Seit über 50 Jahren verkauft der Diskonter Hofer in Österreich seine Waren – mit großem Erfolg und in Wien nun auch online. Und auch wenn sich heute, 50 Jahre später, die Gesellschaft verändert hat und sich Kunden längst nicht mehr nur durch den Preis anlocken lassen, ist der Diskonter mit einem Marktanteil von 20,5 Prozent immer noch der größte Lebensmitteleinzelhändler Österreichs (die drittgrößte Kette). Doch was macht das Erfolgskonzept Hofers eigentlich aus?
Hofer und das Diskont-Prinzip
Mit diesem Geschäftsmodell wurden die Aldi-Gründer Theo und Karl Albrecht erfolgreich. Es begann alles mit einem kleinen Geschäft in Essen, ein „Handel mit Backwaren“ des Vaters, aber spätestens mit der Eröffnung des ersten Aldi-Marktes 1962 in Dortmund verschrieben sich die Albrechts kompromisslos dem Diskont-Prinzip, bzw erfanden dies: Wenige Artikel, Verzicht auf aufwendige Ladeneinrichtungen - und günstige Preise. Sie hatten den Mut zu spartanischen Filialen und verkauften aus Kartons heraus. Sie setzten früh auf Selbstbedienung, während Kunden andernorts noch an der Theke bedient wurden. Vor allem aber lockten niedrige Preise die Kunden.
Das Konzept wurde nicht nur in Deutschland kopiert, sondern weltweit – und auch selbst in viele Länder exportiert. Die Stärke des deutschen Diskonters brachte einst sogar das weltweit größte Handelsunternehmen Walmart dazu, den Expansionsversuch nach Deutschland erfolglos abzubrechen.
Der erste Schritt ins Ausland wurde übrigens in Österreich gemacht: 1968 übernahm Aldi Süd das österreichische Handelsunternehmen Hofer.
Eckdaten:
Firmenbezeichnung: Hofer KG
Gründung: 1962 von Helmut Hofer
Übernahme: 1967 sind 30 Filialen von Aldi Süd übernommen worden; seitdem Teil der deutschen Unternehmensgruppe Aldi Süd
Filialen: insgesamt über 6.000 Filialen (auf 4 Kontinenten in 11 Ländern)
Firmenhauptsitz: Sattledt in Oberösterreich
Die Innovationen von Hofer
Bereits Anfang der 70er-Jahre versuchten die Gebrüder Albrecht trotz Erfolgs eine erste Neuerung: Und zwar wurden Läden vergrößert und viele Parkplätze geschaffen. Ein geschickter Schachzug, denn dies sorgte dafür, dass viele Kunden die Einkaufsmengen vergrößerten. Ein weiterer Wachstumsmotor war lange Zeit auch das sogenannte Non-Food-Geschäft mit Computern, Bekleidung und Haushaltswaren. Seit 2009 kann an manchen Filialen etwa getankt werden.
Doch nicht nur das Sortiment, auch die Filialen werden innovativ gestaltet: So gibt es etwa eine erste emissionsfreie Hofer-Filiale (bei Wieselburg) mit Photovoltaik am Dach, einer Schnellladestation für E-Autos und einer CO2-emissionsfreien Technik im Inneren des Shops für Heizung, Kühlung oder Lüftung.
Hofer versteht es perfekt, sein Angebot an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen. Und zwar in der Form, dass Trends adaptiert werden – und in der „passenden Hofer-Lösung“ (wie es Hofer-Generaldirektor Horst Leitner in einem Interview mit retailreport.at bezeichnete) angeboten werden. Wie etwa vor einigen Jahren, als Kaffeekapselsysteme in Mode kamen: Hofer verkaufte nicht Kapseln für gängige Systeme sondern bot mit „Martello“ eine eigene Maschine mit eigenen Kapseln an.
