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Wie teuer ist Pflege?

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Nahaufnahme von den Händen einer alten Frau.

©Elke Mayr
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Mit der Abschaffung des Pflegeregresses ist es den Bundesländern seit Anfang 2018 untersagt, das Vermögen von Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen anzugreifen. Das gilt auch für das Vermögen von Angehörigen und Erben. Laut Sozialministerium sollen rund 40.000 Familien von dieser Abschaffung finanziell profitieren. Welche Kosten dennoch auf Pflegebedürftige und Angehörige zukommen.

Durch das bundesweite Pflegeregress-Aus entstehen rund 550 Millionen Euro an Mehrkosten für die Bundesländer, wie der Leiter des Zentrums für Verwaltungsforschung, Peter Biwald, errechnete. Bund und Länder stritten 2018 um die benötigten Gelder. Die Länder forderten mehr als die vom Bund gebotenen 100 Millionen Euro. Doch was bedeutet die Abschaffung des Regresses für Betroffene.

1. Wie teuer ist das staatliche Pflegeheim noch?

Kommen auf Angehörige bei der Pflege im staatlichen Heim keine zusätzlichen Kosten mehr zu? Diese Frage kann nicht klar verneint werden. Denn nur das Vermögen, nicht aber das Einkommen, ist von der Abschaffung des Pflegeregresses betroffen. In erster Linie zahlt der Pensionist selbst: 80 Prozent der Pension beziehungsweise des Einkommens und ein Großteil des Pflegegelds erhält das Heim. 20 Prozent der Pension samt Sonderzahlungen und 45,20 Euro vom Pflegegeld bleiben dem Heimbewohner im Monat zur freien Verfügung.

Reichen Pension/Einkommen und Pflegegeld zur vollen Abdeckung der Kosten des Pflegeheims nicht aus, wird der Restbetrag meistens aus Mitteln der Sozialhilfe beziehungsweise Mindestsicherung bezahlt. Die Bundesländer können sich dieses Geld allerdings durch Kostenersatzansprüche gegenüber Dritten zurückholen. Kinder können in Österreich nicht zum Ersatz der offenen Pflegeheimkosten für ihre Eltern herangezogen werden, Ehepartner aber sehr wohl. Die Kostenersatzansprüche gegen Dritte sind je nach Bundesland unterschiedlich geregelt:

In Wien holt sich der Sozialhilfeträger von Eheleuten und eingetragenen Partnern bis zu 30 Prozent des Einkommens - sofern ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch des Pflegebedürftigen gegen den Ehegatten besteht. Im Burgenland, Oberösterreich und Kärnten sind es zwischen 33 und 35 Prozent. In Tirol 33 Prozent, in Salzburg 35 bis 40 Prozent und in Vorarlberg sogar 40 Prozent. In Niederösterreich und der Steiermark besteht keine Ersatzpflicht für Ehepartner.

Häufig setzen sich die Gebühren für das Heim aus einem Grundbetrag und einem Zuschlag zusammen, der dem Ausmaß der Pflegebedürftigkeit - angelehnt an das Pflegegeld - entspricht. Die Kosten für einen Tag im Pflegeheim variieren nach Angaben des Thinktanks "Agenda Austria" je nach Bundesland stark: Zwischen 74 Euro in Tirol und 238 Euro in Wien. In Oberösterreich liegen die Kosten bei 111 Euro pro Tag, der österreichweite Durchschnitt liegt bei 127 Euro.

2. Welche Betreuungsangebote gibt es?

Insgesamt gibt es grob fünf Kategorien an Pflege- und Betreuungsangeboten:

  1. Stationären Pflegeeinrichtung: Die vollständige Betreuung erfolgt in einem Pflegeheim (in der Regel ist zumindest Pflegestufe 3 erforderlich). 2016 wurden laut Statistik Austria 74.710 Personen in stationären Einrichtungen mit finanzieller Unterstützung aus öffentlicher Hand betreut.

  2. Teilstationäre Pflege-und Betreuungsleistungen: Der Pflegebedürftige lebt in diesem Fall zu Hause und besucht eine Einrichtung, wie beispielsweise ein Tageszentrum. Statistisch extra erfasst wurden dabei Personen, die nur eine Kurzzeitpflege in stationären Einrichtungen in Anspruch nehmen. 2016 wurden 7.486 Personen auf diese Weise gepflegt.

  3. Mobile Pflege-und Betreuungsleistungen: Die Betreuung erfolgt in den eigenen vier Wänden, wobei eine mobile Pflegefachkraft zur betreuenden Person nach Hause kommt. 2016 wurden 147.037 Personen durch mobile Dienste versorgt.

