Axel Kober dirigiert Wagners „Parsifal“ an der Wiener Staatsoper, Klaus Florian Vogt triumphiert in der Titelrolle.
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Richard Wagner versah seine letzte Oper „Parsifal“ mit dem Attribut „Bühnenweihfestspiel“. Auf der Bühne ist davon in Kirill Serebrennikovs aufwühlender Inszenierung an der Wiener Staatsoper nur wenig zu sehen. Er verlegt die Gralsburg in ein Gefängnis. Die Gralsritter sind die Inhaftierten und ihre Wächter. Ein Gral kommt trotzdem im ersten Aufzug vor. Die Mythos aber bleibt erhalten, mehr noch wird auf kluge Weise in die Gegenwart übertragen. Ein unwissender, junger Mann kommt in eine in sich abgeschlossene Gesellschaft. Er versteht nicht, was dort geschieht. Erst Jahre später erkennt er, was er zu tun, den Gralskönig Amfortas zu erlösen. Das funktioniert aber nur mit dem Speer, der ihn verletzt hat.
Dass während des Vorspiel Videos gezeigt werden, muss man mögen. Aber Puristen können währenddessen die Augen schließen. In der aktuellen Serie an der Staatsoper ist man dazu geneigt, denn Axel Kober steht am Pult.
Orchestrale Pracht
Er setzt auf absolute Transparenz und eine Art kühle Sachlichkeit. Jedes Motiv ist in klar hörbar. Zügig führt er durch die Partitur. In manchen Passagen klingen die Streicher wundersam sanft. Die Klangfarben, die Kober im zweiten Aufzug auf Klingsors Schloss generiert, hört man so nur von den Wiener Philharmonikern. Die übertreffen sich bei diesem „Parsifal“ selbst. Atemberaubend changiert er im dritten Aufzug zwischen verstörenden kammermusikalischen Passagen und orchestraler Pracht. Da entfaltet sich der wahre „Karfreitagszauber“.


Klaus Florian Vogt als Parsifal.
© Wiener Staatsoper / Michael PöhnDie Besetzung
Günther Groissböck zeigt als Gurnemanz einen fürsorglichen Gefängnis-Boss. Seinen packend vorgetragenen Erzählungen folgt man gern. Sein Bass verfügt über kräftige vokale Farben. Klaus Florian Vogt bringt als Parsifal seinen Tenor klar zum Strahlen, das helle Timbre klingt in manchen Passagen leicht abgedunkelt, was dieser Stimme ihren einzigartigen Charakter verleiht. Mehr als erfreulich, dass er auch die Titelrolle in Wagners „Lohengrin“ übernimmt (ab 27. April). Jordan Shanahan, der kurzfristig für den erkrankten Ludovic Tézier eingesprungen ist, überzeugt als Amfortas nicht nur mit Wortdeutlichkeit.
Anja Kampe gestaltet die Kundry hochdramatisch, expressiv. Bei Serebrennikov ist sie eine Reporterin, die aus dem Gefängnis berichtet und im zweiten Aufzug Klingsor, ihren Chefredakteur, erschießt. Jochen Schmeckenbecher ist mit seinem markanten Bariton ein prägnanter Klingsor. Die Blumenmädchen sind exzellent aufeinander abgestimmt. Ivo Stanchev ist ein vokal präsenter Titurel. Nikolay Sidorenko agiert mit Hingabe als stummes Parsifal-Double. Der Chor intoniert in bewährter Qualität. Bravos für alle Beteiligten.