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So kann eine Stadt im (Spät-)Sommer auch aussehen: Im Hafen paddeln Kinder, vereinzelte Schwimmer sind ebenfalls sehen. Sie konnten der Versuchung nicht widerstehen, obwohl das Baden außerhalb der vorgesehenen Bäder eigentlich nicht vorgesehen ist. Aber wenn das Wasser so klar ist und die Sonne gar so stark herunterbrennt ... Auf breiten Bahnen, vom Rest der Straße gut getrennt, bewegt sich gefühlt die halbe Stadt auf Fahrrädern fort. Lenker an Kotflügel, sozusagen. Über den Hafen führen mehrere Fahrradbrücken, eine der spektakulärsten, die Inderhavnsbroe, gleich im Zentrum, ist eine Art Zugbrücke. Wenn Schiffe durchfahren wollen, werden Teile der Brücke zurückgezogen, damit genug Platz ist. Ein spektakulärer Anblick.
Kopenhagen, die Hauptstadt Dänemarks, kennt man: Nyhavn, Strøget und die kleine Meerjungfrau. Hübsch, aber alt und alles schon einmal gesehen. Aber seit einiger Zeit gilt auch: Die 600.000-Einwohner-Stadt hat sich in eine moderne, höchst lebenswerte Metropole gewandelt, in der moderne Architektur und innovative Stadtplanung eine große Rolle spielen. Und das lässt sich besonders gut entlang des Hafens erkunden.
Kopenhagens revitalisierter Hafen
Bis in die 1980er-Jahre standen hier noch Container und Kräne. Dann gerieten viele hafenorientierte Industriezweige in die Krise. Seit den 90ern ist eine umfassende Umgestaltung des rund zehn Kilometer langen Gebiets, das mitten durch Kopenhagen hindurchführt, in Gang, inklusive hohe Investitionen in die Abwasseraufbereitung. Vier Wasserbuslinien verbinden die neuen Stadtteile heute miteinander, vom Meerbad Sluseholmen im Süden bis zum Orientkajen im nördlichen Stadtentwicklungsgebiet Nordhavn. Eine angenehme - und grüne - Art, die Stadt zu erkunden, denn die Wasserbusse fahren mit Strom. What else in der Welthauptstadt der nachhaltigen Stadtentwicklung.
Noch umweltfreundlicher ist es nur, die Stadt per pedes zu erkunden oder, noch besser, im Kopenhagen-Style mit dem Fahrrad. Achtung aber: Auf den Radwegen ist Tempo gefragt. Immer zügig weiterfahren und rechtzeitig die Hand heben, wenn man vorhat, stehenzubleiben.
Alt und Neu perfekt vereint
Einmal mit den Kopenhagener Verkehrsregeln vertraut gemacht, geht es Richtung innerer Hafen. Hier liegen gleich mehrere architektonische Landmarks dicht nebeneinander: Die königliche Bibliothek, "schwarzer Diamant" genannt, das Skuespilhuset, ein Theater, und die ebenfalls neu gebaute Oper von Kopenhagen. Letztere gleich gegenüber von Nyhavn, dem romantischen, alten Hafen, Motiv so vieler Kitsch-Postkarten. Ein reizvoller Kontrast. Alt und neu schließen einander in Kopenhagen nicht aus. Im Gegenteil. Hier die Touristen, die bei Bier und Smørrebrød in den Bars und Restaurants von Nyhavn sitzen, dort die vielen jungen Menschen, die auf ihren Rädern über die Inderhavsbroen brettern, Richtung Arbeit, Universität oder Freizeitvergnügen. Der neu gestaltete Hafen lebt, das ist offensichtlich.
Seine Umgestaltung warf aber auch Fragen der Gerechtigkeit auf. Auf Papirøen, der Papierinsel, die so heißt, weil hier früher Papier gelagert wurde, und gleich gegenüber von Nyhavn liegt, befanden sich bis vor wenigen Jahren ein Streetfood-Markt, ein experimentelles Wissenschafts-Museum und zahlreiche Designbüros. Ein kreativer, unregulierter Ort mitten in der Stadt. Jetzt werden dort teurere Wohnungen gebaut. Ist der Hafen für alle oder nur für die Reichen, die sich die exorbitanten Immobilienpreise leisten können? Es wäre nicht Dänemark, wenn die Entscheidung im Zweifelsfall nicht doch "für alle" fallen würden. Wenige Meter von Papirøen entfernt liegen die bisher teuersten Eigentumswohnungen Dänemarks. Moderne Architektur, Blick auf die Altstadt, alles sehr schick. Aber Bestrebungen der Eigentümer, das oft geräuschvolle öffentliche Leben am Hafen einzuschränken, wurde nicht nachgegeben.
