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Franz Grabmayr: Elementare Urgewalten aus Farben

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Franz Grabmayr: Elementare Urgewalten aus Farben

©Nachlass Franz Grabmayr
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Brennende Wurzelstöcke, Sandgruben, Felsen waren die Motive des Kärntner Künstlers Franz Grabmayr, der die Generation der Jungen Wilden inspirierte. Klaus Albrecht Schröder widmet ihm im letzten Jahr seiner Amtszeit als Albertina-Direktor eine Ausstellung und erklärt den Ausnahmekünstler

Steckbrief Franz Grabmayr

  • Name: Franz Grabmayr

  • Geboren am: 19. April 1927 in Pfaffenberg, Kärnten

  • Gestorben am: 8. Mai 2015 in Wien

  • Ausbildung: Baufachschule in Villach; Studium an der Akademie der bildenden Künste

  • Beruf: ursprünglich Lehrer; Künstler (Vertreter der abstrakten Malerei)

  • Familienstand: war verheiratet mit Ingrid Weimann

  • Kinder: Söhne Thomas (*1957) und Jakob (*1970)

Wie Massen ständig flutender Lavaströme fließen hell leuchtendes Gelb und dunkles Grau ineinander, vermengen sich zu einem trüben Grün. Grelles Rot lodert aus dem Gemenge. Alles scheint auf diesem Bild in unaufhörlicher Bewegung, ganz so, als würden die dicht aufgetragenen Farben ihre Kräfte messen. Die Rede ist von einem der „Feuerbilder“, die der Kärntner Künstler Franz Grabmayr (1927–2015) geschaffen hat.

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"FEUERBILD". Auch Flammen malte Grabmayr en plein air. Er malte auf einem Anhänger, den ein Traktor um das Objekt seiner Kunst schleppte

© Nachlass Franz Grabmayr

Bannerträger für die Jungen Wilden

Im letzten der 19 Jahre seiner Amtszeit widmet ihm der Direktor der Albertina, Klaus Albrecht Schröder, vom 17. Mai bis 18. Oktober eine Ausstellung. „Es war mir wichtig, dass ich meine Laufbahn nicht nur mit Marc Chagall, Robert Longo und mit Erwin Wurm beende, sondern auch mit einem Künstler, den man in Österreich kennen muss“, begründet Schröder sein Vorhaben.

Grabmayr war eine Kultfigur für die Generation der Jungen Wilden
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Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina

© Matt Observe

„Grabmayr, eine der maßgeblichen Persönlichkeiten der österreichischen Gegenwartskunst, war ,Bannerträger‘ für die Jungen Wilden gewesen, die ihn wie eine ,Kultfigur‘ verehrt haben. Er hat für jüngere Kollegen wie Hubert Scheibl, Gunter Damisch oder Herbert Brandl den Durchbruch zur pastosen Malerei, den expressiven Zugriff auf die Wirklichkeit geschaffen“, führt Schröder weiter aus.

Brennende Wurzelstöcke, Sandgruben, ein Fels im niederösterreichischen Fluss Kamp waren seine Motive. Von diesen hat er die Kraft bezogen. „Aber was er malt, lässt den Gegenstand, das Motiv vollkommen in den Hintergrund treten. Man könnte geradezu diese Bilder auch mit dem klassischen ,O. T‘., also ,ohne Titel‘ versehen, und genau das besagt bereits, dass es ihm um ein Element geht, das er verselbstständigt hat. Dieses Element ist die Farbe, aber nicht nur als koloristischer, sondern auch als plastischer Wert, als Pigment, als Gewicht.“

Die Energie der Elemente

Seine großformatigen Arbeiten wiegen ob der dick aufgetragenen Farben oft bis zu 150 Kilogramm.

„Was er darstellt, sind die Elemente in ihrer Urgewalt. Erde, Feuer, Wasser, Luft und diese abstrakte Kraft der Energie, die in diesen Elementen herrscht. Bei Grabmayr wird sie Bild“, resümiert Schröder.