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Verschwiegenheit des Unternehmens
Sowohl das deutsche als auch das österreichische Management gibt keine Kernzahlen bekannt und steht der Presse nur sehr selten Rede und Antwort. Diese Haltung stammt noch von den – beiden bereits verstorbenen – Albrecht-Brüdern, über deren Privatleben auch kaum etwas bekannt war. Bis heute gibt es nur wenige Bilder von den beiden Brüdern. Bei Fragen nach dem Firmenchef hieß es in der Konzernzentrale stets: "Herr Albrecht wünscht keine Berichterstattung über sich." Auch als der ehemalige Hofer-Chef Armin Burger 2008 vom Magazin „Trend“ zum „Mann des Jahres“ ausgezeichnet werden sollte, lehnte dieser ab, um die Eigentümer nicht zu vergrämen.
Hofer und seine Mitarbeiter:innen
Dass Mitarbeiter:innen im Handel nicht gerade zu den Großverdienern gehören, ist bekannt. Doch im Gegensatz zu anderen Handelsketten gilt Hofer nicht als knausrig und entlohnt seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eher über dem Branchenschnitt. Auch vorgeschriebene Arbeitspausen sollen, wie sonst üblich, nicht vom Lohn abgezogen werden. In Österreich arbeiten über 12.000 Beschäftigte für die Hofer KG.
Das Filialnetz des Diskonters
In Österreich gibt es über 500 Hofer-Filialen (die 500. Filiale wurde im Jahr 2018 eröffnet), davon über 100 in Wien. Durch dieses dichte Netz, erreichen mehr als 90 Prozent der österreichischen Haushalte eine Hofer-Filiale in weniger als 15 Minuten.
Eine Firma mit Anpassungsfähigkeit
50 Jahre nach der Aldi-Gründung hat sich die Gesellschaft natürlich verändert und es zählt nicht mehr nur der Preis. „Neben akzeptablen Preisen wird auch eine angenehme Einkaufsatmosphäre und ein attraktives Angebot an ökologisch nachhaltigen Produkten" verlangt, wie der GfK-Handelsexperte Robert Kecskes erklärt. Die Qualität sei wichtiger als der Preis. Themen wie Nachhaltigkeit, Plastikvermeidung und Bio spielen eine immer größere Rolle.
Aldi ist dieser Stimmungswandel nicht entgangen und das Unternehmen hat darauf reagiert. So wurde das Filialnetz etwa mit Milliardenaufwand modernisiert. Der Diskonter setzt inzwischen auf größere Geschäfte, schickere Regale, ausgeklügelte Beleuchtung und ein sorgfältig inszeniertes Wohlfühlambiente. Es gibt große Frischeabteilungen für Obst und Gemüse und eigene Backstationen. Außerdem finden sich auch immer mehr Markenartikel im Angebot:
Auch auf den Bio-Boom sprang man früh mit der eigenen Bio-Marke „Natur aktiv“ auf, später wurde die Bio-Linie „Zurück zum Ursprung“ oder „FairHof“ eingeführt.
Kritik an dieser neuen Strategie gab es durchaus in den letzten Jahren („Aldi hat sich in den letzten Jahren mehr zum gewöhnlichen Supermarkt entwickelt. Eigentlich fehlt noch die Fleischabteilung in Bedienung“, meinte etwa der frühere Aldi-Manager Dieter Brandes).
Der Erfolg der Supermärkte sei zum großen Teil auch der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt und der daraus resultierenden guten Konsumstimmung zu verdanken, betonte der Marktforscher Kecskes noch vor der Corona-Krise und meinte damals: Sollte sich die Konjunktur aber eintrüben und die Angst um den eigenen Arbeitsplatz wieder um sich greifen, dann könne sich das Blatt schnell werden. "Wenn wieder wirtschaftlich schwierigere Zeiten kommen, ist Aldi gut aufgestellt", war der Handelsexperte damals überzeugt.
Lieferdienst als neueste Errungenschaft
Auch unter "Anpassungsfähigkeit" fällt wohl die jüngste Neuheit des Diskonters: Nach diversen Konkurrenten ist Hofer ins Liefergeschäft eingestiegen und hat in Wien einen Lieferservice gestartet. Kooperationspartner ist Roksh. Kunden und Kundinnen können die von ihnen gewünschten Produkte in Form einer digitalen Einkaufsliste von "Personal-Shoppern" von Roksh in einer Hofer-Filiale einkaufen und liefern lassen. Mindestbestellwert: 39 Euro, Liefergebühr: 2,90 bis 6,90 Euro.
