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„Don Carlo“ von Verdi an der Wiener Staatsoper

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4 min

Asmik Grigorian in Don Carlo

©Wiener Staatsoper_Sofia Vargaiová
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Stürme der Entrüstung gegen Regisseur Kirill Serebrennikov, Dirigent Philippe Jordan schwenkt die Friedensfahne 

So langweilig, so umstritten kann eine Inszenierung gar nicht sein, dass man an der Wiener Staatsoper das wirkliche Drama nicht erleben kann. Wegschauen und auf die Musik hören, hat sich immer bewährt. Wirklich schlimm aber, wenn das Musikalische mit szenischer Ödnis übereinstimmt. Das kann sich im Fall von Verdis „Don Carlo“ noch ändern, aber bei der Premiere war es so.

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Asmik Grigorian (Elisabeth) mit Komparse

 © Wiener Staatsoper_Sofia Vargaiová

Regisseur Kirill Serebrennikov ist einer der zurecht gefragten Regisseure der Opernwelt heute. Er verstört und polarisiert. Wagners "Parsifal", den er als von Putin Verfolgter aus dem Hausarrest für die Wiener Staatsoper fertigte, verlegte er in ein Gefängnis und erzählte seine Leidensgeschichte gleich spannend mit. Wagners "Lohengrin" an der Pariser Bastille Oper zeigt er in einer psychiatrischen Anstalt und generiert daraus ein Plädoyer gegen den Krieg. Nun sein Versuch, in Verdis hochpolitischem Drama Vergangenheit und Gegenwart zu verbinden. Er verlegt die Geschichte aus dem spanischen Königshaus aus dem 16.Jahrhundert in die Gegenwart. Schauplatz ist ein Institut für Kostümkunde. König Philipp II. ist der Chef, das restlicher Personal sind seine Angestellten. Gespielt wird auf einer hellgrauen, mit kalten Licht erleuchteten Bühne. Erforscht wird die Bekleidung der historischen Personen. Nach deren Vorbild wurden die Kostüme (Galya Solodovnikova) in Handarbeit für prächtig gefertigt. Die werden jedoch nur von Komparsen getragen, die während der Aufführung be- und entkleidet werden.

Zusätzlich wird mit eingespielten Videos auf die Überproduktion in der heutigen Textilwirtschaft und auf unmäßigen Konsum verwiesen, der für die Verschmutzung der Meere und für den Klimawandel verantwortlich ist. Darüber könnte man noch hinwegsehen. Das Publikum wollte es nicht und drückte seinen Protest bereits während der Vorstellung aus. Da half es auch nur wenig, dass Generalmusikdirektor Philippe Jordan, der auf eine harte, trockene Lesart setzte, vor der großen Arie der Elisabeth ein weißes Tuch wie eine Friedensfahne schwenkte. Gut so, denn diese Arie ragte aus dem Gesamten heraus. Asmik Grigorian punktete damit bei ihrem Rollendebüt mit Innigkeit und Ausdruck. Ihre Elisabeth hat Potential, bedarf jedoch noch einer gewissen Entwicklung.

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Eve-Maud Hubeaux (Eboli) und Roberto Tagliavini (Philipp II.)

 © Frol Podlesnyi/Staatsoper

Roberto Tagliavini ist ein solider Philipp. Sein Dialog mit dem Großinquisitor verblasst zur Besprechung von Chef und intrigantem Angestellten, denn Dmitry Ulyanov verzichtete stimmlich auf Dämonie.

Eve-Maud Hubeaux zeigt die Eboli mit Ausdruck. Étienne Dupuis ist ein stimmlich bescheidener Posa. Joshua Guerrero versucht sich als Don Carlo, hat aber nicht viel mehr als Lautstärke zu bieten.

Die Entrüstung des Publikums richtete sich bei der Premiere ausschließlich gegen den Regisseur.

Bleibt abzuwarten, ob diese Inszenierung in einer anderen Besetzung aufgeht.

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