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Heinz-Christian Strache: Großer Aufstieg, tiefer Fall

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Heinz-Christian Strache

©News/Ricardo Herrgott
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Während Heinz-Christian Strache an der Seite von Sebastian Kurz an vorderster Regierungsfront stand, gab sich der einstige "wilde Hund" gerne als Staatsmann aus. Doch das Image hielt nicht lange. Ein folgenschwerer Trip nach Ibiza, bei dem er sich korrumpierbar gab, brachte ihn jäh zu Fall. Nicht nur seine politische Karriere ist gescheitert, sondern auch seine Ehe mit Philippa Strache.

Steckbrief

  • Name: Heinz-Christian Strache

  • Geboren: Am 12. Juni 1969 in Wien

  • Größe: 186 cm

  • Ausbildung: Lehre zum Zahntechniker, Studium der Geschichtswissenschaften (nicht abgeschlossen)

  • Familienstand: verheiratet mit Philippa Strache (Scheidung läuft)

  • Kinder: 3 (Heidi, geb. 2001, und Tristan, geb. 2003, mit Ex-Frau Daniela Plachutta und Hendrik, geb. 2019, mit Philippa Strache)

  • Partei:Team HC Strache - Allianz für Österreich, davor FPÖ (Ausschluss im Dezember 2019)

  • Funktion: Bundesparteiobmann Team HC Strache - Allianz für Österreich, davor Bundesparteiobmann der FPÖ, Bundesminister für Sport und Vizekanzler (Rücktritt im Mai 2019), Consulter

Heinz-Christian Strache (Spitzname: HC Strache) wurde 1969 in Wien als Sohn der Drogistin Marion Strache und Heinz-Roland Strache geboren. Der Vater verließ die Familie, um die Welt zu bereisen. Strache wuchs also bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, die beiden wohnten im 3. Wiener Gemeindebezirk. Nach seiner Pflichtschulzeit (Strache brach die Handelsschule nach einem Jahr ab), absolvierte er eine Lehre zum Zahntechniker und machte sich nach einem abgebrochenen Studium der Geschichtswissenschaften selbständig. 1993 gründete er das "Dental Labor Strache GmbH", ein zahntechnisches Unternehmen.

Erste Kontakte nach rechts

Bereits im zarten Alter von 15 Jahren kam Strache in Kontakt mit Rechtsextremisten wie Gottfried Küssel, und zwar als er Mitglied der schlagenden und deutschnationalen Schülerverbindung Vandalia wurde. Auch Norbert Burger lernte er auf diese Weise kennen, mit dessen Tochter der spätere FPÖ-Chef liiert war und der für ihn wohl zu einer Art Vaterersatz wurde.

In dieser Zeit nahm er auch an den viel zitierten "Waldspielen" teil, die Strache stets als "Paintball" bezeichnete. Fotos von Waldspielen belegten, dass der spätere FPÖ-Chef früher zumindest wehrsportübungsähnlichen Beschäftigungen nachging.

Anfänge bei der FPÖ

Zur Freiheitlichen Partei Österreich gelangte er durch den Zahnarzt Herbert Günter. 1991 wurde er mit 21 Jahren damals jüngster Bezirksrat in Wien, drei Jahre später wurde er FPÖ-Bezirksobmann des dritten Bezirks. 1996 wurde er Mitglied des Wiener Landtags und zwischenzeitlich war er auch geschäftsführender Landesobmann des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ). 2004 folge Strache auf Hilmar Kabas als Parteiobmann der Wiener FPÖ.

Strache und Haider

Einer, der diesen Aufstieg mit Argusaugen verfolge, war Jörg Haider. Dem langjährigen Obmann der Freiheitlichen war der Jungspund nicht ganz geheuer. So befürwortete Haider etwa EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, Strache lehnte diese ab und forderte eine Volksabstimmung. Bei Haiders orchestrierten legendären Delegiertentreffen von Knittelfeld, das Schwarz-Blau I zu einem zwischenzeitlichen Ende brachte, war Strache zwar noch dabei, doch bald darauf trennten sich die Wege der Alphatiere. 2005 gründete Haider das BZÖ und nahm den Großteil der Parteiprominenz mit. Dadurch stand Strache früher im ganz großen Rampenlicht als gewollt. Der eben erst installierte Wiener FPÖ-Chef war nun als Parteiobmann der letzte Strohhalm der FPÖ.

