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Macht sich Lehre oder Studium mehr bezahlt?

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Junge Frau Erfolg
©Bild: iStockphoto.com/maurusone
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Ein Dachdecker verdient bis zu rund 1.700 Euro netto im Monat, ein Studienabsolvent verdient als diplomierter Rechtspfleger anfangs im Job rund 1.750 Euro netto - zahlt sich ein Studium überhaupt noch aus? Und welche Herausforderungen bringt die Corona-Pandemie mit sich?

1. Einstiegsgehälter im Vergleich

Die Einstiegsgehälter können je nach Beruf beträchtlich differieren, das gilt für Lehrabsolventen wie für Studienabsolventen:

Die schlechtbezahltesten Jobs


Am wenigsten verdienen beim Berufseinstieg laut AMS-Gehaltskompass folgende fertig ausgebildete Lehrlinge (siehe Grafik oben):TextilreinigerIn, FloristIn, Immobilienkaufmann/-frau (allerdings können sie sich durch leistungsorientierte Prämien ihr Gehalt aufbessern), Bekleidungserzeugung, Gastronomiefachkräfte, Frisöre und Köche sowie Bürokaufleute.

Auch unter den Absolventen einer höheren Ausbildung wie Universität oder Fachhochschule fallen manche Einstiegsgehälter eher mager aus, wobei es je nach Dienstgeber zu großen Schwankungen kommt. Folgende Berufe werden laut AMS-Gehaltskompass weniger gut bezahlt (siehe Grafik oben):diplomierte/r RechtspflegerIn, BewegungstherapeutIn, PhysiotherapeutIn, DiätologIn, Biomedizinische/r AnalytikerIn, Tourismusmanagement, JournalistIn, GrafikerIn und InformationsdesignerIn.

Die bestbezahlten Jobs


Zu den Besserverdienern - Einstiegsgehälter laut AMS-Gehaltskompass - unter den Lehrlingen zählen (siehe Grafik oben):DachdeckerIn, MaurerIn und GleisbauerIn oder Bauberufe wie Brunnen- und GrundbauerIn, FertigteilhausbauerIn, SchalungsbauerIn und TiefbauerIn. Auf Platz eins der bestbezahlten Lehrberufe steht jedoch der Pflasterer mit einem Einstiegslohn von rund 1.630 bis 1.800 Euro netto.

Am besten verdienen nach Angaben des AMS zu Beginn folgende Studienabsolventen (siehe Grafik oben): FachärztIn, ApothekerIn, ZahnärztIn, BauingenieurIn, MaschinenbautechnikerIn, VerfahrenstechnikerIn und BergbautechnikerIn sowie IT-QualitätsmanagerIn.

2. Was sich durch Corona verändert hat

Corona hat sowohl für Lehrlinge als auch für Studenten einiges verändert: Insgesamt ist der Berufseinstieg für junge Erwachsene schwieriger geworden und die Arbeitslosigkeit massiv gestiegen. In einigen Betrieben können Lehrlinge derzeit nicht durchgehend lernen. "Die Betriebe bemühen sich sehr, in kürzerer Zeit alles Wichtige komprimiert zu vermitteln. In vielen Fällen wird es aber notwendig sein, die versäumte Praxiszeit auch noch nach der Lehre aufzuholen", sagt Alfred Freundlinger, Experte für Bildungspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Nicht alle Lehrstellenzusagen haben sich auch tatsächlich realisiert

Für Studenten fallen durch das E-Learning neben den persönlichen Unterrichtseinheiten und dem Praxisanteil auch die sozialen Kontakte weg. "Es ist ein Studieren unter ganz anderen Bedingungen. Die Ausbildung ist dadurch deutlich schwieriger geworden. Man braucht jetzt viel mehr Selbstorganisation und Selbstdisziplin", erklärt Silvia Hofbauer, Arbeitsmarktexpertin der Arbeiterkammer (AK) Wien. Finanziell trifft es Studenten ebenfalls: Durch die Pandemie fallen viele der typischen Studentenjobs wie beispielsweise in der Gastronomie oder im Handel weg.

