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Parteien und ihre Medientricks

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Andreas Babler und SPÖ Sozialsprecher Josef Muchitsch
©Bild: IMAGO/Andreas Stroh
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In der Welt der Politiker dreht sich alles um Kommunikation. Nicht immer braucht es dafür Inserate. Durch clevere Strategien zielen Parteien auf Ablenkung von für sie unangenehmen Themen und wollen sichergehen, das Medien den von ihnen gewollten Ton treffen. Die häufigsten Tricks der Polit-PR-Strategen hier im Überblick.

Die Pressekonferenz unter dem Titel „Pensionen sichern“ war, vermuten Politinsider, wohl weniger dem 52. SPÖ-Antrag zum Pensionsthema geschuldet als der Demonstration der Einheit innerhalb der Partei der Freundschaft. Die Pressekonferenz fand just wenige Tage nach einem Interview statt, in dem der Vorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz Josef Muchitsch seinem Parteivorsitzenden Andreas Babler medial ordentlich Kritik ausrichtete.

Die Parteikollegen traten demonstrativ vereint vor die Medien. „Wer sein Leben lang gearbeitet hat, verdient Respekt und eine gerechte Pension“, verkündete der Parteivorsitze das Offensichtliche. Die beiden Politiker spielten die Klaviatur der Fakten und Daten und Zahlen und hofften damit wohl, Berichte über die Unstimmigkeiten in der SPÖ aus dem Weg bzw. aus den Medien zu räumen.

Diese und andere mediale Inszenierungsstrategien finden sich zuhauf in der politischen Landschaft. Die Kommunikation von Parteien ist großteils auf die Logik der medialen Berichterstattung und deren Beeinflussung ausgerichtet.

Parteien überlegen sich Strategien, um sich medial zu platzieren und unliebsame Themen und Recherchen aus der Öffentlichkeit zu bringen. Die Kommunikationsberaterinnen Christina Auymar-Hajek und Nina Hoppe geben einen Überblick über die gängigsten Tricks. Aumayr-Hajek sieht dieses Treiben äußerst kritisch: „Ich finde grundsätzlich, dass Politik, die an der Medienlogik oder Umfragedynamik ausgerichtet ist, nicht zwingend auch die Politik ist, die eigentlich gut wäre für das Land“, sagt sie im News-Gespräch und fügt hinzu: „Denn nicht alles, was politisch notwendig ist, kommt medial gut an.“

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VERSACHLICHEN: Inhalt, bitte

Selten, aber doch wird sie von Parteien bemüht: die Sachebene. Die Strategie funktioniert so: Wenn es medial unangenehm wird, steuern Parteien in Richtung inhaltliche Tiefe, um so Unbequemes elegant aus den Schlagzeilen zu bringen. Den Journalistinnen und Journalisten werden Daten, Zahlen und Fakten präsentiert und mundgerecht aufbereitet, sie sollen so auch über andere Angelegenheiten berichten. Kommunikativ kann das innerhalb derselben Diskussion geschehen, in der die Partei unter Druck steht. Aber auch ein völlig anderes Thema lässt sich sachlich platzieren und taugt so zur Ablenkung. Damit diese Strategie funktioniert, sollte das Thema für Journalistinnen und Journalisten natürlich auch noch interessant sein, weiß Aumayr-Hajek: „Es ist ja für Medien langweilig, wenn Parteien mit einem Thema kommen, bei dem sie keinen inhaltlichen Mehrwert bieten.“ Allerdings ist Medienarbeit, die auf Sachthemen ausgerichtet ist, immer weniger erfolgreich, bedauert die Kommunikationsexpertin Nina Hoppe, „weil Polemik und Populismus in der Kommunikation einfach derzeit State of the Art sind“.

Beispiel

Die eingangs beschriebene Pressekonferenz der SPÖ zum Thema Pensionen könnte als ein solcher Versuch zu verstehen sein. Beide Parteikollegen stellten sich hier mit Zahlen, Daten und Fakten vor die Medien und wollten damit wohl auch die Berichterstattung von der Vorsitzdebatte weglenken.