Der Burschenschafter schaffte es mit einer kleinen Gruppe Vertrauter, die FPÖ zu stabilisieren, während das BZÖ seinem Ende entgegenschritt. Nahezu bei allen Wahlen auf Bundes- und Landesebene konnte die FPÖ von Beginn an von Straches Obmannschaft zulegen.

Viel kritisierte Plakate

Doch schon Straches erste Wahl, die Landtags- und Gemeinderatswahlen 2005 in Wien, sorgte für viel Kritik. So wurden schon damals die Wahlplakate der FPÖ als fremdenfeindlich ("Wien darf nicht Istanbul werden!") sowie als Diskriminierung Homosexueller ("Die SPÖ macht keine Politik für die Ärmsten der Armen, sondern für die Wärmsten der Warmen") eingestuft. Ebenso als rassistisch wurde die – bekannte – Plakatreihe aus Straches erstem Nationalratswahlkampf als FPÖ-Spitzenkandidat 2006 mit Slogans wie "Deutsch statt nix versteh’n" und "Daham statt Islam" eingestuft. Kopf hinter diesen Slogans war übrigens der heutige Innenminister Herbert Kickl.

Feindbild Islam und das "Bier"-Foto

Der Islam wurde überhaupt zum großen Feindbild des FPÖ-Chefs, der immer wieder von einem "Kulturkampf" sprach und die Religion als "Faschismus des 21. Jahrhunderts" bezeichnete. Ein Jahr später war es ein Bild von Strache selbst, dass zum Thema wurde. Das Foto aus dem Jahr 1989 zeigt Strache in Tracht sitzend mit drei erhobenen, gestreckten und gespreizten Fingern. Eine Geste, die als "Kühnengruß", eine in Österreich nicht verbotene Variante des Hitlergrußes, ausgelegt wurde. Strache bestritt dies und erklärte zunächst, es sei ein "alter Gruß der Südtiroler Freiheitskämpfer" gewesen, was er dann jedoch revidierte und meinte, er könne sich nicht erinnern. Schließlich verglich er die Geste mit der Bestellung von "drei Bier". Kurz darauf beraumte er eine Pressekonferenz an, um sich vom Rechtsextremismus zu distanzieren.

Von der Opposition in die Regierung

Die Nationalratswahl 2017 brachte der Freiheitlichen Partei den dritten Platz – und eine Koalition mit der ÖVP unter Sebastian Kurz. Kurz wurde Kanzler, Strache Vizekanzler und Bundesminister für den öffentlichen Dienst und Sport. Ein Aufstieg von der ewigen Oppositionsrolle in die Gestalterrolle, der der FPÖ natürlich einiges kostete. So mussten sich die sonst so Europa-kritischen Blauen zur EU bekennen oder ihren Widerstand gegen das Handelsabkommen CETA einbremsen. Dafür verzichtete die ÖVP wiederum auf das bereits fixierte Rauchverbot in der Gastronomie.

Anpassung und neuerliche Distanzierung

Der früher manchmal jähzornige Heinz-Christian Strache trat während seiner Zeit als Vizekanzler ruhiger auf und hatte auch rhetorisch erstaunlich zugelegt. Mit seiner angepassten Rhetorik musste er sich 2019 erneut vom Rechtsextremismus distanzieren, wie auch schon zwölf Jahre zuvor nach der Veröffentlichung des "Grußfotos". Der Anlass war in jüngster Vergangenheit die unbestreitbare Verflechtung der rechtsextremen Bewegung der Identitären mit der FPÖ. Die FPÖ habe klare Beschlüsse: Jene, die Identitären-Mitglieder sind, können nicht bei der FPÖ sein, erklärte Strache Anfang April 2019 und weiter: "Wir haben eine klare Distanz zu jedwedem Extremismus, da kann er (Anm.: Kanzler Kurz) sich auf die FPÖ verlassen."