Was Dänemarks Hauptstadt so besonders macht
Diese Orientierung an der Allgemeinheit macht die Stadt auch für Kopenhagen-Besucher reizvoll. Der großzügig gestaltete öffentliche Raum lädt zum Verweilen ein. Die Stadt als riesiges Freilichtmuseum für kreative und am Menschen orientierte Stadtplanung. Das Dänische Architektur Zentrum (DAC), ebenfalls am Hafen gelegen, zeigt in einer noch bis Februar laufenden Ausstellung, wie Architektur das (Alltags-)Leben der Kopenhagenerinnen und Kopenhagener verbessert. Einzelne dort vorgestellte Projekte können als selbst zu erkundende Ausflugsziele dienen: der Skt. Kjelds Plads zum Beispiel, eine frühere Betonwüste mitten in der Stadt, die entsiegelt und wild wuchernd bepflanzt wurde - nicht (nur) aus optischen Gründen, sondern damit Wasser wieder besser abrinnen kann. Bei der Umgestaltung des Enghave Plads im inzwischen gentrifizierten Problemviertel Vesterbro bezog man auch seine intensivsten Nutzer ein - die "Biertrinker", so heißt es in der Ausstellung, für die der Platz eine Art zweites Wohnzimmer darstellt.
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Skifahren auf Müll in Kopenhagen
Der Streetfoodmarkt musste weichen, er liegt nun weiter nördlich auf Refshaløen und ist ein guter Zwischenstopp auf dem Weg zu einer Kopenhagener Architektursensation, der sogar Österreichs Skistar Marcel Hirscher kürzlich einen Besuch abstattete: die Müllverbrennungsanlage Copenhill, die zugleich als Skipiste und Naherholungsgebiet mit sensationellem Ausblick über den Öresund dient. Hinauf geht es zu Fuß oder mit Aufzug, hinunter, wenn gewünscht, mit Ski über Kunststoffmatten (Eintritt und Aufzug sind kostenlos; eine Stunde Skifahren kostet ca. 20 Euro, es gibt einen Skiverleih). Er würde sich so eine "geniale Einrichtung" auch in Wien wünschen, kommentierte Hirscher seinen Ski-Trip auf Instagram. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Hoteptipp: NH Collection Copenhagen
Früher befand sich hier das Hauptquartier des Schiffbauunternehmens Burmeister &Wain. Kopenhagener nannten den Klotz am Hafen "Wüstenburg". Heute beherbergt das im modernistischen Stil errichtete Gebäude das NH Collection Copenhagen. Eröffnet wurde das Haus der Minor Hotel Group 2021 nach umfangreichen Renovierungsarbeiten, bei denen besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wurde. So werden die knapp 400 Zimmer nicht mit herkömmlichen Klimaanlagen, sondern mit Wasser aus dem Hafen gekühlt.
Die Werke der dänischen Künstlerin Anna Bak, die den Eingangsbereich zieren, erinnern an die nautische Geschichte des Hauses: Über dem Eingangsbereich spannt sich eine Skulptur, die halb an eine überdimensionale Fischgräte, halb an ein Schiffsgerippe erinnert, letzteres ist wohl die intendierte Interpretation. Auch sonst orientiert sich das NH Collection Copenhagen an seiner rund 70-jährigen Geschichte und ist in dezentem Mid-Century-Stil ausgestattet, der Lobbyund vor allem der helle, großzügige Frühstücksbereich bestechen mit geschmackvollem Nordic Clean. Tipp: Die Zimmer im obersten siebten Stock verfügen über vier Meter hohe Panoramafenster und bieten einen beeindruckenden Blick über die Dächer der Stadt.
Seit August befindet sich auf dem Dach die Rooftop-Bar ROOF, die von zwölf bis 24 Uhr Cocktails und Snacks serviert. Das Hotelrestaurant bietet von zwölf bis 22 Uhr klassische Gerichte mit modernem Twist. Demnächst eröffnet im Untergeschoß des Hotels direkt am Hafen ein weiteres Restaurant. Das Hotel verfügt auch über Fitnessraum und Valet-Parking und ist vom Kopenhagener Flughafen aus in ca. 20 Minuten mit der U-Bahn (Linie M2) zu erreichen. Gut zu wissen: Es stehen zahlreiche Mieträder zur Verfügung, mit denen sich Kopenhagen erkunden lässt.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 35/2023.