  4. Alternativen Wohnformen: Das sind betreute Wohnprojekte für ältere beziehungsweise pflegebedürftige Menschen. 2016 lebten 11.856 Personen in alternativen Wohnformen.

  5. Pflegende Angehörige: Angehörige, die Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher im privaten Umfeld betreuen. Rund 80 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen in Österreich werden laut Sozialministerium von Angehörigen zuhause gepflegt.

Zusätzlich werden jährlich zahlreiche Pflegebedürftige und ihre Angehörige durch die sozialen Dienstleistungen des sogenannten Case- und Caremanagement unterstützt. Die Case-und Caremanager sollen vor allem durch die bürokratischen Abläufe führen und als Ansprechpartner fungieren. Sie sind zuständig für die Pflegeplanung und die Organisation der Pflegebetreuung unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse.

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3. Was kosten mobile Pflege und alternative Wohnformen?

In allen Bundesländern gibt es etliche private und öffentlich finanzierte mobile Pflegedienste, die den Pflegebedürftigen zuhause betreuen können. Angebote gibt es unter anderem von Organisationen wie der Volkshilfe, dem Hilfswerk, dem Roten Kreuz oder der Caritas. Die Höhe der Kosten richten sich nach der Art der Betreuung und variieren einigen Cent pro Stunde und 44 Euro. Miteinbezogen bei der Stundensatzberechnung wird zumeist auch das Einkommen des zu Pflegenden und das Pflegegeld. Das Angebot reicht dabei von Hilfe bei der
Verrichtung alltäglicher Erledigungen, über die Hauskrankenpflege bis hin zur 24-Stunden-Betreuung durch geschultes Fachpersonal.

Der Großteil der pflegebedürftigen Personen, die eine mobile Pflege wählen, haben auch Anspruch auf Pflegegeld. In bestimmten Fällen gibt es bei der Hauskrankenpflege einen Zuschuss von der Krankenkasse. Daneben gibt es noch zusätzliche finanzielle Förderungen, die vom abhängig vom Einkommen des Betroffenen, der Pflegestufe und den Mietkosten abhängig sind. Der Zuschuss für eine 24-Stunden- Betreuung liegt beispielsweise zwischen 275 Euro und 1.100 Euro pro Monat. Voraussetzung sind zumindest Pflegestufe 3 und eine Einkommensgrenze von 2.500 Euro netto monatlich. Für jeden unterhaltsberechtigten Angehörigen erhöht sich die Einkommensgrenze.

Teilweise schütten die einzelnen Bundesländer in bestimmten Fällen noch Zuschüsse aus Sozialhilfemitteln aus.

84 Prozent der Pflegebedürftigen, die sich für eine alternative Wohnform entscheiden, leben in Wien. Förderungen wie Pflegegeld oder weitere Zuschüsse sind auch hier möglich. Öffentlich betreute Einrichtungen, wie die "Häuser zum Leben" der Stadt Wien, werden wie stationäre Pflegeeinrichtungen über die Pension (beziehungsweise das Einkommen) des zu Pflegenden und das Pflegegeld finanziert. Deckt das die Kosten nicht ab, gibt es noch die Möglichkeit bestimmter Förderungen, beispielsweise in Wien durch den "Fonds Soziales Wien".

4. Welche Ausgaben haben Bund, Länder und Gemeinden?

Das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) hat jüngst erhoben, was die Pflege der öffentlichen Hand kostet. Auch unabhängig vom Wegfall des Pflegeregresses in Heimen stellt die künftige Pflegefinanzierung laut KDZ eine finanzielle Herausforderung dar. Unter anderem orten die Finanzexperten eine Verschiebung der Finanzierung hin zur Gemeindeebene: Während die Ausgaben für das Pflegegeld seit 2012 relativ stabil geblieben sind, ist es bei der 24-Stunden-Betreuung zu einer Steigerung von 70 Prozent gekommen. Der Bereich der Pflegedienstleistungen stieg um 17 Prozent, die Sozialhilfeausgaben der Gemeinden sind um 23 Prozent gewachsen.

Je nach Bundesland sind die Betreuungsformen unterschiedlich stark ausgeprägt: Stationäre Dienste sind nach Unterlagen der Pflegedienstleistungsstatistik am stärksten in Kärnten und der Steiermark ausgebaut, die mobilen Dienste in Vorarlberg und Wien. Das Angebot an teilstationären Tagesbetreuungen greift vor allem in Salzburg, Vorarlberg und Wien. Alternative Wohnformen sind besonders in Wien stark vertreten, werden aber auch in Oberösterreich und der Steiermark genutzt.

