Die NEOS wurden 2012 gegründet und zogen nach der Wahl im Jahr 2013 auf Anhieb in den Nationalrat ein, 2023 scheint aber ein Zenit erreicht. Wie und warum ist die Partei entstanden und wie hat sie sich seit der Gründung entwickelt? Ein Überblick.
Wer sind die NEOS?
Die NEOS sind eine im Jahr 2012 gegründete Partei. Der Politikberater und ehemalige ÖVP-Mitarbeiter Matthias Strolz wurde beim Gründungskonvent mit 96,2 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden gewählt. Der damals 39-jährige Vorarlberger erklärte, er wolle mit den NEOS "dem Stillstand und der Korruption in der österreichischen Politik etwas entgegensetzen". Nach Strolz' Rückzug aus der Politik im Mai 2018 übernahm Beate Meinl-Reisinger, die schon zu den Gründungsmitgliedern gehörte, den Vorsitz, den sie bis heute innehat.
Bei der Nationalratswahl im September 2013 ging man ein Wahlbündnis mit dem LIF (Liberales Forum) ein und erreichte auf Anhieb den Einzug ins Parlament. Bei den Nationalratswahlen in den Jahren 2017 und 2019 gelang der Einzug abermals.
Die NEOS sind zudem im Europaparlament sowie in sechs von neun Landtagen vertreten. In Salzburg waren sie bis 2023 in einer Koalition mit der ÖVP und den Grünen, schafften aber bei der Landtagswahl 2023 den Einzug in den Landtag nicht mehr, das ganze Team tritt zurück. In Wien sind die NEOS seit November 2020 Juniorpartner der SPÖ, Christoph Wiederkehr ist als Vizebürger einer der Stellvertreter von Bürgermeister Michael Ludwig.
Wann wurden die NEOS gegründet - und warum?
Zur Gründungsgeschichte ist auf der Homepage der NEOS Folgendes zu lesen: "Im Februar 2012 haben sich 40 Personen im Helenental getroffen, um den politischen Stillstand in Österreich aufzubrechen. Sie wollten nicht mehr länger zusehen und sind deshalb als Bürger:innen aufgestanden, um etwas zu verändern."
Die Partei ging aus Bewegungen wie "Phönix" und "Österreich spricht" hervor, die sich für mehr Demokratie eingesetzt hatten. Bereits seit 2007 hatte sich eine Gruppe Politikinteressierter, darunter auch die späteren NEOS-Mitbegründer Matthias Strolz und der Manager Veit Dengler, regelmäßig in Wien getroffen.
Im Oktober 2012 wurde die Partei mit dem Namen "NEOS - Das neue Österreich" gegründet. Der Gründungskonvent fand in der Wiener Urania statt. Die Partei forderte damals unter anderem ein starkes Europa, eine Aufwertung direkter Demokratie und mehr Autonomie für Schulen.
Fusion mit Liberalen Forum
Im Jänner 2014 fusionierte man im Rahmen eines Parteikonvents mit dem Liberalem Forum, mit dem man bereits bei der Nationalratswahl 2013 als Bündnis angetreten war, zu "NEOS - Das Neue Österreich und Liberales Forum". Der bisherige NEOS-Vorsitzende Matthias Strolz wurde zum Vorsitzenden der neuen Partei gewählt, seine Stellvertreterinnen wurden Angelika Mlinar, die bisherige Chefin des Liberalen Forums, und Beate Meinl-Reisinger, die NEOS-Vorsitzende in Wien. Der Nationalratsklub wurde im Zuge der Fusion in "Klub von NEOS" umbenannt.
Einbindung der Jungen Liberalen
Im März 2014 gliederten sich die Jungen Liberalen (JuLis) im Rahmen eines Bundeskongresses in Salzburg unter dem neuen Namen "JUNOS - Junge liberale NEOS" in die Partei ein und wurden ihr offizieller Jugendverband. Der bisherige JuLis-Vorsitzende Nikolaus Scherak, der bereits zuvor Mitglied im NEOS-Vorstand war, wurde zum Bundesvorsitzenden der JUNOS.
Wofür stehen die NEOS? Sind sie links oder rechts?
In einer politikwissenschaftlichen Analyse aus dem Jahr 2016 wurden die NEOS von den Wissenschaftler:innen David Johann, Marcelo Jenny und Sylvia Kritzinger von der Universität Wien als "klassische Partei der Mitte" bezeichnet. Sowohl hinsichtlich ihrer Programmatik als auch der Selbstverortung ihrer Wählerschaft seien die NEOS zwischen der ÖVP und den Grünen situiert. Hinsichtlich der Wirtschafts- und Steuerpolitik vertreten sie ähnliche Positionen wie die ÖVP, hinsichtlich Gesellschafts- und Bildungspolitik überschneidet man sich mit den Grünen.
