Wenn die magischen Monate der Schwangerschaft vorbei sind und der kleine Erdenbürger die Welt bereichert, geht die Entwicklung genauso rasant weiter. Denn vor allem in den ersten beiden Jahren durchleben die Kleinsten immer wieder Entwicklungsschübe. Hier der Überblick zum Thema inklusive Tipps, um die Kleinen gut durch die angespannten Tage zu begleiten.
Entwicklungsschübe hängen nicht nur mit dem körperlichen Wachstum zusammen.Vielmehr bildet das Gehirn vermehrt Synapsen und dadurch neue Verbindungen zwischen verschiedenen Bereichen aus. Infolgedessen verfügen Kinder nach Abschluss eines Entwicklungsschubes über mehr kognitive, körperliche oder emotionale Fähigkeiten. Oftmals sind die Babys während dieser Zeit sehr anhänglich, weinen viel oder können schlecht zur Ruhe finden. Das ist jedoch nicht verwunderlich, denn immerhin müssen all die neuen Eindrücke, welche mit den frisch erworbenen Kompetenzen einhergehen, auch verarbeitet werden. Das kann die Kinder ängstigen und zu Stressreaktionen führen.
Was sind Entwicklungsschübe?
Entwicklungsschub, Entwicklungssprung, Wachstumsschub - es gibt viele Begriffe, welche die schwierigen Phasen eines Babys beschreiben. Doch wie auch immer sie genannt werden, es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung von Grob- und Feinmotorik sowie kognitiver, sprachlicher und sozialer Fähigkeiten. Manche dieser "Sprünge" dauern nur wenige Tage, andere können sich über einige Wochen erstrecken. Das liegt daran, dass im Gehirn bestimmte Synapsen gebildet werden und die verschiedenen Gehirnbereiche besser miteinander kommunizieren können. Diese Entwicklungen sind jedoch fließend, die Veränderung danach ist aber manchmal so deutlich, dass es den Eltern wie ein "Bocksprung" im Leben vorkommt.
Viele Mütter und Väter stehen vor einem Rätsel, wenn sich ihr Kind plötzlich ganz anders verhält als gewohnt - unentspannt, quengelig und reizbar. Oftmals ist das Verhalten auf einen Entwicklungssprung zurückzuführen. Im ersten Lebensjahr machen die Babys viele dieser "Neustrukturierungen" durch und entwickeln sich von einem hilflosen Säugling zu einem neugierigen, aufgeweckten Kleinkind. Das ist manchmal eine Herausforderung für Eltern und Kinder zugleich.
Woran können Eltern einen Entwicklungsschub erkennen?
Wenn Kinder eine neue Fähigkeit erlernt haben, Eindrücke anders wahrnehmen und Zusammenhänge begreifen, dann kann das überwältigend sein. Und das beeinflusst wiederum das gesamte Verhalten des Kindes über einen bestimmten Zeitraum.
Doch wie bei Erwachsenen gibt es auch Kinder, die ein entspanntes Gemüt haben und auf Veränderungen sehr moderat reagieren. Und eben auch Kinder mit geringerer Stresstoleranz und hoher Affektivität.
In vielen Fällen sind diese Anzeichen in unterschiedlichem Ausmaß bei Kindern während eines Entwicklungsschubes zu beobachten:
Einige Babys schlafen weniger, schlechter oder unruhiger, andere schlafen viel mehr als sonst
Viele Babys sind anhänglicher und wollen ständig getragen werden
Einige Babys haben starke Stimmungsschwankungen
Reduzierter Hunger oder gesteigerter Appetit begleiten häufig einen Entwicklungsschub
Viele Babys versuchen den Stress durch Dauernuckeln zu reduzieren
Manche Babys fremdeln erneut für einige Tage
1. Entwicklungsschub ab der 5. Lebenswoche
In dieser Zeit beginnen die Babys die Welt anders wahrzunehmen. Das liegt daran, dass die Wachphasen nun länger sind und die Kinder mehr Eindrücke sammeln können. Viele Babys beginnen in diesem Zeitraum, die Umgebung interessiert zu beobachten und nehmen Gerüche und Geräusche bewusster wahr. Darüber hinaus wird das Sehen schärfer und die Babys erkennen nun auch Farben. Des Weiteren sind die Sinneszellen in der Haut empfindlicher, sodass Babys auch taktile Wahrnehmungen deutlich bewusster erfassen.
Zudem können Kinder etwa ab der 5. Lebenswoche auch selbständig Geräusche produzieren, sie glucksen vor sich hin, wenn es ihnen gut geht. Babys zeigen nun aber auch durch Strecken und Weinen, wenn ihnen etwas nicht bekommt.
