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Die Autoren gehen davon aus, dass Europa rund 50 zusätzliche Brigaden mit insgesamt 300.000 Soldaten aufstellen müsste. Hierfür seien mindestens 1.400 neue Kampfpanzer und 2.000 Schützenpanzer erforderlich, was die derzeitigen Bestände der gesamten deutschen, französischen, italienischen und britischen Landstreitkräfte übersteige. Darüber hinaus müsste Europa jährlich rund 2.000 Langstreckendrohnen produzieren.
Die Forschenden schlagen eine Erhöhung der europäischen Verteidigungsausgaben von zwei Prozent auf 3,5 bis vier Prozent der Wirtschaftskraft jährlich vor. Für Deutschland als größte europäische Volkswirtschaft würde dies eine Erhöhung der nationalen Verteidigungsausgaben von 80 auf bis zu 140 Milliarden Euro bedeuten, das entspräche dann 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP).
Russland habe trotz hoher Verluste im Ukraine-Krieg seine militärischen Kapazitäten massiv gesteigert, heißt es in der Studie. Ende 2024 verzeichnete Russland demnach rund 700.000 Soldaten in der Ukraine – deutlich mehr als bei der Invasion 2022. Zudem seien 2024 etwa 1.550 neue Panzer und 5.700 gepanzerte Fahrzeuge produziert worden, was gegenüber 2022 einer Steigerung von 220 Prozent und 150 Prozent entspreche. Auch bei Drohnen und Langstreckenmunition habe Russland große Fortschritte gemacht.
"Russland könnte in den nächsten drei bis zehn Jahren die militärische Stärke haben, um die EU-Staaten anzugreifen", sagte Guntram Wolff, Mitautor der Studie. Dies müsse man als reale Gefahr einstufen. "Auch deshalb ist es im größten europäischen Interesse, einen Sieg Russlands in der Ukraine zu verhindern, der die Aggression Russlands nochmals beflügeln dürfte."
Eine der größten Herausforderungen bleibt laut Analyse jedoch die militärische Koordination innerhalb Europas. Während die US-Streitkräfte als einheitlich geführte Korps operieren, sind die europäischen Armeen auf 28 nationale Streitkräfte verteilt. "Wenn jedes Land sich alleine verteidigen möchte, dann verursacht das höhere Kosten", betonte Wolff. Eine engere Koordination und gemeinsame Beschaffung seien daher wichtig.
Die jährlich mindestens nötigen 250 Milliarden Euro könnten laut Analyse zur Hälfte durch gemeinsame europäische Schulden finanziert werden und in gemeinsame Beschaffung fließen. Die andere Hälfte könnte durch die Mitgliedsländer über ihre nationalen Verteidigungsausgaben finanziert werden.
"Auch wenn die Größenordnungen zunächst erheblich sind: Ökonomisch ist das relativ zur Wirtschaftskraft der EU überschaubar", sagte Wolff. Die zusätzlichen Kosten lägen nur bei circa 1,5 Prozent des BIP der EU. "Das ist weit weniger, als etwa zur Krisenbewältigung während der Covid-Pandemie mobilisiert werden musste."
SAALFELDEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/ROBERT JAEGER