In Österreich gibt es einen – sehr hohen – Gender Pensions Gap von 38 Prozent. Frauen sind also im Alter stark benachteiligt. Was können sie in Sachen Vorsorge besser machen?
Gabi Kreindl: Frauen sollten das Thema keinesfalls Aufschieben oder Wegschauen, sondern das Ruder selbst in die Hand nehmen. Jede Lebenssituation ist anders, in Sachen Vorsorge muss individuell vorgegangen werden. Wir haben zur Unterstützung zum Thema Pensionsvorsorge im letzten Jahr einen Ratgeber, den Konsument Pensionsplaner und ein Online-Tool, den Konsument Pensionsrechner entwickelt. Wichtig ist, die – finanzielle – Gesamtsituation zum Zeitpunkt des Pensionsantritts zu bedenken. In unserem Rechner wird abgebildet, was aus allen drei Vorsorgesäulen, der gesetzlichen, der betrieblichen und der privaten Pensionsvorsorge im konkreten Fall zu erwarten ist. Dem gegenüber stehen die Haushaltskosten. Auf einen Blick erhält frau hier einen Überblick über die eigene Situation.
Müssen Frauen in der Altersvorsorge prinzipiell anders vorgehen als Männer?
Prinzipiell nein. Frauen verdienen aber weniger, kümmern sich meist um die Kinder und arbeiten oft in Teilzeit. Das bringt deutliche Nachteile am Pensionskonto. Wichtig ist, die eigenen Ansprüche zu kennen und auch die Möglichkeiten nach Verbesserung abzuchecken. Nicht immer ist eine weitere Reduktion der Arbeitszeit notwendig, vielleicht lassen sich die Beiträge aufs Pensionskonto mit einer Arbeitszeitverlegung aufrecht halten. Aber auch partnerschaftliche Überlegungen sind wichtig. Ausgaben und Kosten sollen gut geplant und in der Partnerschaft gerecht verteilt werden. Vorsorge ist ein gemeinsames Projekt und soll vor allem dann zum Thema gemacht werden, wenn es Kinder gibt.
Frauen haben in der Regel auch schon während ihrer Berufstätigkeit weniger Geld zur Verfügung als Männer. Wie können sie es schaffen, dennoch Geld für die Altersvorsorge beiseite zu legen?
Auch kleine, regelmäßige Sparraten über einen längeren Zeitraum zahlen sich aus. Nicht alle Geldgeschenke gleich in neue Anschaffungen investieren, sondern auch einen Teil davon ansparen – sofern das möglich ist. Für den Finanzplan gilt grundsätzlich: Neben einem jederzeit verfügbaren Notgroschen für Unvorhergesehenes sollte langfristig geplant werden – und auch da sollte in Partnerschaften ein Ausgleich stattfinden, wenn Frauen daheim bei den Kindern bleiben und so auf Einkommen und Einzahlungen auf ihr Pensionskonto verzichten.
Welchen Betrag sollte man mindestens wegsparen können im Monat, damit er überhaupt etwas bringt?
Beim Ansparen gibt es keine Mindestsumme. Alles, was nicht gebraucht wird und über eine Notallreserve hinausgeht, kann langfristig veranlagt werden. Je nach Anlagetyp und Zeithorizont mehr oder weniger sicherheitsorientiert.
Ab wann sollte Frau (spätestens) mit einer privaten Altersvorsorge anfangen? Ist es irgendwann auch zu spät dafür?
Je früher, desto besser und nein, zu spät ist es nie. Wer früher beginnt, kann über einen längeren Zeitraum vielleicht auch risikofreudiger investieren und bessere Erträge erwirtschaften. Beim Risiko ist allerdings auch Vorsicht geboten. Frau sollte die Veranlagungsform jedenfalls verstehen und auch noch gut schlafen können.
Bieten Versicherungen auch spezielle Angebote für Frauen an? Können Sie hier etwas empfehlen?
Es gibt immer wieder Angebote „speziell für Frauen“. Das ist meist eine Marketingsache. Bei der Pensionsvorsorge ist das Durchhalten wichtig, drum sollte der laufende Beitrag auch so gewählt werden, dass er langfristig leistbar ist. Ein häufiger Wechsel kostet zusätzlich. Bei langfristigen Vorsorgeprodukten ist der Kostenaspekt immens wichtig. Wenn gleich alle Kosten zu Beginn der Laufzeit abgezogen werden und möglicherweise die laufenden Kosten auch hoch sind, haben Produkte oft gar keine Chance, einen Ertrag zu erzielen.
Frauen sind in Finanzdingen oft unsicher, beschäftigen sich nicht gerne damit. Wie vermeidet man es, über den Tisch gezogen zu werden? Gibt es unabhängige Beratungsstellen?
Beratung und Information sind wichtig. Unabhängige Beraterinnen und Berater sollten ein breiteres Spektrum an Angeboten haben als die Bankberater der Hausbank, die ja lediglich die Produkte des eigenen Unternehmens anbieten können. Wir machen die Erfahrung, dass Frauen sehr wohl Interesse an Finanzdingen haben. Es gibt mittlerweile auch Beraterinnen, die sich auf die Anliegen der Frauen spezialisiert haben.
Ist die Tatsache, dass sich Frauen oft nicht darum kümmern, Ihrer Meinung nach, eigentlich fahrlässig?
Oft liegt es an der Mehrfachbelastung der Frauen und keineswegs an Fahrlässigkeit. Die Motivation, sich darum zu kümmern, ist wichtig und macht sich in den allermeisten Fällen dann auch bezahlt.
Raten Sie Frauen, die sich vermehrt um die Kinder gekümmert haben, auch zum Pensionssplitting?
Pensionssplitting kann für Frauen sinnvoll sein, ist aber nur ein kleiner Beitrag. Beim Pensionssplitting teilen sich die Eltern die Pensionsgutschriften auf dem Pensionskonto. Der erwerbstätige Elternteil kann dem Elternteil zu Hause bis zu 50 Prozent seiner pro Jahr erworbenen Teilgutschriften übertragen. Aktuell wird das Pensionssplitting sehr wenig in Anspruch genommen und hat auch Nachteile. Vor allem dann, wenn die Pension trotz des möglichen Splittings noch unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz liegt, ist damit nichts gewonnen (sondern für den Partner verloren). Und: die bessere Absicherung der Frauen ist wiederum vom Partner abhängig.
Sollte das Pensionssplitting, wie geplant, einmal automatisiert werden: Wird das viele Frauen aus der Altersarmut retten? Oder genügt das nicht?
Nein, das Pensionssplitting wird Frauen nicht aus der Altersarmut retten. Zudem macht es Frauen abhängiger vom Partner. Frauen sollten finanziell unabhängig vom Partner sein. Die von Frauen geleistete Versorgungsarbeit sowohl für Kinder als auch in der Pflege sollte besser berücksichtigt werden.
Wieviel Prozent seines Einkommens muss man im Durchschnitt zurücklegen, um im Alter den gewohnten Lebensstil erhalten zu können? Gibt es hier so etwas wie eine Faustregel?
Ich kenne hier keine Faustregel. Ausschlaggebend ist die individuelle Situation. Manchmal hilft auch die Überlegung, welche Kosten sich in der Pension verändern. Oft fallen größere Posten wie zum Beispiel für eine Kreditrückzahlung oder die Ausbildung der Kinder dann weg.
Der wichtigste Tipp, den Sie Frauen mitgeben können, um im Alter gut versorgt zu sein?
Sich darum kümmern, denn wegschauen hilft nicht!