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Vegetarisch leben für die Umwelt: Was weniger Fleischkonsum bewirkt

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Der weltweite Fleischkonsum hat sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Den Preis dafür zahlt nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch die Umwelt. Wie der Verzehr von Fleisch das Klima belastet, welche Menge an CO2 Vegetarier:innen und Veganer:innen einsparen und wie Fleischkonsum im Sinne der Nachhaltigkeit möglich ist.

Wie viel Fleisch wird in Österreich gegessen?

In Österreich werden laut einer auf "Statista" veröffentlichten Statistik durchschnittlich 59 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr verdrückt. Damit liegt die Alpenrepublik im europäischen Spitzenfeld. Mit 34,2 Kilogramm kommt Schweinefleisch am häufigsten auf den Teller. Der Konsum von Geflügel liegt bei 12,9 Kilogramm, knapp gefolgt von Rind- und Kalbfleisch. Von diesem verzehren wir rund 10,4 Kilogramm jährlich. 1,6 Kilogramm entfallen auf andere Tierarten und Innereien. Männer essen - über alle Altersgruppen hinweg - mehr Fleisch- und Wurstprodukte als Frauen.

Während sich der weltweite Fleischkonsum dem "Fleischatlas 2021" zufolge in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt hat - 2018 lag er bei 320 Millionen Tonnen jährlich -, ist hierzulande ein gegenläufiger Trend zu beobachten. Ein Grund für den sinkenden Fleischkonsum in Österreich dürfte, so "Statista", das wachsende Bewusstsein für Umwelt- und Tierschutz sein. Bei einer Umfrage gaben immerhin 41 Prozent der Österreicher:innen an zu versuchen, ihren Fleischkonsum zu drosseln. Sowohl die in der Tierhaltung herrschenden Umstände als auch gesundheitliche Aspekte und körperliches Wohlbefinden spielen hierbei eine Rolle.

Fleischkonsum und Klimawandel: Wie hängt das zusammen?

Dass Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen mit dem Ausstoß von Methan das Klima belasten, dürfte mittlerweile bekannt sein. Die Problematik, die die Produktion und damit auch der Konsum von Fleisch mit sich bringen, ist aber deutlich weitreichender und komplexer. Ein Überblick.

Treibhausgase

Laut UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) war die Viehzucht 2013 für 14,5 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Rund 45 Prozent davon stammen aus der Produktion und Verarbeitung von Futtermitteln, 39 Prozent werden beim tierischen Verdauungsprozess freigesetzt und 10 Prozent entstehen bei der Lagerung und Verarbeitung von Dung. Je mehr Futterpflanzen wiederum angebaut werden, desto höher der Einsatz von Düngemitteln. Stickstoffdünger gilt dabei als besonders schädlich. Ein Teil davon wird in Lachgas umgewandelt, das das Klima dem deutschen Umweltbundesamt zufolge 300 Mal so stark belastet wie Kohlendioxid (CO2).

Dann wäre da natürlich die Lieferkette. Gemeinsam mit den Nutztieren selbst sorgt sie laut "Fleischatlas 2021" für 90 Prozent der von den Fleischproduzenten erzeugten Emissionen, die im Übrigen nicht offiziell dokumentiert werden müssen. Nicht zuletzt ist in puncto Treibhausgase auch die Entwässerung von Mooren zu nennen. Moore speichern große Mengen an Kohlenstoff. Wird der Wasserstand abgesenkt, so dringt Luft in den Torfboden. Der Kohlenstoff oxidiert und belastet in Form von Kohlendioxid das Klima. Genutzt werden die entwässerten Moore meist für den Futteranbau.

