die Körpertemperatur konstant auf rund 37 Grad zu halten. Um das zu bewerkstelligen, wird mehr Blut in die Extremitäten und die dort angesiedelten Hautpartien gepumpt. Man beginnt zu schwitzen, die Feuchtigkeit verdunstet und der Körper wird gekühlt. Damit es aber überhaupt erst soweit kommt, muss das Herz mehr arbeiten. "Alles in allem bedeutet das eine teils hohe Belastung für unser Herz-Kreislaufsystem ebenso wie für unsere Atemorgane", erklärt der stellvertretende Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin des Zentrums für Public Health an der MedUni Wien, was ein Klima, wie es diesen Sommer herrscht, auslösen kann im Menschen.
Wer ist besonders gefährdet?
Vermehrt gefährdet sind an derart heißen Tagen jene, die an einer Herz- oder einer Lungenerkrankung leiden. Aber auch neurologische Erkrankungen spielen hier eine Rolle. So sind die Fähigkeit zu schwitzen und der damit einhergehende Kühleffekt etwa bei Menschen mit einer Querschnittslähmung nur bedingt gegeben. Zur Hauptrisikogruppe einer Hitzewelle zählen laut Hutter aber alleinstehende, teils auch demenzkranke Menschen höheren Alters, die die notwendigen Maßnahmen, um sich vor der Hitze zu schützen, oft selbst nicht mehr ergreifen können und deren körpereigene Hitzeabwehrmechanismen nicht mehr einwandfrei funktionieren.
Die Fähigkeit, sich der Hitze anzupassen, nimmt im Alter nämlich ab. Ebenso wie das Durstgefühl. So kann es passieren, dass ein wichtiges Alarmsignal für eine drohende Austrocknung übersehen wird, während der Kreislauf auf Hochtouren läuft. In einer Situation wie dieser wird das Herzkreislaufsystem dem Experten zufolge überdurchschnittlich stark belastet. Deshalb sei es möglich, dass Menschen aufgrund von Hitze vorzeitig versterben. "Im Jahr 2017 gab es in Österreich mehr Hitze- als Verkehrstote", mahnt Hutter. Rund 500 Hitzetote seien es laut Umweltministerien Leonore Gewessler jährlich. Unterschätzen sollte man auch nicht das Risiko für Säuglinge und Kleinkinder. Denn bei ihnen sind die überlebensnotwendigen Anpassungsmechanismen an die Hitze noch nicht voll ausgeprägt.
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Wie Ozon das Problem verschärft
Und die äußeren Faktoren? "Je höher die Luftfeuchtigkeit, desto größer die Belastung", weiß der Umweltmediziner. Auch Windstille verschärft das Problem.
Weil es ein Reizgas ist, beeinträchtigt Ozon unsere Atemwege und stellt somit einen zusätzlichen Belastungsfaktor dar. Gemessen wird dies im sogenannten Ozon-Zielwert. Dieser Zielwert wird folgendermaßen definiert: Während einer Dauer von acht Stunden pro Tag sollte die Ozonkonzentration einen Mittelwert von 120 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht überschreiten. Was bedeutet es, wenn dieser überschritten wird? Hutter: "Das bedeutet nicht, dass gleich akute Probleme auftreten müssen. Aber zumindest Personen, die geschwächt oder vorbelastet sind, wie zum Beispiel Asthmatiker, wird empfohlen, sich definitiv zurückzunehmen."
So schützen Sie sich vor der Hitze
Ein großes Problem bei einem Klima wie diesem stellt die mitunter ausbleibende nächtliche Erholung dar. Kühlt die Wohnung nachts nicht ab, so leidet der Schlaf, wodurch der Organismus zusätzlich strapaziert wird. Umso wichtiger ist es daher, die eigenen vier Wände möglichst kühl zu halten. Dies lässt sich am ehesten durch den Einsatz von Jalousien bewerkstelligen. Der Experte rät, die Fenster tagsüber geschlossen zu halten und nur in den Morgen- und den Abendstunden zu lüften. Auch Ventilatoren helfen. Klimaanlagen sollten, wenn dann nur mit Hausverstand eingesetzt werden. "Die Klimaanlage laufen zu lassen, während die Fenster tagsüber sperrangelweit offen sind, ist nicht okay", mahnt der Experte für Umweltmedizin. Darüber hinaus sollten technische Maßnahmen erst dann ergriffen werden, wenn sämtliche andere Möglichkeiten voll ausgeschöpft worden sind, da sie letztlich zur Verschärfung des Problems beitragen.
Lässt sich das Aufheizen der Wohnung nicht verhindern, sollte man Orte aufsuchen, die die ersehnte Kühle bieten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von sogenannten "cooling centers". Eine Kirche etwa wäre ein solches. Abgesehen davon sollte man die Anzeichen einer Überhitzung in jedem Fall ernst nehmen. "Wenn man jung ist, glaubt man, es wird schon wieder vergehen. Gefährdet sind aber nicht nur ältere, sondern auch jüngere Menschen", warnt der Experte.
Was tun bei Überhitzung?
Auf eine Überhitzung hindeuten können, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, der Abfall der körperlichen sowie der geistigen Leistungsfähigkeit uns ein trockener Mund. Machen sich erste Symptome einer Überhitzung bemerkbar, heißt es eine kühle Umgebung aufsuchen, sich setzen, die Füße hochlagern und Wasser trinken. Feuchte Tücher auf Stirn und Oberkörper helfen beim Abkühlen. Bleiben die Symptome weiterhin bestehen, ist der Gang zum Arzt unabdingbar. Darüber hinaus gilt es während der Hitzeperiode nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der Menschen in seiner Umgebung zu achten. "Nachbarschaftshilfe ist jetzt enorm wichtig", weiß Hutter. Oft reicht es schon, wenn man Hausbewohnern höheren Alters anbietet, einen Einkauf für sie zu erledigen oder die Fenster zu verdunkeln.
"Wenn man Durst hat, ist es eigentlich schon zu spät", mahnt Hutter und rät, über den Tag hinweg viele kleine Portionen an Wasser zu sich zu nehmen. Abgesehen davon gilt: Je fitter man ist, desto besser kann man der Hitze trotzen. "Daher ist es wichtig, dass man Vorsorge betreibt." Neben ausreichend Wasser sollte man leichte Kost zu sich zu nehmen und vorübergehend etwas kürzer zu treten. Körperlich anstrengende Tätigkeiten sollten nicht während der größten Hitze stattfinden. Und natürlich empfiehlt es sich, auch die Kleidung der Temperatur anzupassen.
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Gesundheit in der Klimakrise: Auswirkungen. Risiken. Perspektiven. Welche Gesundheitsrisiken und Krankheiten durch Klimawandel, Erderwärmung und ... schützen können. (Ratgeber der MedUni Wien)
Steckbrief
Hans-Peter Hutter
Hans-Peter Hutter ist Oberarzt und stellvertretender Leiter der Abt. für Umwelthygiene und Umweltmedizin am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien.
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