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Strache und seine Frau Philippa. Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn, Hendrik

 © imago/SKATA

Privates zu Heinz-Christian Strache

Privat ist Heinz-Christian Strache in zweiter Ehe mit der um 19 Jahre jüngeren Philippa Strache (geborene Beck) verheiratet. Die Hochzeit erfolgte standesamtlich im Oktober 2016 in Weißenkirchen in der Wachau. Das Paar hat seit 2019 einen gemeinsamen Sohn, der auf den Namen Hendrik hört. Strache nahm sich ein Papa-Monat.

Im September 2022 wurde bekannt, dass Philippa Strache die Scheidung eingereicht hat. Der ehemalige FPÖ-Chef und Vizekanzler bestätigte die Scheidungsabsicht auf seiner Facebook-Seite. "Meine Ehefrau und ich waren aufgrund der schwierigen Situation seit meinem Rücktritt als Vizekanzler über mehr als drei Jahre mit einer enormen privaten Belastungsprobe konfrontiert", schreibt er. Die "damit einhergehenden Verleumdungen und öffentlichen Anfeindungen" hätten das gemeinsame Leben "zwangsläufig sehr belastet", so Strache. Nun habe man sich dazu "entschlossen, getrennte Wege zu gehen".

In erster Ehe war Heinz-Christian Strache sieben Jahre mit der Tochter des Restaurant-Besitzers Ewald Plachutta, Daniela Plachutta, verheiratet. Mit ihr hat er zwei Kinder, Heidi (2001 geboren) und Tristan (2003 geboren). Die beiden Kinder leben seit der Trennung bei ihrer Mutter.

Vom "wilden Hund" zum "harmoniesüchtigen" "Romantiker"

Als persönliche Eigenschaft wird dem langjährigen Oppositionspolitiker – entgegen seinem Image – "Harmoniesucht" zugeschrieben. Auch die wilden Zeiten der berühmten Disco-Touren in Wahlkämpfen oder musikalisch bestimmt nicht einwandfreien Wahlkampf-Raps waren vorbei. Speziell seit seiner Hochzeit mit Philippa Strache gab der einstige "wilde Hund" "lieber den Romantiker und lebt ein mehr oder weniger gemütliches Vorstadt-Leben ohne allzu viel Blitzlicht-Gewitter", wie die APA beschreibt.

Straches tiefer Fall

Das politische Blitzlichtgewitter schien der Ex-Vizekanzler eigentlich noch länger genießen zu wollen. Doch daraus wurde vorerst nichts. Denn nach der Veröffentlichung eines Videos, das den Ex-FPÖ-Chef auf Ibiza zeigt, wie er mit einer vermeintlichen Nichte eines russischen Oligarchen über illegale Parteispenden, die Übernahme der "Kronen Zeitung" und das Angebot von Staatsaufträgen spricht, musste er am 18. Mai 2019 seinen Rücktritt einreichen. Strache trat von allen Ämtern zurück und übergab diese an Norbert Hofer. Sebastian Kurz kündigte noch am selben Tag die Koalition auf und rief Neuwahlen aus.

Politischer Rückzug

Am 1. Oktober 2019 gab Strache dann bekannt, dass er seine FPÖ-Parteimitgliedschaft ruhend stellen wolle. Er ziehe sich zur Gänze aus der Politik zurück - es sei ein "völliger politischer Rückzug". Strache begründete den Schritt damit, seine Familie schützen zu wollen. Er betonte immer wieder, dass er die FPÖ nicht spalten wolle, und unterstrich, dass er im Zuge der "Ibiza-Ermittlungen" die Aufklärungsarbeit unterstützen wolle. Strache wurde von der FPÖ, im Dezember 2019 folgte schließlich der Parteiausschluss.