Der Leitsatz der NEOS lautet: "Politik ist der Ort, an dem wir uns ausmachen, wie wir gut miteinander leben." Unter diesem Motto und anhand ihrer Kernwerte "Eigenverantwortung, Nachhaltigkeit, Freiheitsliebe, Authentizität und Wertschätzung" entwickelte sich Programm das Programm der Partei.
Was fordern die NEOS? Warum NEOS wählen?
Laut Homepage wünschen sich die NEOS "eine Gesellschaft, in der jede und jeder die Chance hat, aus eigener Kraft voranzukommen und sich etwas aufzubauen". "Wir glauben an den Aufstieg durch Bildung und Leistung, nicht durch Verwandtschaft oder Bekanntschaft. Unsere Politik bringt Chancen für alle anstatt Privilegien für wenige", heißt es weiter.
Zu den Forderungen bzw. Zielen der NEOS gehören laut ihrem Programm:
Blockaden lösen und Perspektiven eröffnen
In die Fähigkeiten eines jeden Menschen vertrauen
Die Rechtsstaatlichkeit stärken
Mit einem weiten Horizont denken und handeln
Leistung und Risikobereitschaft belohnen
Das Land wieder in die Hand der Bürger:innen legen
Besonders wichtig sind den NEOS folgende Themen:
Bildung
Wirtschaft und Arbeit
Umwelt
Transparenz und Korruptionsbekämpfung
Europa
Integration und Einwanderung
Pensionen
LGBTIQ+
Inklusion
Frauen und Gleichberechtigung
NEOS - Linkbox:
Was bedeutet der Name "NEOS"?
"Neo" (von altgriechisch νέος néos) bedeutet neu, frisch, jung, aber auch ungewöhnlich oder revolutionär. Gleichzeitig steht NEOS auch als Abkürzung für "Das neue Österreich".
Wer wählt die NEOS?
Bei der Nationalratswahl 2019 war die Mehrheit der NEOS-Wähler:innen weiblich. 11 Prozent der Frauen wählten die Partei und nur 5 Prozent der Männer. Die Wähler:innen waren eher jünger, im Schnitt zwischen 29 und 59, die Hauptwählergruppe waren Frauen bis 44. Die NEOS wurden eher von Angestellten als Arbeiter:innen gewählt, die Mehrheit der Wähler:innen hatte die Matura und ein Studium vorzuweisen.
Die wichtigsten NEOS-Politiker:innen
Matthias Strolz
"Ich glaube, das wird geil", meinte Matthias Strolz beim Gründungskonvent der NEOS in der Wiener Urania. Der gebürtige Vorarlberger studierte Internationale Wirtschaftswissen und Politikwissenschaft in der Universität Innsbruck und ließ sich später zum Unternehmensberater ausbilden. Er war unter anderem Trainee bei der Industriellenvereinigung und parlamentarischer Mitarbeiter des ÖVP-Abgeordneten Karlheinz Kopf. 2012 gründete er die NEOS mit und wurde auch deren Vorsitzender. Am 7. Mai 2018 kündigte er seinen Rücktritt an."Ich bin nicht Passagier, ich bin der Pilot meines Lebens. Ich folge dem Ruf meines Herzens", begründete er seinen Schritt.
Matthias Strolz ist seit 2005 mit seiner Frau Irene verheiratet, das Paar hat drei gemeinsame Töchter. Bei seinem Rücktritt als Parteichef erklärte Strolz, er freue sich darauf, nun wieder mehr Zeit für seine Familie zu haben.
Beate Meinl-Reisinger
Die NEOS entstanden aus Frust über die etablierte Politik. "Ich habe die Schnauze voll gehabt", sagte die studierte Juristin Beate Meinl-Reisinger bei ihrer Vorstellung als Kandidatin für den Nationalrat. Die damals 34-Jährige, die für Othmar Karas und Christine Marek gearbeitet hatte, hing für die NEOS ihren Job bei der Volkspartei an den Nagel. Im Jahr 2015 wurde Meinl-Reisinger Spitzenkandidatin bei der Wien-Wahl und zog in den Wiener Gemeinderat und Landtag ein. Ihr Nationalratsmandat hatte sie bereits zuvor zurückgelegt.