Nach Angaben des KDZ ist die Finanzierung der Pflege durch einen "hohen Komplexitätsgrad und eine starke Verflechtung zwischen den Gebietskörperschaftsebenen" gekennzeichnet: Die Hauptausgaben des Bundes sind die Pflegegelder mit rund 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2016, die wiederum von Ländern und Gemeinden mit 372 Millionen Euro ko-finanziert werden. Für stationäre, teilstationäre und mobile Pflegedienstleistungen geben die Länder rund 1,9 Milliarden Euro aus, ko-finanziert durch die Gemeinden mit 783 Millionen Euro. Zusätzlich fließen die Mittel aus dem Pflegefonds ein, der gemeinsam von Bund, Ländern und Gemeinden gespeist wird. Dazu kommen 151 Millionen Euro für die 24-Stunden-Betreuung, die von Bund und Ländern gemeinsam bezahlt wird.

Insgesamt ergibt das ein Netto-Belastung der öffentlichen Hand von fast 4,7 Millarden Euro. Die höchsten Netto-Ausgaben trägt der Bund mit rund 2,5 Milliarden Euro (54,3 Prozent). Von den Ländern werden rund 1,2 Milliarden Euro (25,4 Prozent) und von den Gemeinden 951 Millionen Euro (20,3 Prozent) finanziert.

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Um die Finanzierung in Zukunft zu stemmen, sieht der KDZ dringenden Reformbedarf: So sollen die mobilen Pflege, die teilstationäre Pflege und alternative Wohnformen gestärkt werden. Weiters werden eine Reform des Finanzierungskonzeptes (Zusammenführung der
Finanzierungs- und Aufgabenverantwortung), eine enge Kooperation aller betroffenen Gebietskörperschaften und gebietskörperschaftsübergreifende Strategien und Konzepte angeraten.

5. Welche Förderungen erhalten pflegende Angehörige?

Rund 80 Prozent der pflegebedürftigen Österreicher werden zu Hause durch Angehörige gepflegt, großteils leisten Frauen diese Arbeit. Eine reine professionelle Betreuung könnte sich der Staat gar nicht leisten. Pflegende Angehörige haben daher einige Möglichkeiten an finanzieller Unterstützung: Pflegekarenz, Pflegeteilzeit und das Pflegekarenzgeld wurden mit 1. Jänner 2014 eingeführt. Die Mindestdauer beträgt einen Monat, die Maximaldauer drei Monate. Voraussetzung dafür ist zumindest eine beantragte Pflegestufe 3. Ausgenommen sind an Demenz erkrankte Menschen, eine Pflegekarenz ist in diesem Fall genügt die Pflegegeldstufe 1. Das Pflegekarenzgeld orientiert sich an der Höhe des Arbeitslosengelds und man ist kranken-und pensionsversichert.

Wenn sich die Hauptpflegepersonen aufgrund eines Urlaubs oder einer Erkrankung vorübergehend nicht um den Pflegebedürftigen kümmern können und sich durch eine professionelle Kraft vertreten lassen, unterstützt der Staat das finanziell: Jährlich sind Beträge zwischen 1.200 Euro und 2.200 Euro möglich. Das monatliche Netto-Gesamteinkommen des pflegenden Angehörigen darf 2.000 Euro (bei Pflegegeldstufe 1–5) oder 2.500 Euro (bei Pflegegeldstufe 6–7) nicht übersteigen.

Außerdem greifen Maßnahmen wie eine begünstigte oder kostenfreie Pensionsversicherung von pflegenden Angehörigen, die beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung und die unbezahlte Familienhospizkarenz. Letztere existiert seit Juli 2002 für unselbstständig erwerbstätige Angehörige und dient dazu, sterbende nahe Verwandte (für maximal 6 Monate) und schwerstkranke Kinder (für maximal 9 Monate) zu begleiten. Dazu kann die Arbeitszeit herabgesetzt, geändert oder eine Freistellung von der Arbeitsleistung gegen Entfall des Entgelts geltend gemacht werden.

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Trotz aller Förderungen und finanzieller Unterstützungen können auf Angehörige immer noch einige Kosten zukommen - von teuren privaten Betreuungsmöglichkeiten einmal abgesehen. Laut einem Bericht der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) 2017 zur Lage von erwerbstätigen pflegenden Angehörigen in Österreich bleibt die Frage offen, "mit welchen individuellen Kosten die Betreuung und Pflege für pflegenden Angehörige verbunden ist, wenn sie aufgrund mangelnder Vereinbarkeit die Erwerbstätigkeit einschränken oder sogar aufgeben müssen." Bisher gibt es zu dazu kaum Untersuchungen.

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