Christian Thielemann führt Hans Pfitzners selten aufgeführte Oper über einen Renaissance-Komponisten in glänzender Besetzung zum Triumph.
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Mehr als 20 Jahre wurde Hans Pfitzners Oper „Palestrina“ über den titelgebenden Renaissance-Komponisten in Wien nicht aufgeführt. Christian Thielemann brachte sie ins Repertoire der Staatsoper zurück. Alle Aufführungen der Serie sind ausverkauft. Bis Sonntag kann die Vorstellung vom 12.12. noch auf der Homepage der Wiener Staatsoper gestreamt werden.
Das aufwändige Werk mit mehr als 20 Solisten erzählt von der Schaffenskrise Giovanni Pierluigi Palestrina, des Kapellmeisters der Kirche St. Maria Maggiore in Rom anno 1593. Beim Trienter Konzil soll die vielstimmige Messe abgeschafft werden. Kardinal Borromeo ist überzeugt, dass nur Palestrina diese retten kann und erteilt ihm den Auftrag eine Messe zu komponieren. Der aber ist seit dem Tod seiner Frau in einer Schaffenskrise, bis ihm Engel erscheinen und er in einer Nacht das Werk komponiert.
Herbert Wernickes belanglose, aber praktikable Inszenierung aus dem Jahr 1999 verlegt die Handlung in einen Saal, der als Kirche oder als Konzertsaal gesehen werden kann. Da stört nichts, da bleibt der Fokus auf dem Wesentlichen, der Musik. Die hebt Christian Thielemann, der sich derzeit nur auf Krücken gestützt fortbewegen kann, in andere Sphären. Sublim macht er das Filigrane der Partitur hörbar, wenn Pfitzner die Kirchentonarten verarbeitet. Wie er Thielemann die Nähe dieses Werks zu Richard Wagners „Meistersingern“ herausarbeitet, einen Hauch von „Tristan“ und „Parsifal“ durchwehen lässt, ist atemberaubend.
Ebenso die Leistung des britischen Tenors Michael Spyres. Er verfügt über alles, was man für diese Rolle braucht: ein herrliches Timbre in allen Lagen, die Kraft lange Passagen durchzuhalten, Sicherheit in den Höhen. Spyres‘ Palestrina ist eine Offenbarung. Auch die anderen Rollen sind famos besetzt. Wolfgang Koch als verzweifelter, wütender Kardinal Borromeo. Michael Laurenz ist als Novagerio ein überzeugender Meister der Intrige. Adrian Eröd, Wolfgang Bankl, Michael Krauss, Clemens Unterreiner Patricia Nolz als Silla, Kathrin Zukowski als Ighino und Günther Groissböck als Papst werden zurecht wie alle Beteiligten gefeiert. Eine Viertelstunde Applaus, der Jubel des Publikums in der ausverkauften Wiener Staatsoper will nicht enden.