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Aufgaben der Ärztekammer
Die Österreichische Ärztekammer (kurz Ärztekammer, ÖÄK) ist die Interessensvertretung der Ärzte und Ärztinnen in Österreich. Als solche vertritt sie die politischen und wirtschaftlichen Interessen der niedergelassenen und angestellten Ärzte und Ärztinnen, betreibt Öffentlichkeitsarbeit und bietet ihren Mitgliedern ein umfangreiches Service- und Beratungsangebot. Die Ärztekammer ist zuständig für die Anerkennung von Ausbildungseinrichtungen, die Verleihung der Berechtigung zur unselbstständigen sowie zur selbstständigen und eigenverantwortlichen ärztlichen Berufsausübung, die Organisation von Fortbildungen, die Durchführung der Arztprüfung als Voraussetzung für die ärztliche Berufsausübung sowie die Erarbeitung von Konzepten, Programmen, Gutachten und Vorschlägen zum österreichischen Gesundheitswesen.
In der Selbstbeschreibung heißt es, die Ärztekammer "setzt Initiativen, um das soziale österreichische Gesundheitssystem dynamisch an die sich ändernden Voraussetzungen in Staat und Gesellschaft anzupassen; grundlegende Einstellungen sind daher Innovationsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein und Entscheidungsfähigkeit auf der Basis zeitloser ethischer und gesetzlicher ärztlicher Werte".
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Aufbau der Ärztekammer
Die ÖÄK besteht aus einer Bundes- und neun Länderorganisationen. Der Hauptsitz der ÖÄK befindet sich im 1. Wiener Bezirk. Die Mitglieder der Ärztekammern werden von den Ärzten und Ärztinnen in alle fünf Jahre stattfindenden Ärztekammerwahlen bestimmt. Der Präsident der Bundesärztekammer muss gleichzeitig Präsident einer Landesorganisation sein.
An der Spitze der ÖÄK steht das Präsidium, bestehend aus einem Präsidenten und drei Vizepräsidenten. Seit Juni 2022 ist Johannes Steinhart Präsident der ÖÄK. Er ist zugleich Präsident der Ärztekammer Wien. 1. Vizepräsident ist Harald Schlögel (Präsident ÄK Niederösterreich), 2. Vizepräsident ist Harald Mayer (Obmann Bundeskurie Angestellte Ärzte) und 3. Vizepräsident Edgar Wutscher (Obmann Bundeskurie Niedergelassenen Ärzte).
Unterstützt wird das Präsidium von den drei Bundessektionen für Allgemeinmedizin, Fachärzt:innen und Turnusärzt:innen. Für spezielle medizinische Anliegen sind spezifische Bundesfachgruppen eingerichtet.
Laut Ärztegesetz unterteilt sich die ÖÄK in eine Kurie der niedergelassenen Ärzte und eine Kurie der angestellten Ärzte, welchen wiederum ein:e Kurienobfrau/Kurienobmann vorsteht. Die beiden Kurien vertreten die Interessen ihrer jeweiligen Berufsgruppen (v.a. Arbeitnehmer:innen bzw. Arbeitgeber:innen-Interessen), während die Vollversammlung und das Präsidium das Gesamtinteresse der Kammer nach außen vertreten.
Ärztekammer-Mitgliedschaft
Bei der Mitgliedschaft in der Standesvertretung der österreichischen Ärzte und Ärztinnen handelt es sich (ähnlich der Arbeiterkammer oder der Wirtschaftskammer) um eine Pflichtmitgliedschaft. Mit Ausnahme der Amts-, Militär- und Polizeiärzte und -ärztinnen sind sämtliche Ärzte und Ärztinnen in Österreich ÄK-Mitglied. Die Organe der Ärztekammer sind nach dem Prinzip der Selbstverwaltung organisiert und handeln grundsätzlich weisungsfrei. Die Ärztekammer hat (Stand 2022) 47.722 Mitglieder.
Die Mitgliedsbeiträge betragen – je nach Bemessungsgrundlage – bis zu 14 Prozent der monatlichen Einkommenswerte, maximal 31.000 Euro pro Jahr. Infos zur Berechnung des Mitgliedsbeitrags finden Sie hier.
