György Kurtágs Beckett-Oper „Fin de Partie" – eine Glanzproduktion an der Wiener Staatsoper
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Man könnte die Entstehungsgesichte von György Kurtágs „Fin de Partie“ mit Nells Erzählung über einen Schneider vergleichen. Der wird nicht und nicht fertig, dann aber ist die Hose ein Meisterwerk. So wie Kurtágs musikalische Umsetzung von Samuel Becketts „Endspiel“. Daraus ergibt sich an der Wiener Staatsoper wiederum ein Meisterwerk mit einer phänomenalen Besetzung. Herbert Fritsch inszenierte dieses Stück des Theaters des Absurden in einem hellen Raum, mit beklemmend schrägen Wänden. Die Bühne hat er selbst geschaffen. Die famose Lichtregie (Friedrich Rom) funktioniert in totaler Harmonie mit Musik und Geschehen.
Entstehung von Kurtágs Beckett-Oper
Doch zunächst zur Vorgeschichte: Als Kurtág 1957 Beckett „Endspiel“ in Paris sah, geriet er in den Bann dieses Werks. Jahrzehnte später trat Alexander Pereira, damals noch Intendant der Oper in Zürich mit dem Auftrag an ihn heran, diese Oper zu vertonen. Die Jahre vergingen, Pereira wurde Intendant der Salzburger Festspiel, ging an die Mailänder Scala, und Kurtág war immer noch nicht fertig. Dann, 2018, war es so weit, Kurtág war bereits 92 Jahre, „Fin de Partie“ kam zur Uraufführung.
Jede Figur ist ideal besetzt
Jetzt leuchtete diese Geschichte über vier einsame Menschen, die sich vielleicht damit abgefunden haben, dass sie tatsächlich am Abgrund verweilen. Alle Figuren sind ideal besetzt. Wie ein Conférencier eröffnet Hillary Summers, die später die Nell singen wird, mit einem Beckett-Gedicht auf English. Dann Vorhang auf für das Spiel ins Absurde. Georg Nigl zeigt das Faktotum Clov genuin mit Slapstick-Einlagen á la Buster Keaton und besticht vokal. Ein Ereignis ist Philippe Sly als Hamm. Aus dem Rollstuhl verkörpert er Kurtágs Musik, phänomenal seine Mimik, seine Gesten, seine atemberaubende Stimmführung. Hillary Summers strahlt ihre Magie aus der Mülltonne nicht nur in die benachbarte aus, die von ihrem Gemahl Nagg bewohnt wird. Berührend, wie diese beiden gelben Gestalten von ihrem Tandemunfall in den Ardennen berichten, bei dem sie beide Beine verloren haben. Charles Workman stellt diesen Nagg fulminant dar.
Feinziselierte Partitur
Simone Young führt mit Präzision durch diese fein ziselierte Partitur. Die setzt den knappen Text minutiös um. Sphärische Streicherklänge, Zymbal-Würze, stimmige Akkordeonklänge, eine famose kantilenenartige Passage, virtuos von Klarinette (Daniel Ottensamer) intoniert. Diese Musik betont das Absurde. Den einzigen Wunsch, den diese Aufführung offenlässt, ist, dass sie ehestmöglich wieder ins Repertoire aufgenommen wird.
Weiters empfehlenswert an der Wiener Staatsoper:
„Billy Budd“ von Benjamin Britten
www.wiener-staatsoper.at