Die Wiener Staatsoper hat eine neue „Zauberflöte“: Barbora Horákova inszeniert Mozarts Oper als Schauermärchen. Dirigent Bertrand de Billy bringt feine Nuancen zum Klingen
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Wie viele Regisseure sind schon an Mozarts „Zauberflöte“ gescheitert! Barbora Horákova ist es nicht. Dass sie das Publikum spaltet, spricht nicht gegen ihre Arbeit. Sie zeigt Mozarts meistgespielte Oper in einer schlüssigen Deutung als Schauermärchen. Drei Buben geraten mit ihren Fahrrädern in eine verfallene Villa und verwandeln sich selbst in Protagonisten.
Auf einen ersten Blick erinnert das Szenario an Stephen Kings Horrorroman „Es“. Anspielungen an Hitchcocks „Vögel“ wechseln mit nüchternen Szenen in einer Schulklasse, einem überdimensionalen, beklemmend grauen Warteraum und einem Saal, den man sich als Freimaurer-Tempel vorstellen kann. Dass auch Puppen, die wie Kopien aus Nikolaus Habjans Werkstatt aussehen, eingesetzt werden, entspricht einem Trend. Ebenso, dass der Mohr Monostatos (solide: Matthäus Schmidlechner) heute nur ein weißer Mensch sein darf. Sein Part ist auch etwas gekürzt, bestraft wird er nach seinem Vergewaltigungsversuch nicht.
Das wirklich Interessante ist das Dirigat von Bertrand de Billy. Er übernahm von Franz Welser-Möst, der aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. De Billy generiert mit den sehr gut disponierten Wiener Philharmonikern einen transparenten Klang. Feinsinnig leuchtet er die Nuancen der Partitur aus, setzt deutlich die Schläge zu Beginn. Kristallklar arbeitet er den „Bach’schen Choral“ heraus. einfühlsam begleitet er die Arien der Pamina, die mit Slávka Zámečníková exzellent besetzt ist. Auf satten, goldenen Klang setzt er bei Sarastros Passagen.
Georg Zeppenfeld lässt in dieser Partie seinen wohltönenden Bass hören. Serena Sáenz bewältigt ihre Koloraturen als Königin der Nacht mit Bravour. Julian Prégardien, ein versierter Mozart-Tenor, fand sich bei der Premiere mit seiner Partie nicht zurecht, was sich noch ändern kann. Ludwig Mittelhammer ist ein sympathischer Papageno, Ilia Staple eine in jeder Hinsicht betörende Papagena. Jochen Schmeckenbecher ein zurückhaltender Sprecher. Die kleineren Partien sind solide besetzt.