Auch bei den Grünen lässt sich laut Aumayr-Hajek diese Strategie feststellen. Sie würden als Regierungspartei immer wieder über Inhalte in ihren Kernthemen kommunizieren, um so der Kritik an der Regierungsarbeit zu entgehen. „Sie versuchen halt, neben der ÖVP nicht unterzugehen, und setzen so auf ihre Umwelt- und Nachhaltigkeits Agenda“.

EMOTIONALISIEREN: Empört euch!

Eine gern genutzte Ablenkungsstrategie in Österreich zielt darauf ab, Diskussionen zu entfachen, die emotionalisieren. Aumair-Hajek erklärt das so: „Wenn es unangenehm ist, wird versucht, mit einem neuen Thema dagegenzuhalten.“ Grundsätzlich würden Parteien schauen, bei Kritik die Deutungshoheit zu behalten und einen anderen Sachverhalt darüberzulegen, sagt die Kommunikationsberaterin. Dafür gerne genommen werden Botschaften, die nicht schwer zu erklären sind, die Leute bewegen und im besten Falle aufregen. Parteien wollen bei der Auswahl mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen können, dass sich die Öffentlichkeit emotional davon mitreißen lässt. Dabei ist es egal, ob die Angelegenheit tagespolitisch relevant ist oder nicht. Meist sind diese Themen nämlich an keine aktuellen Sachverhalte gebunden und müssten nicht zwingend auf die Tagesordnung, aber sie werden gezielt verlautbart. So funktionieren sie als Ablenkungsstrategie und perfekter Trick in der Parteienkommunikation.

Beispiel

Nina Hoppe: „So ein emotionales Ablenkungsmanöver war zum Beispiel die Bargeld-Debatte. Die war inhaltlich völlig unnötig, bringt aber die Leute und Medien dazu, sich damit statt mit etwas anderem zu beschäftigen.“ Und weiter: „Themen, die gut einschlagen, etwa wie Kriminalität, Gendern oder eben Bargeld, eignen sich für diese Strategie besonders gut.“

UMLENKEN: Das andere ist schlimmer

Eine mal mehr, mal weniger effektive Strategie ist Ablenkung durch Skandalisierung. Das ist der Versuch, mediale Aufmerksamkeit umzulenken, indem kommuniziert wird: „Statt euch darüber aufzuregen, regt euch lieber über das hier auf.“ In dieser Strategie äußern sich Personen, die unter Druck stehen und davon ablenken wollen. Sie kommunizieren, dass das eigene Fehlverhalten weniger zur Aufregung tauge als ein anderer Missstand. Das geschieht oft offensichtlich. Wenn Parteien Interviews geben oder Pressemitteilungen veröffentlichen, in denen auf vermeintlich Skandalöseres hingewiesen wird.

Dieselbe Taktik wird aber auch versteckter durchgeführt. Wenn einzelnen Medien gewisse Informationen gesteckt werden, damit sie dann veröffentlicht zu einer Umlenkung taugen. Gelungen ist diese Strategie dann, wenn Medien sich daraufhin mit diesem skandalisierten Aspekt beschäftigen.

Beispiele

Nach der Verurteilung von Sebastian Kurz wurde bald über die Disziplinarstrafe für Richter Michael Radasztics kommuniziert. Oft ist so etwas kein Zufall und kann als Skandalisierungsstrategie verstanden werden. Vom eigenen Skandal wird abgelenkt, indem man auf einen anderen zeigt. Berühmt auch: Heinz-Christian Strache bei seiner Rücktrittsrede 2019. Er versuchte, die Aufmerksamkeit von sich hin zu „geheimdienstlich gesteuerten Aktionen“, „kriminellen Netzwerken“ oder „dem Herrn Böhmermann“ zu lenken.

Beispiel für verstecktes Skandalisieren: Im Kontext der Exklusiv-Recherchen von News zur Causa Benko recherchierten Rainer Fleckl und Sebastian Reinhart, dass Ex-Kanzler Kurz hohe Honorarnoten an Signa stellte. Sie baten ihn daraufhin um Stellungnahme. Noch bevor News gedruckt werden konnte, schrieb das Onlineportal des „Kurier“ eine etwas andere Version derselben Geschichte, in der Kurz als Geschädigter dargestellt wird.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 10/2024.

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