2. Entwicklungsschub ab der 8. Lebenswoche
Die Sinne werden nun noch einmal geschärft, was schnell zu Überforderung bei den Babys führen kann. Denn die vielen neuen Eindrücke müssen erst einmal verarbeitet werden. Gleichzeitig erkennen die Kinder aber auch, dass sie den Kopf in verschiedene Richtungen drehen und so aktiv etwas gegen Langeweile unternehmen können.
Zudem entdecken viele Kinder in dieser Phase ihre Hände und Finger, welche sie aufgrund der intensiveren Sinneswahrnehmung auch zur Beruhigung nutzen.
Die meisten Babys beginnen in dieser Zeit zu fremdeln. Nur die Personen mit dem vertrauten Geruch, der bekannten Stimme und dem unverkennbaren Aussehen vermögen es, die notwendige Nähe und Geborgenheit zu vermitteln.
3. Entwicklungsschub ab der 12. Lebenswoche
Babys beginnen nun langsam den Unterschied von spontanem Verhalten und fließenden Zusammenhängen zu erkennen. Das sorgt einerseits für gute Laune, andererseits aber auch für Überforderung oder Frustration.
Zudem werden die Bewegungen der Kinder immer kontrollierter und gezielter. So sind sie in der Lage, bewusst gegen Gegenstände zu schlagen oder treten, um diese in Bewegung zu setzen. Allerdings ist die Koordination noch nicht vollständig ausgereift.
Ab der 12. Lebenswoche ist die Stimme ein Highlight. Babys lernen nun, dass sie laute und leise, hohe und tiefe Töne erzeugen können - und tun dies auch gerne den ganzen Tag lang.
4. Entwicklungsschub ab der 19. Lebenswoche
Kinder im vierten Entwicklungsschub lernen, dass mehrere Handlungen zu einer Gesamtaktivität gehören. Das bedeutet, dass alltägliche Dinge für die Kleinen zu einem echten Abenteuer werden. Allein das Beobachten von Familienmitgliedern oder Haustieren kann ihnen das größte Vergnügen bereiten. Zudem lernen die Babys, dass sie selbst auch Handlungen ausführen können und versuchen sich im Greifen, Werfen, Schütteln, Dinge in den Mund stecken, Schlagen und Treten.
Einige Kinder probieren zudem, sich vom Rücken in die Seitenlage oder auf den Bauch zu drehen, auch das ist eine Abfolge mehrerer Handlungen zu einer Gesamtaktivität. Das bedeutet aber auch, dass die Welt plötzlich ganz anders aussieht als sonst. Und das kann manchmal auch zu spannend für die Kleinen sein.
Die Sprachentwicklung macht einen deutlichen Sprung. Während bis zum vierten Entwicklungsschub hauptsächlich einzelne Töne erzeugt wurden, werden diese nun in einer Art Abfolge reproduziert. Oftmals klingt es, als würden Babys ganze Geschichten erzählen. Auch die Art der Laute verändert sich, weil die Mundmuskeln nun noch mehr Bewegung ermöglichen.
5. Entwicklungsschub ab der 26. Lebenswoche
In der Zeit des fünften Entwicklungsschubes haben viele Babys eine sehr intensive "Fremdelphase". Nicht nur Großeltern, Nachbarn oder Freunde werden panisch angeschrien, auch der nicht permanent anwesende Elternteil wird manchmal zum Fremden. Oftmals genügt ein Blick oder eine kurze Anrede und die Kinder weinen völlig aufgelöst. Das liegt daran, dass die Babys ab dem 6. Monat die räumliche Distanz erkennen. Sie verstehen, dass sich vertraute Personen nähern oder entfernen können, sie selbst jedoch dies machtlos ertragen müssen. Infolgedessen fühlen sie sich hilflos ausgeliefert und haben große Verlustängste.
Eine weitere, bahnbrechende Erkenntnis des fünften Entwicklungsschubes ist die Reihenfolge. So lernen Babys, dass eine Handlung eine andere aktivieren kann. Dadurch werden nicht nur bestimmte Spielzeuge attraktiv, auch das Erzeugen von Tönen und das Befördern von Gegenständen wird zum Reiz.
Zudem entdecken sie die Welt mit dem Mund, da hier besonders viele Sinneszellen aktiv sind. Es gibt keinen Gegenstand, der nicht von den Babys in den Mund geführt und dort untersucht wird.
6. Entwicklungsschub ab der 37. Lebenswoche
Babys in diesem Alter verstehen, dass es Kategorien gibt. Um aber alle Lebewesen und Gegenstände einordnen zu können, wollen sie diese auch kennenlernen - mit den Augen, den Händen, der Zunge, den Ohren und der Nase. Der schier unstillbare Forscherdrang ist geweckt. Das kann manchmal sogar gefährlich werden, deshalb müssen Eltern ein gutes Maß finden zwischen Entdeckerfreiheit zulassen und Grenzen setzen.