Abholzung

Weltweit gibt es laut "Our World in Data" 104 Millionen Quadratkilometer bewohnbares Land. Davon werden rund 40 Millionen Quadratkilometer für die Fleisch- und Molkereiproduktion genutzt. Tendenz steigend. Je mehr Fleisch wir essen, desto höher der Bedarf an Futtermitteln, die schließlich auch irgendwo angebaut werden müssen. Der 2021 erschienenen UN-Studie "Food System Impacts on Biodiversity Loss" zufolge beansprucht die Viehzucht weltweit mittlerweile 78 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Am häufigsten verfüttert wird Mais. Am zweithäufigsten auf dem Speiseplan der Nutztiere stehen Ölsaaten, darunter Soja. So landen rund 90 Prozent der Sojaernte in den Futtertrögen. Der Großteil davon kommt aus Brasilien, den USA und Argentinien, wo Wald und Grasland zusehends Sojafeldern weichen müssen. Allein von 1999 bis 2019 sind die Anbauflächen von 77 auf 125 Millionen Hektar gewachsen. Damit steht der Sojaanbau - gleich nach der Viehwirtschaft selbst - an zweiter Stelle der Verursacher von Abholzung weltweit.

Wasserknappheit

Dem "Fleischatlas 2021" zufolge werden für die Produktion eines Kilogramms Rindfleisch gut 15.400 Liter Trinkwasser benötigt. Bei Schaf- oder Ziegenfleisch sind es knapp 9.000, bei Schweinefleisch 6.000 und bei Geflügel 4.300 Liter Wasser. Die Menge an verfügbarem Süßwasser, das in die Landwirtschaft fließt, hat sich in den letzten 50 Jahren verdreifacht und liegt heute - je nach Studie - bei 70 bis 92 Prozent. Die Folge sind sinkende Grundwasserspiegel, was wiederum zu einem Rückgang von Trinkwasser führt. Fast ein Drittel des in der Landwirtschaft verwendeten Wassers wird für die Tierproduktion genutzt.

Umweltgifte

Seit 1990 hat sich die Menge eingesetzter Pestizide weltweit verdoppelt. Heute beläuft sie sich auf über vier Millionen Tonnen pro Jahr. Wobei es sich hier lediglich um den Wirkstoff an sich handelt. Dieser wird mit weiteren Chemikalien sowie Wasser vermengt, um die Wirkung zu verbessern und die Handhabung zu erleichtern. Eine wesentliche Triebfeder des wachsenden Pestizideinsatzes ist der steigende Fleischkonsum. Je mehr Fleisch auf unseren Tellern landet, desto mehr Futterpflanzen müssen angebaut werden. Und damit diese wachsen und gedeihen, spart man mancherorts nicht an Umweltgiften.

Zwar blieb die Menge eingesetzter Pestizide in vielen Ländern der EU während der letzten 30 Jahre konstant, dafür wuchs sie in anderen Teilen der Welt umso stärker. Am höchsten ist der Verbrauch in den USA, in Brasilien und Argentinien - jenen Ländern, die auch in puncto Sojaanbau die Nase vorn haben. In Brasilien etwa fließt mehr als die Hälfte der Pestizide in ebendiesen. Während sich hier die Sojaproduktion seit 1990 versechsfacht hat, hat sich der Pestizidverbrauch verneunfacht. Die drei besagten Länder liegen übrigens auch beim Einsatz von Herbiziden an der Spitze: Zusammen verbrauchen sie knapp 70 Prozent der Unkrautvernichtungsmittel weltweit.

Wie viel Fleisch ist noch in Ordnung?

Das österreichische Gesundheitsministerium empfiehlt einen Fleischkonsum von maximal 300 bis 450 Gramm Fleisch oder Wurstwaren pro Woche. Aufs Jahr gerechnet sind das 15,6 bis 23,4 Kilogramm. Noch niedriger die Menge, zu der in puncto Nachhaltigkeit geraten wird. Klimawissenschaftlichen Empfehlungen zufolge sollte der jährliche Fleischkonsum nicht höher als 15 Kilogramm pro Kopf betragen. Tatsächlich verdrücken Herr und Frau Österreicher pro Jahr rund 60 Kilo und damit in jeglicher Hinsicht zu viel Fleisch.

Nun konsumiert man natürlich nicht allerorts gleich viel Fleisch. Während die USA und Australien mit rund 100 Kilogramm Fleisch pro Jahr und Nase ungeschlagene Spitzenreiter sind, lag der Fleischverbrauch etwa in Indien oder Bangladesch 2017 weit unter 10 Kilogramm jährlich. Um dem Klima nicht weiter zuzusetzen, müsse sich laut "Fleischatlas 2021" der Fleischkonsum in den Industrieländern halbieren.

