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Verlust mit "Figurella"

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Wo andere ihre überschüssigen Kilos loswerden wollten, büßte Monika O. ihren Angaben zufolge mehr als 1,7 Millionen Euro ein. Die Niederösterreicherin war viele Jahre lang Mitarbeiterin bei der Schlankheitsstudio- Kette „Figurella“. Als ihr ihre Chefin Rosa C. im Jahr 2000 anbot, einen Standort als selbstständige Studiobetreiberin zu übernehmen, erblickte sie darin die Chance, ähnlich erfolgreich und wohlhabend zu werden wie Rosa C. Sie entschloss sich, eine Filiale in Niederösterreich zu kaufen und als Franchise-Nehmerin unter dem prominenten Namen „Figurella“ weiterzuführen. Was sollte schon schiefgehen?

Monika O. war schon zuvor viele Jahre für das Unternehmen tätig gewesen und hatte als Gebietsleiterin Filialen mitaufgebaut – und gut etabliert. Nun hatte sie die einmalige Chance, ihre eigene Chefin zu werden. Und das Geschäft mit dem Abnehmen hat immer Hochkonjunktur. Die spezielle Methode, die bei „Figurella“ angewandt wird, soll Abnehmwilligen durch kombinierte Bewegungs- und Wärmetherapie dabei helfen, direkt an den Problemzonen abzuspecken.

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Rechtsanwältin Freygner brachteim Jänner 2013 Anzeige ein. © Michael Appelt

Geschäftseinbruch.
Wer hätte gedacht, dass die Methode selbst zur Problemzone werden könnte? Tatsächlich existierten bereits in den Neunziger-Jahren Gerichtsurteile, die der Methode ihre Wirksamkeit absprachen. Dies habe ihr Rosa C. vor dem Schritt in die Selbstständigkeit allerdings verheimlicht, so Frau O. Das böse Erwachen sei dann im Jahr 2010 gekommen: Nach einem von der Arbeiterkammer lancierten Musterverfahren wurde abermals vom Gericht eine Wirkungslosigkeit der „Figurella“-Methode attestiert. Anders als zehn Jahre zuvor habe dieses Urteil allerdings den Weg ins Internet gefunden, was weitreichende Folgen hatte. So stießen potentielle Kundinnen, die im Netz nach „Figurella“ suchten, unweigerlich auf den von der Arbeiterkammer veröffentlichten Gerichtsentscheid. Ein Geschäftseinbruch dramatischen Ausmaßes war die logische Folge. Leidtragend waren Franchise-Nehmerinnen wie Frau O., denen die Kunden wegblieben, die aber trotzdem
hohe Lizenz- und Werbegebühren an die Firmenzentrale abführen mussten.

„Kein Patent.“
In der Folge kam es zu einer weiteren bösen Überraschung. Monika O. berichtet: „Uns Franchise-Nehmerinnen wurde stets versichert, dass es sich um eine weltweit patentierte Methode handelt.“ Tatsächlich sei das spezielle Abnehmverfahren aber nicht rechtlich geschützt. Es habe sich herausgestellt, dass es jeder einfach nachmachen könne. Ein zweiter schwerer Schlag für die Geschäftsgrundlage und erneut Anlass dafür, die monatlichen Gebühren an die Firmenzentrale in Frage zu stellen. Doch die heiklen Fragen an die einstige „Über-Mutter“ Rosa C., der Monika O. früher blind vertraut hatte, und die sogar ihre Trauzeugin gewesen war, belaufen sich längst nicht mehr nur auf die „Figurella“-
Methode. Die Unklarheiten erstrecken sich nämlich auch auf die konkrete Methode von Frau C., Filialen an Franchise-Nehmerinnen auszulagern.

Täuschung über den Erwerb?
Obwohl immer von einem Kauf der Studios die Rede gewesen sei, sei der Vertrag äußerlich als Pachtvertrag aufgemacht gewesen, erzählt Frau O. Nachfragen wären seinerzeit mit dem Verweis auf angebliche Steuervorteile abgetan worden. 2003 übernahm O. weitere Studios in der Steiermark. Nach dem im Vertrag genannten zehnjährigen Vorauszahlungszeitraum habe Frau C. vom einstigen Kauf nichts mehr wissen wollen. Eine Nachricht, die Monika O. wie ein Keulenschlag traf: „Ich wollte zu keinem Zeitpunkt einen Pachtvertrag abschließen. Die geleisteten Zahlungen entsprechen jedenfalls einem regulären Kaufpreis – für eine bloße Pacht wären sie krass überhöht gewesen.“

„Die Zahlungen entsprechen einem Kauf.“

Schadenersatzklage.
Im Jänner dieses Jahres brachte die Anwältin von Frau O., Sylvia Freygner, Anzeige gegen C., ihren Sohn und die Figurella International GmbH ein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen
schweren gewerbsmäßigen Betruges. Monika O. hat darüber hinaus beim Landesgericht Linz eine Schadenersatzklage eingebracht. Ihr finanzieller Nachteil belaufe sich auf mehr als 1,7 Millionen Euro. Laut Anwältin Sylvia Freygner haben insgesamt vierzehn Franchise-Nehmer Ansprüche von rund 15 Millionen Euro.

NEWS bat Rosa C. um eine Stellungnahme. Bis zum Redaktionsschluss erfolgte keine Reaktion. Vor einigen Wochen wurde eine Figurella-Sprecherin im „Profil“ folgendermaßen zitiert: „Es gibt Pächter beziehungsweise Studiobetreiber, die überhaupt keine Ansprüche gegenüber ‚Figurella‘ geltend machen. Dass es sich bei den Verträgen eindeutig um Pacht- und nicht um Kaufverträge handelt, ist selbst für einen Laien allein durch die Präsenz des Wortes ‚Pacht‘ (130 Mal!) eindeutig und unmissverständlich.“ NEWS liegt allerdings einer der Kreditverträge vor. Darin ist beim Kreditzweck sehr wohl auch vom Ankauf die Rede.

Und so hilft NEWS.
NEWS versucht hinter den Kulissen zwischen verschiedenen Beteiligten zu vermitteln. Um die Gesprächsbasis nicht zu belasten, werden zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Details genannt. NEWS bleibt dran!

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