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Für Babler wird es eng

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Eine Graswurzelbewegung hat Andreas Babler geholfen, SPÖ-Vorsitzender zu werden. Im Nationalratswahlkampf wird es schwieriger, eine solche zu schaffen.

ANALYSE

SPÖ-Chef Andreas Babler gibt sich gelassen. Er bemüht sich, den Eindruck zu erwecken, dass ihn nichts aus der Ruhe bringen kann: weder dass seine Mitbewerber ums Kanzleramt, Karl Nehammer (ÖVP) und Herbert Kickl (FPÖ), mit Ankündigungen und Reden die Schlagzeilen bestimmen, während er kaum vorkommt, noch dass Nehammer Kickl zu einem Kanzlerduell aufgefordert hat und damit so tut, als spiele er, Babler, keine Rolle. Der 50-Jährige ist noch immer überzeugt, sich am Ende durchsetzen zu können.

Natürlich: Möglich ist viel. Und so wie Nehammer einen "Österreich-Plan" vorgelegt hat, wird auch er noch ein Reformprogramm präsentieren. Es ist in Arbeit. Nach dem Vorbild von Bruno Kreisky hat er Hunderte Experten beauftragt, zusammenzufassen, was sich aus sozialdemokratischer Sicht ändern sollte in diesem Land.

In der SPÖ wächst jedoch die Ungeduld. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat sich wieder einmal selbstständig gemacht, um ohne Absprache mit Babler eine Obergrenze für Asylwerber zu fordern. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig missfällt, dass Babler Nehammers "Österreich-Plan" derb als "Verarschung" bezeichnet hat und überhaupt mit Koalitionsbedingungen wie der Einführung einer Erbschaftssteuer die Option "Große Koalition" verbaut.

Sich darüber hinwegzusetzen, ist schwierig für den Traiskirchner. Er hat keine Aussicht auf einen Wahlerfolg zu bieten. Versuche, bei all jenen auf Zuspruch zu stoßen, die aufgrund der Teuerung zu kämpfen haben, sind nur begrenzt erfolgreich. Das sind eher schon überzeugte Kickl-Anhänger. Zweitens: Babler vernachlässigt Wählergruppen, bei denen sein Vorvorgänger Christian Kern 2017 gepunktet hat: Studierende und Selbstständige etwa, die eher in größeren Städten leben. Viele von ihnen wären zu haben. Zum Beispiel jene, die den Grünen 2019 fast 14 Prozent beschert haben, die mittlerweile aber von Werner Kogler und Co. enttäuscht sind.

Andreas Babler glaubt nach wie vor, bis zur Nationalratswahl wieder eine "Graswurzelbewegung" zustandebringen zu können – wie im vergangenen Frühjahr, als er es auch mit Hilfe einer solchen auf den Parteivorsitz brachte. Es ist jedoch nicht gesagt, dass er durch persönliche Kontakte und mit seiner leidenschaftlich-kämpferischen Art noch einmal eine entscheidende Masse für sich begeistern kann. Auf diesem Feld sind längst auch Leute wie Dominik Wlazny (Bierpartei) und Kay-Michael Dankl (KPÖ plus) mit erheblichem Zuspruch unterwegs, die Konkurrenz wird immer größer.

BERICHT - Neuwahlen: was die ÖVP abhält

Mit Müh und Not hat ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer die Neuwahldebatte eingefangen, die in gewisser Weise auch von ihm ausgegangen ist: Für sich schließe er Neuwahlen vor dem Sommer aus, teilte er mit. Der Hinweis darauf, dass das allerdings auch von den Grünen abhänge, war überflüssig: Sie haben kein Interesse an einem vorgezogenen Urnengang. Befeuert worden war die Debatte von Nehammers Präsentation eines "Österreich-Plans" in Wels, die von Beobachtern als Wahlkampfauftakt interpretiert wurde. Abgesehen davon könnte es der Vorarlberger Volkspartei von Landeshauptmann Markus Wallner nur gefallen, wenn es möglichst bald so weit wäre: Dann würde die Landtagswahl, die sie im Herbst zu schlagen hat, nicht fast gleichzeitig mit der Nationalratswahl stattfinden und durch diese überlagert werden.

Hoffen auf Kanzlerduell

Für die Bundes-ÖVP gibt es jedoch Argumente dagegen. Selbst wenn sie mit dem "Österreich-Plan" in Umfragen etwas zulegt, ist fraglich, wie lange das anhält. Außerdem: Bei der EU-Wahl am 9. Juni wird sie wohl hinter die FPÖ zurückfallen. Sie hofft jedoch, zumindest vor der SPÖ zu bleiben. Das ist nicht unrealistisch und wäre wichtig für sie: Es könnte ihr und Nehammer im Hinblick auf die Nationalratswahl sogar nützlich sein. Es wäre klar, dass ein Kanzler Herbert Kickl möglich ist, wie er von vielen abgelehnt wird. Da könnte sich Nehammer einer Gegenbewegung aus der Mitte, der es ein Anliegen ist, einen „Volkskanzler“ Kickl zu verhindern, als Alternative anbieten.

Weiteres Argument gegen Neuwahlen: Die Teuerung lässt nach. Das ist dazu angetan, die Stimmung im Land wieder etwas aufhellen zu lassen. Das wäre im Sinne der ÖVP als Regierungspartei – insofern wäre es gut für sie, wenn die Nationalratswahl erst am 29. September stattfinden würde.

ZAHL - Migration und Klima rücken ins Zentrum

Bei Eurobarometer-Erhebungen werden regelmäßig etwas mehr als 1.000 Menschen in Österreich zu politischen Themen befragt. Die Ergebnisse sind damit aussagekräftig und bringen im Laufe der Zeit auch Veränderungen zum Ausdruck. Zuletzt zum Beispiel diese: Als das größte Problem auf nationaler Ebene wird noch immer die Teuerung betrachtet. Der Anteil derer, die das tun, ist seit dem vergangenen Sommer aber um zwölf Prozentpunkte auf 49 Prozent gesunken. Das ist noch immer enorm, aber ein Hinweis auf eine Entspannung.

Auffallend ist auch, dass in den meisten Bevölkerungsgruppen ähnlich viele eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung in den steigenden Preisen sehen. Das ist nicht bei allen Themen so. Für insgesamt 24 Prozent gehört Migration zu den größten Problemen. Hier sind die Unterschiede extrem: Bei Jüngeren sind es viel weniger, bei Älteren wesentlich mehr. Wesentlich mehr sind es auch bei Männern und Frauen, die ihren Bildungsabschluss schon bis 15 erworben haben, oder bei all jenen, die sich selbst politisch rechts verorten. Bei – nach formalen Kriterien – eher höher Gebildeten ist der Anteil hingegen ebenso kleiner wie bei Linken.

Beim Thema Klimawandel, das alles in allem von 20 Prozent zu den größten Problemen gezählt wird, ist es umgekehrt. Bei Jüngeren ist der Anteil beispielsweise weit über-, bei Älteren unterdurchschnittlich.

Das ist nebenbei auch eine Erklärung dafür, dass die beiden Themen wieder stärker ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung rücken, je näher EU- und Nationalratswahlen rücken: Migration und Klima polarisieren. Das bedeutet wiederum, dass Parteien hier mit Botschaften, die ihren Zielgruppen entsprechen, besonders wirkungsvoll mobilisieren können.

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