Straches Polit-Comeback

Es sollte aber nicht allzu lange dauern, bis der ehemalige FPÖ-Chef in die Politik zurückkehrt. Bereits Ende Jänner 2020 gab Strache sein Antreten für die "Allianz für Österreich" bekannt. Keine drei Monate später hat er wieder das Ruder in der Hand. Aus dem DAÖ wird das "Team HC Strache". DAÖ-Gründer Karl Baron übergab offiziell an Strache. Mit dem "Team HC Strache - Allianz für Österreich" trat Strache am 11. Oktober 2020 bei der Wien-Wahl an, schaffte aber den Einzug in den Gemeinderat nicht. Er scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde. Was er dagegen werden könnte, ist Bezirksrat. Das schloss er jedoch News gegenüber aus. Vielmehr will Strache nun ein "Online-Magazin gründen" in dem die Anliegen der Bewegung aufbereitet werden sollen, so Strache.

Wegen Bestechlichkeit vor Gericht

Heinz-Christian Strache wird nach dem Auftauchen des Ibiza-Videos ein weiteres Mal angeklagt. Diesmal geht es um die Causa rund um den Unternehmer Siegfried Stieglitz. Er soll den damaligen Vizekanzler bestochen haben, um in den Aufsichtsrat der Asfinag und eines weiteren staatsnahen Unternehmens zu gelangen. Konkret geht es um eine Spende an einen FPÖ-nahen Verein und eine angebotene Reise nach Dubai. Strache will die Vorwürfe vor Gericht entkräften.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bestätigte laut den "Oberösterreichischen Nachrichten", dass gegen Strache und eine weitere Person - dem Vernehmen nach Stieglitz - ein Strafantrag beim Straflandesgericht Wien eingebracht worden sei. Der Strafrahmen beträgt sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe. Der entsprechende Vorhabensbericht der WKStA war von der Oberstaatsanwaltschaft Wien und dem Justizministerium in Übereinstimmung mit dem Weisungsrat genehmigt worden.

Auch der Ibiza-Untersuchungsausschuss hatte sich bereits mit der Causa Stieglitz beschäftigt: So spendete der Immobilienunternehmer vor seiner Bestellung in den Aufsichtsrat der Asfinag insgesamt 10.000 Euro an den FPÖ-Verein Austria in Motion. Aus Chats ergibt sich, dass Stieglitz, Ex-FPÖ-Chef Strache und der damalige freiheitliche Infrastrukturminister Norbert Hofer vereinbart hätten, dass Stieglitz auf sein Drängen hin in einen Aufsichtsrat bestellt wird. Diese Spende ist auch ein Vorwurf in der Anklage. Die Ermittlungen gegen Hofer in diesem Zusammenhang wurden laut WKStA eingestellt.

Ebenso im Strafantrag angeführt soll eine angebliche Einladung Straches nach Dubai sein, welche dieser laut eigener Aussage abgelehnt hat. Straches Verteidiger Johann Pauer meinte dazu auf APA-Anfrage: "Mein Mandant wurde bereits im Prikraf-Verfahren wegen einer Korfu-Reise angeklagt, die er nie angetreten hat, und diesbezüglich rechtskräftig freigesprochen. Jetzt wird er wegen einer Einladung zu einer Geburtstagsfeier in Dubai angeklagt, die er aus Compliancegründen abgelehnt hat."

In anderer Causa - nicht rechtskräftig - verurteilt

Strache war bereits Ende August am Wiener Landesgericht - nicht rechtskräftig - wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft im Prozess um den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) verurteilt worden. Zum neuen Strafantrag gegen ihn sagte er auf APA-Anfrage: "Ich weiß, dass ich die Vorwürfe im Rahmen der Hauptverhandlung vor Gericht leicht entkräften werden kann." Inhaltlich will sich Strache laut seinem Anwalt ausschließlich gegenüber dem Gericht äußern.

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