Nach dem Rücktritt von Matthias Strolz folgte ihm Beate Meinl-Reisinger als NEOS-Parteivorsitzende. Sie übernahm in der Folge auch dessen Nationalratsmandat. Nur kurze Zeit später verkündete sie, dass sie ihr drittes Kind erwarte. "Man sagt, es gibt nie den richtigen Zeitpunkt. Und wir können uns darauf einigen, dass es nicht der ideale Zeitpunkt ist. Aber es ist, wie es ist", erklärte die damals 40-Jährige in einer Pressekonferenz. Ende März kam ihre dritte Tochter zur Welt, Meinl-Reisinger nahm sich nach der Geburt eine einmonatige Auszeit.
Christoph Wiederkehr
Der 1990 in Salzburg geborene Christoph Wiederkehr studierte in der Universität Wien Jus und Politikwissenschaft. Im September 2013 wurde er zum Vorsitzenden der JUNOS gewählt. Ab November 2015 war er Abgeordneter im Wiener Gemeinderat und Landtag. Nachdem Beate Meinl-Reisinger den Vorsitz der Bundespartei übernahm, folgte er ihr im Juli 2018 als Klubchef der Wiener NEOS. Bei der Gemeinderatswahl im Herbst 2020 erreichte er mit den NEOS das bis dahin beste Ergebnis von 7,41 Prozent. Seit 24. November 2020 ist Wiederkehr Vizebürgermeister und das einzige Regierungsmitglied der NEOS. In dieser Funktion ist der Bildungs- und Integrationsstadtrat.
Irmgard Griss
Irmgard Griss wurde 1946 in der Steiermark geboren. Die studierte Juristin war Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und trat bei der Bundespräsidentwahl 2016 als unabhängige Kandidat an. Bei der Nationalratswahl 2017 wurde sie Allianzpartnerin der NEOS und kandidierte hinter Matthias Strolz auf dem 2. Listenplatz. 2019 wollte sie nicht noch einmal kandidierten, unterstützte die Partei aber weiterhin. Seit Februar 2021 ist sie die Leiterin der neu eingeführten Kindeswohlkommission. Irmgard Griss ist seit 1986 in zweiter Ehe mit dem Rechtsanwalt Gunter Griss verheiratet. Griss hat zwei Söhne und drei Stiefkinder.
Helmut Brandstätter
Helmut Brandstätter wurde 1955 in Wien geboren, studierte Rechtswissenschaften und war lange Jahre als Journalist tätig. Von 2010 bis 2018 war er Chefredakteur des "Kurier", von 2013 bis 2019 auch dessen Herausgeber. Bei der Nationalratswahl 2019 kandidierte er wie zuvor schon Irmgard Griss mit einer "Wildcard" auf Platz 2 hinter Beate Meinl-Reisinger auf der Bundesliste. Brandstätter ist in zweiter Ehe mit der ORF-Journalistin Patricia Pawlicki verheiratet, das Paar hat ein gemeinsames Kind. Aus erster Ehe hat der nunmehrige Nationalratsabgeordnete zwei weitere Kinder.
Stephanie Krisper
Stephanie Krisper wurde 1980 in Wien geboren. Die studierte Juristin war als Menschenrechtsexpertin für das Ludwig Boltzmann Institut tätig, seit der Gründung der Partei im Jahr 2012 ist Krisper Mitglied. 2017 wurde sie erstmals als Nationalratsabgeordnete angelobt. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Krisper durch ihre Arbeit in den Untersuchungsausschüssen zur BVT-Affäre und Ibiza bekannt. Im Nationalrat hat sie gegen die Covid-Impfpflicht in Österreich abgestimmt. Stephanie Krisper ist verheiratet und Mutter von drei Kindern.
Gerald Loacker
Der 1973 in Dornbirn geborene Politiker sitzt seit 2013 für die NEOS im Nationalrat. Der studierte Rechtsanwalt war früher für die ÖVP in der Dornbirner Stadtregierung vertreten, im Jahr 2002 kandidierte er für die Volkspartei erstmals für den Nationalrat. Bei der Gründung der NEOS wechselte er von Schwarz zu Pink. Loacker ist NEOS-Wirtschaftssprecher und stellvertretender Klubobmann. Wie Krisper stimmte auch er gegen die Covid-Impfpflicht.