Worauf sollte man beim Kauf von Fleisch achten?

Die Devise lautet: Qualität vor Quantität. Beim Kauf regionaler Produkte entfallen die durch lange Transportwege erzeugten CO2-Emissionen. Fleisch aus Weidehaltung wiederum hinterlässt einen kleineren Wasserfußabdruck als Fleisch aus industrieller Haltung. Das liegt daran, dass allein schon in die Erzeugung der Futtermittel immense Mengen an Wasser fließen. Ganz zu schweigen von der Umweltbelastung durch den Einsatz von Pestiziden und Herbiziden sowie den enormen Bedarf an Anbaufläche.

Ebenso einen wesentlichen Beitrag in Sachen Nachhaltigkeit leisten kann, wer Bio-Produkte konsumiert. Laut der Studie "Die Auswirkungen einer Reduktion des Fleischkonsums auf Tierhaltung, Tierwohl und Klima in Österreich" könnten 41 Prozent an Treibhausgasen eingespart werden, wenn man den Fleischkonsum um zwei Drittel reduziert und dabei zu 100 Prozent auf Bio setzt. Vegetarier, die sich ausschließlich von Bio-Produkten ernähren, tragen sogar zu einer Reduktion der Treibhausgase in der Höhe von 57 Prozent bei.

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Wie viel CO2 spart man, wenn man vegetarisch isst?

Der hohe Fleischkonsum ist der Haupttreiber unter anderem für die Regenwaldabholzung, die sinkende Süßwasserverfügbarkeit und die steigenden Treibhausgasemissionen, so der Ernährungsökologe Martin Schlatzer. Im Zuge oben genannter Studie kam er zu dem Schluss, dass wir, würden wir zwei Drittel weniger Fleisch essen, rund 28 Prozent der Treibhausgase einsparen könnten. Bei einer vegetarischen Ernährung liegt das Einsparpotenzial bei 48 Prozent, bei einer veganen Ernährung gar bei 70 Prozent. Mit 76 Prozent das höchste Einsparpotential haben Veganer:innen, die sich ausschließlich von Bio-Produkten ernähren.

Fleisch essen und Klima schonen - wie geht das?

Wie gehen Fleischkonsum und Nachhaltigkeit zusammen? Die Devise lautet: Weniger ist mehr! Klimawissenschafter:innen empfehlen, den Konsum tierischer Produkte - allen voran von Fleisch und Fleischprodukten - bis 2050 zu halbieren. Stattdessen sollten mehr Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen auf den Teller kommen. Milch und Eier dienen dabei als wichtiger Nährstofflieferant, der, verglichen mit Fleisch, deutlich weniger negative Umwelteffekte hat. Bei der Reduktion des Fleischkonsums gefragt sind vor allem die Industrieländer.

Zudem sollten wir uns wieder darauf besinnen, sämtliche essbare Teile des Tieres zu verwerten, sprich auch Innereien zu essen. Und dann wäre da noch die Sache mit der Lebensmittelverschwendung: Studien zufolge landen in Europa bis zu elf Prozent der konsumierten Menge an Fleisch und Fleischprodukten im Mistkübel. Folglich sind wir gefordert, weniger wegzuwerfen. Wobei hier auch die Politik gefragt ist. Denn was nichts kostet - so ist es in den Köpfen vieler Konsumenten verankert -, ist auch nichts wert. Im Sine der Nachhaltigkeit gilt es also an der Preispolitik zu schrauben.

Passend dazu:

Experten fordern, die Preise von Fleisch und Fleischprodukten so anzupassen, dass sie die ökologischen und sozialen Kosten widerspiegeln, kurz: zu erhöhen. Im Gegenzug dazu sollen die Preise für Obst und Gemüse gesenkt werden. Wünschenswert wäre zudem ein Klimalabel auf den Produkten. Bereits in Kindergärten und Schulen müsse damit begonnen werden, ein Bewusstsein für klimafreundliche Ernährung zu schaffen. Außerdem sollte pflanzenbasierte Ernährung in Kindergärten, Schulen, Altersheimen und Krankenhäusern gefördert werden.

Nachhaltig leben

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