Johannes Steinhart: Präsident der ÖÄK
Am 24. Juni 2022 wurde Johannes Steinhart im Rahmen des 145. Ärztekammertags von der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer zum neuen ÖÄK-Präsidenten gewählt. Einen Monat zuvor wurde Steinhart Präsident der Wiener Ärztekammer. Steinhart folgte damit auf Bundesebene Thomas Szekeres nach, der seit 2017 an der Spitze der ÄK stand.
Johannes Steinhart wurde am 13. Jänner 1955 in Wien geboren und promovierte 1983 zum Doktor der gesamten Heilkunde. 1992 schloss er in der Krankenanstalt des Göttlichen Heilands seine Facharztausbildung für Urologie ab und wurde im selben Jahr ärztlicher Leiter und Geschäftsführer der Krankenanstalt. Steinhart ist seit 1989 Mitglied des Vorstands der Wiener Ärztekammer und wurde 1999 als Mitglied in die Bundeskurie für niedergelassene Ärzte gewählt. Im selben Jahr wurde Steinhart Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte der Ärztekammer für Wien. 2012 wurde er 3. ÖÄK-Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte, von 2017 an war er 2. ÖÄK-Vizepräsident.
Die bisherigen Ärztekammer-Präsidenten
1950 – 1953 | Wilhelm Demuth |
1953 – 1956 | Karl Niederberger |
1956 – 1961 | Konrad Eberle |
1961 – 1963 | Karl Ossoinig |
1963 – 1968 | Ladislaus Mikula |
1968 – 1974 | Friedrich Daume |
1974 – 1986 | Richard Piaty |
1986 – 1999 | Michael Neumann |
1999 – 2003 | Otto Pjeta |
2003 – 2007 | Reiner Brettenthaler |
2007 – 2012 | Walter Dorner |
2012 – 2017 | Artur Wechselberger |
2017 – 2022 | Thomas Szekeres |
seit 2022 | Johannes Steinhart |
Ärztekammerwahlen
Ärztekammerwahlen finden alle fünf Jahre statt. Bei den ÖÄK-Wahlen bestimmt jedes Bundesland bzw. jede Landesärztekammer seine eigenen Vertreter:innen der Kurie der angestellten und der niedergelassenen Ärzte. Diese werden in die bundesweite Vollversammlung entsendet, die wiederum über die Präsidentin oder den Präsidenten in der Bundesärztekammer entscheidet. Wahlberechtigt sind sämtliche ordentliche Kammermitglieder.
Zwischen Februar und April 2022 wählten die einzelnen Landesärztekammern ihre Repräsentant:innen, am 24. Juni 2022 dann die Bundesärztekammer die Präsidenten. Bei der Abstimmung im steirischen Bad Radkersburg setzte sich schließlich Johannes Steinhart durch. Steinhart hatte zuvor bei der Wahl der Wiener Ärztekammer mit 1.759 zu 1.370 Stimmen gegen Thomas Szekeres gewonnen, der nach eigenen Angaben ebenso eine erneute ÖÄK-Präsidentschaft anstrebte.
Die Causa Steinhart
Der neue Ärztekammerpräsident Steinhart ist jedoch nicht unumstritten und sorgt seit längerem für Schlagzeilen. Wie die Rechercheplattform "Dossier" zunächst berichtete, wird Steinhart in Ermittlungen zur Ärztekammer-Tochtergesellschaft Equip4Ordi als Beschuldigter geführt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs. In den Ermittlungen geht es um die Zahlung von Prämien und Provisionen an die ehemaligen Equip4Ordi-Geschäftsführer, an einen Arzt sowie Sideletter für einen Steinhart nahestehenden Anwalt. Zudem sollen Zahlungen von Equip4Ordi an eine Wiener IT-Firma in Höhe von 240.000 Euro laut "Dossier" möglicherweise für den Ärztekammer-Wahlkampf missbraucht worden sein.
Nach einer hitzigen Sitzung der Wiener Ärztekammer – dem Vernehmen nach inklusive Schreiduellen und Handgreiflichkeiten – forderten die übrigen Präsidiumsmitglieder den Rücktritt von Präsident Steinhart. Diese Forderung wies Steinhart zurück und beklagte eine Kampagne gegen ihn. Die "völlig zerrüttete Wiener Ärztekammer" sei laut "Standard" derzeit "praktisch handlungsunfähig".