Genauso wie beim eigenen Willen. Wenn Aktivitäten zum "falschen" Zeitpunkt geschehen, können die Kinder ab diesem Alter das auch lautstark kund tun. Selbstbestimmung und Autonomie beginnt mit dem sechsten Entwicklungsschub, ebenso aber die zeitweilige Begrenzung der Freiheit.
7. Entwicklungsschub ab der 46. Lebenswoche
Dieser Schub ist einer der längsten - kein Wunder, denn die Kinder beginnen, logisch zu denken. So ordnen, stapeln, kategorisieren, sortieren sie den lieben langen Tag. Zudem ahmen sie immer mehr die Bezugspersonen in ihrem Handeln nach. Das alles können sie deshalb, weil sie verstanden haben, dass bestimmte Reihenfolgen eingehalten werden müssen, um zum Ziel zu gelangen. Ob Hütchen aufeinander stapeln, Dinge in Schränke einräumen oder Löffel in den Mund stecken - alles muss logisch ablaufen, nur dann sind die Kinder zufrieden.
Außerdem werden Kinder mit 10 Monaten richtig aktiv. Sie versuchen deshalb, über Dinge zu klettern, sich horizontal entlang zu hangeln oder unter etwas hindurch zu kriechen. Nicht umsonst passieren in diesem Alter bereits einige schwere Unfälle, weil Babys mit dem Kopf zuerst in alle Richtungen möchten.
8. Entwicklungsschub ab der 55. Lebenswoche
Die Babys haben ihren ersten Geburtstag gefeiert und sind somit offiziell Kleinkinder. Und diese haben einen eigenen Willen, den sie bewusst und meist lautstark durchsetzen. Leider ist das Verständnis vonseiten der Eltern noch eingeschränkt, sodass es nicht selten zu kindlichen Wutanfällen kommt.
Eines der größten Erkenntnisse des achten Meilensteins ist die Veränderung der Reihenfolgen. Das bedeutet, dass die Kleinen fortan alles in Frage stellen, denn sie müssen testen, ob eine veränderte Reihenfolge zum gleichen Ergebnis führt. Und so wird für die Eltern die alltäglichste Aktivität zur echten Herausforderung.
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Was brauchen Kinder während eines Entwicklungsschubes?
Das Wichtigste ist die Nähe zu den Bezugspersonen. Diese gibt den Kindern während der Umbruchphasen Halt, Orientierung und Sicherheit. Nähe kann körperlich sein, zum Beispiel durch Tragen, Wiegen, im Tragetuch mitnehmen, Kuscheln, etc. aber auch emotional durch gemeinsame Zeit beim Spielen, Entdecken, Unterhalten, Toben und Erkunden.
Spielzeug ist ebenso unerlässlich wie wichtig. Denn mithilfe des richtigen Spielzeugs können die Kinder ihren Drang nach Erforschung stillen. Es muss gar kein teures Spielzeug sein, ein selbstgebasteltes Mobile, verschieden gefüllte Döschen, bunte Bälle oder diverse Kartons sind in den einzelnen Entwicklungsschüben der Renner. Später sind es alltägliche Gegenstände aus der Küche, der Werkstatt oder dem Garten, die das Herz der Kleinen höher schlagen lassen, weil sie ihre Vorbilder nachahmen können. Elterliche Kreativität ist besonders gefragt.
Fazit zum Thema Entwicklungsschübe
Entwicklungsschübe gibt es während der gesamten Kindheit und Adoleszenz. Doch in keinem anderen Alter passieren so viele Umbrüche wie in den ersten 14 Monaten. Während eines Entwicklungsschubes wird das Gehirn neu strukturiert und vernetzt, sodass die Kinder anschließend neue Fertigkeiten erlangt haben und verinnerlichen können. Das geht jedoch nicht immer reibungslos vonstatten. Vor allem bei Babys und Kleinkindern sind diese Entwicklungsschübe oft mit Schlafproblemen, Ängsten, weinerlichem Verhalten oder Trotzen verbunden. Doch mit Nähe, Verständnis, Geduld und ein wenig Kreativität meistern alle Eltern die Entwicklungsschübe ihrer Kinder und sind ihnen wichtige Wegbegleiter.
Quellen:
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Über die Autoren
Christian Gaisböck
Freier Redakteur mit den Schwerpunkten Mobilität für Autorevue Online, Trend.at sowie Musik, Pädagogik und Erziehung für News.at und mehrere Elternportale.
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Barbara Gaisböck
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