Douglas Hoyos
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff wurde 1990 in Klagenfurt geboren. Er entstammt der Familie Hoyos, einem ursprünglich spanischen Adelsgeschlecht, und ist in Niederösterreich aufgewachsen. Nach der Matura studierte er in Wien Betriebswirtschaft. 2012 wurde er zum Generalsekretär der Jungen Liberalen (JuLis) gewählt, die später zu den JUNOS wurden. Er spielte eine führende Rolle bei der Eingliederung als offizielle Jugendpartei der NEOS. Seit 2017 sitzt Douglas Hoyos im Nationalrat, im Juni 2021 wurde er als Nachfolger von Nick Donig zum NEOS-Generalsekretär bestellt.
Angelika Mlinar
Angelika Mlinar wurde 1970 in Kärnten geboren. Nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften in Salzburg und Washington arbeitete sie als Assistentin von Friedhelm Frischenschlager im EU-Parlament. Bei der Nationalratswahl 2008 leitete sie den Wahlkampf des Liberalen Rudi Vouk. Im Jahr 2009 wurde sie zur Bundessprecherin des Liberalen Forums gewählt. 2010 war sie LIF-Spitzenkandidatin bei der Wien-Wahl. Bei der Nationalratswahl 2013 ging sie mit dem Liberalen Forum ein Bündnis mit den NEOS ein. Als man mit den NEOS fusionierte, wurde Mlinar stellvertretende Vorsitzende der Partei sowie Präsidentin der Parteiakademie NEOS Lab.
Bei der Europawahl 2014 ging Angelika Mlinar als NEOS-Spitzenkandidatin ins Rennen und zog schließlich ins EU-Parlament ein. 2019 wollte sie nicht noch einmal für die NEOS kandidieren, ihr folgte Claudia Gamon nach.
Sepp Schellhorn
Josef "Sepp" Schellhorn wurde 1967 in Salzburg geboren. Der Unternehmer und Gastronom war zunächst für den Wirtschaftsbund und die ÖVP auf Gemeindeebene politisch aktiv, 2013 wechselte er zu den neu gegründeten NEOS. Nach Angelika Mlinars Wechsel ins EU-Parlament rückte er in den Nationalrat nach und wurde Wirtschaftssprecher des NEOS-Parlamentsklubs. Bei der Salzburger Landtagswahl 2018 trat er als NEOS-Spitzenkandidat an. Im Juni 2021 gab Sepp Schellhorn seinen Rückzug aus der Politik bekannt, um sich wieder vermehrt auf seine unternehmerische Tätigkeit konzentrieren zu können.
Die NEOS-Abgeordneten im Nationalrat
Für die NEOS sitzen 15 Abgeordnete im Nationalrat
Michael Bernhard
Helmut Brandstätter
Henrike Brandstötter
Karin Doppelbauer
Fiona Fiedler
Douglas Hoyos
Stephanie Krisper
Martina Künsberg Sarre
Gerald Loacker
Johannes Margreiter
Beate Meinl-Reisinger
Nikolaus Scherak
Julia Seidl
Yannick Shetty
Katharina Werner
Weitere Porträts österreichischer Parteien:
Zukunft der NEOS
Auf Bundesebene gehören die Neos mittlerweile zum etablierten Parteienspektrum. Bei der Nationalratswahl 2019 erreichten sie 8,1 Prozent der Stimmen, schon bald nach der Wahl kletterten sie in Umfragen auf zehn Prozent (mit Ausreißern Richtung zwölf Prozent). Dort verharren sie allerdings ungeachtet aller Turbulenzen anderer Parteien. Der Absturz der ÖVP nach dem Abgang von Sebastian Kurz und der Sinkflug der SPÖ schlagen sich in den Werten der Neos kaum nieder.
Auch bei den Landtagswahlen in Tirol, Niederösterreich und Kärnten blieben die Liberalen deutlich hinter dem selbst gesteckten Ziel zurück. In Salzburg verpasste die Truppe rund um Spitzenkandidatin Andrea Klambauer 2023 überhaupt den Einzug. Sind die NEOS also an ihrem Zenit angekommen?
Es gibt, lautet ein gängiger Befund, für liberale Parteien europaweit einen Plafond in der Wählerzustimmung. Er liegt bei etwa zehn Prozent der Stimmen. Nach außen gibt man sich bei den Neos pragmatisch. Es sei eben schwierig, in Bundesländern mit jahrzehntelanger ÖVP-oder SPÖ-Dominanz (und entsprechendem Drohpotenzial von Schwarz und Rot) Parteistrukturen aufzubauen. Auf Bundesebene habe man hingegen in eigentlich kurzer Zeit sehr viel erreicht und halte sich stabil. Intern mehren sich allerdings nachdenklich-kritische Stimmen. Mehr zur Analyse über die Zukunft der NEOS lesen Sie hier.