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SANDGRUBE. Ein Beispiel für Franz Grabmayrs Technik. Er schöpfte seine Farben aus 25 Kilogramm Kübeln, vermischte sie mit Eidottern zu einer dicken Paste oder mengte Koksasche bei, um kristalline Effekte zu erzielen. Die Großformate wiegen bis zu 150 Kilogramm

© Nachlass Franz Grabmayr

Noch heute erinnert er sich an seine erste Begegnung mit den Bildern. Das war Mitte der Achtzigerjahre. „Ich glaube, es gibt kaum glückhaftere Momente, als zum ersten Mal auf einem Berggipfel zu stehen oder ein Genie zu entdecken“, blickt er zurück. Er wusste, er musste den Künstler kennenlernen. Er begegnete einem bescheidenen Mann, der in der Abgeschiedenheit des Waldviertels seine farbmächtigen Kosmen schuf. „Viele glauben, Kunst kommt von Können. Wenn Sie eine Kuh zeichnen und der Bauer erkennt sie als solche, dann muss das schon ein großes Kunstwerk sein. Das ist ein Irrtum. Kunst kommt von Müssen. Und Grabmayr ist ein Paradebeispiel für einen Künstler, der malen musste“, beschreibt Schröder den Meister, dem er bis zu dessen Tod 2015 in Freundschaft verbunden blieb.

Die Motive seiner Malerei waren die prägenden Eindrücke seiner Kindheit. 1927 als Sohn eines Bahnwärters und einer Bergbäuerin am Pfaffenberg bei Obervellach in Kärnten geboren, erlebte er die Härten und Schönheiten unberührter Natur. Feldarbeit, der einstündige Weg in die Schule vom Berg ins Tal waren sein Alltag. Er absolviert die Baufachschule in Villach, maturiert, wird Lehrer. Mit 27 beschließt er, in Wien an der Akademie der bildenden Künste Malerei zu studieren. Robin Christian Andersen und Herbert Böckl werden dort seine Lehrer.

Doch Grabmayr überwindet den Expressionismus, entwickelt seinen eigenen Stil. Wie eines seiner großen Vorbilder, Vincent van Gogh, zieht er sich in die Einschicht zurück. In der Burg Rosenau im Waldviertel richtet er Mitte der Sechzigerjahre sein erstes Atelier ein, bis die Burg zum Freimaurermuseum wird. Er übersiedelt daraufhin in einen Hof im nahen Oberstrahlbach.

Die Droge Grabmayr

Dort entwickelt er eine eigene Technik. Er richtet seine Staffelei samt Farbkübeln auf einem Anhänger ein, den ein Bauer mit einem Traktor um Grabmayrs Motive schleppt. Bevor er die Farben in dicken Schichten aufträgt, rührt er sie mit Eidottern zu einer dicken Paste oder versetzt sie mit Koksasche, wodurch ein kristalliner, bräunlicher Effekt entsteht.

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DER KÜNSTLER AM WERK. Franz Grabmayr (1927– 2015), maßgebliche Künstlerpersönlichkeit der Gegenwart, war ein Meister der pastosen Malerei. Er lebte für die Kunst. Seine Frau Ingrid lernte er im Pariser Louvre vor der „Mona Lisa“ kennen. Diese Begegnung habe sie als Auftrag zur Unterstützung eines Lebenswerks empfunden, schreibt sie im Rückblick auf das gemeinsame Leben. Sie kam in den ersten Jahren für die Familie auf, denn Grabmayr lebte für die Kunst

© Nachlass Franz Grabmayr

Neben seinen von der Natur inspirierten Gemälden schafft Grabmayr Serien von „Tanz-Bildern“. Die einen choreografiert er selbst, indem er Modelle in seinem Atelier zu Puccini oder Wagner tanzen lässt. Als weiterer Quell der Inspiration dienen ihm Ballettaufführungen der Staatsoper, die er während der Vorstellungen von der Seitenbühne skizziert.

„An Grabmayrs Bildern kann man sich nicht sattsehen. Sie sind aufwühlend wie ein großes Drama, dynamisch, voller Energie, dass man davon jeden Tag aufs Neue belebt wird. Ist man diesen Bildern einmal verfallen, dann hängt man an der Droge Grabmayr“, resümiert Schröder. Den Konsum dieser Droge wird man mit Sicherheit nicht bereuen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 19/2024 erschienen.

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