Von der Hofer-Internetseite wird man zu roksh.at weitergeleitet, wenn man als Wienerin oder Wiener vom Diskonter beliefert werden will. Die gewünschten Produkte werden in den Warenkorb gelegt und das gewünschte Lieferdatum sowie Lieferzeitfenster ausgewählt. Roksh bietet laut Hofer für den neuen Lieferservice unterschiedliche Lieferoptionen von Expresslieferung am selben Tag binnen einer oder drei Stunden über Lieferung am selben Tag mit definiertem Zeitfenster bis hin zu einer Zustellung am nächsten Tag mit ganztägigem Lieferfenster an.
Am Ende des Einkaufs nimmt der Personal Shopper mit dem Kunden telefonisch Kontakt auf, um die Bestellung abschließend zu besprechen, so Hofer. Dann können noch weitere Artikel spontan hinzugefügt werden. "Mit unserem neuen Lieferservice gelingt uns die sinnvolle Verknüpfung eines digitalen Angebots mit unseren stationären Filialen", so Hofer-Chef Horst Leitner. "Mit der Möglichkeit auf besonders rasche Lieferung - sogar innerhalb einer Stunde - schaffen wir für unsere Kundinnen und Kunden in Wien ein neues und bequemes Einkaufserlebnis."
Bestellt werden können 3.000 Produktvarianten aus den Bereichen Obst und Gemüse, Brot und Gebäck, Getränke, Kühlwaren sowie Tiefkühlwaren und Drogerie. Der Preis der Produkte selbst ist der gleiche wie in den Filialen. Geliefert werden die Produkte je nach Verfügbarkeit der Lieferfenster Montag bis Samstag im Rahmen der Filial-Öffnungszeiten.
5 interessante Fakten über Hofer
Warum heißt Hofer in Österreich nicht Aldi?
Warum heißt Hofer in Österreich nicht Aldi?
Eine Frage, die oft gestellt wird. 1967 übernahm Aldi Süd das damals bereits erfolgreiche Handelsunternehmen Helmut Hofers, doch aus markenrechtlichen Gründen (er gehört der Firma Adel Lebensmittel Diskont) durfte der Name Aldi in Österreich nicht verwendet werden. Deshalb heißt es bis heute Hofer.
Was heißt Aldi?
Theo und Karl Albrecht entwickelten das Geschäft ihres Vaters Karl Albrecht weiter und erfanden das Diskont-Prinzip. Aldi steht für „Albrecht-Diskont“.
Welche sind die begehrtesten Produkte?
Artikel aus der „Backbox“ (Backwaren) sowie vom Hofer Marktplatz (Obst und Gemüse) sind besonders gefragt Bei den Aktionsartikeln erfreuen sich besonders Technikprodukte (allen voran Smartphones und TV-Geräte) großer Beliebtheit. Allgemein besonders beliebte Artikel sind die Semmel, die Butter, die Vollmilch und auch die Energy Drinks der Exklusivmarke Flying Power.
Wem gehört Hofer/Aldi?
Hofer ist Teil der Aldi Süd Gruppe und diese ist – wie Aldi Nord - im vollständigen Besitz von Familienstiftungen. Karl Albrecht gründete 1973 die Siepmann-Stiftung, die 75 Prozent an Aldi Süd hält. Haupt-Begünstigte dieser Stiftung sind Familienangehörige von Beate Heister, der einzigen Tochter von Aldi-Süd-Gründer Karl Albrecht.
Wie viele Mitarbeiter hat Hofer in Österreich?
Hofer beschäftigt in Österreich über 12.000 Mitarbeiter.
[Aus dem Archiv. Dieser Artikel wurde am 10. Juni 2020 erstmals veröffentlicht.]