Bei den Lehrstellen herrscht generell aufgrund von Corona eine größere Unsicherheit, weil sich 2020 "nicht alle Lehrstellenzusagen auch tatsächlich realisiert haben", wie Hofbauer erklärt. Betroffen sind vor allem Bereiche wie der Tourismus, der Handel - ausgenommen der Lebensmittelhandel - oder körpernahe Dienstleister wie Friseure. Die Industrie ist hingegen krisensicherer, hier sind freie Lehrstellen und Arbeitsplätze vorhanden.

Nach einem Jahr Corona zeigt sich bei den Lehrlingsgesamtzahlen mit Stichtag Ende Februar im Jahresvergleich ein leichtes Minus von 0,8 Prozent. Insgesamt sind in Österreich nach Angaben der WKÖ aktuell 97.654 Lehrlinge bei Betrieben in Ausbildung. An tertiären Bildungseinrichtungen studierten 2018/19 laut Statistik Austria 376.700 Österreicher und Österreicherinnen an einer Hochschule. Das sind mehr als dreimal so viele Studenten wie Lehrlinge.

Grund für den Lehrlingsrückgang ist ein eklatanter Bewerbermangel

Dabei suchen viele Betriebe nach wie vor dringend nach Lehrlingen. "Der Grund für den Rückgang ist ein eklatanter Bewerbermangel. In allen Bundesländern - bis auf Wien - gibt es einen rechnerischen Lehrstellenüberhang, der bundesweit mit Ende Februar bei 10.026 Lehrstellen liegt", sagt Freundlinger.

Viele Eltern oder Lehrer würden erwarten, dass die Betriebe in Corona-Zeiten weniger Lehrstellen anbieten. Das führe wiederum dazu, dass sich zu wenige Jugendliche bei den Betrieben bewerben. "Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden", fordert der WKÖ-Experte. So haben in Wien im Jahr 2020 etwa die Hälfte weniger junge Menschen in den Betrieben "geschnuppert". Das "Schnuppern" in Betrieben ist übrigens trotz Corona nach wie vor möglich.

3. Welche Berufe am gefragtesten sind

Pauschal gesehen sind sich die Experten, darin einig, welche Berufsfelder die besten Chancen bieten. Laut Bildungspolitikexperte Freundlinger ist die Liste der gefragtesten Berufe – unabhängig von der Pandemie– schon seit längerer Zeit bemerkenswert konstant. Besonders viele offene Stellen finden sich demnach:

  • bei Metall- und Elektroberufen
  • im Handel
  • in traditionellen Handwerksberufen (Zimmerer/in, Installateur/in, Spengler/in, Dachdecker/in, Tischler/in, Bäcker/in, in der Fleischverarbeitung)
  • trotz Krise in den Tourismusberufen

"Fachkräfte sind mehr gefragt denn je", sagt Freundlinger. Drei von vier Unternehmen hätten im Dezember 2020 - also am Höhepunkt der Krise - angegeben, dass sie unter Fachkräftemangel leiden. Wie gefragt Lehrabsolventen seien, würden auch die Daten von Statistik Austria (siehe Grafik unten)zeigen, nach denen Absolventen einer Lehre oder von Berufsbildenden Schulen in der Coronakrise auch schneller wieder einen Job gefunden haben als Maturanten und Hochschüler.

GRAFIK: Dauer bis zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit von allen im Zeitraum 15. bis 31. März 2020 beendeten unselbständigen Erwerbstätigkeiten

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Q: STATISTIK AUSTRIA, Registerbasierte Erwerbsverläufe. Stand 06/2020. Exklusive geringfügige Beschäftigung und ohne Statuswechsel beim selben Dienstgeber. Ausgeschlossen wurden auch Übergänge in die Pension. Inkl. Personen mit unbekanntem Bildungsniveau. Vor allem von Einpendlerinnen und Einpendlern ist die höchste abgeschlossene Ausbildung häufig unbekannt © Bundesanstalt Statistik Österreich/Statistik Austria

Die Expertin der Arbeiterkammer ortet bei Lehrberufen eine seltsame Entwicklung: Speziell in technischen Berufen würden Betriebe beispielsweise lieber einen 17-jährigen HTL-Abgänger aufnehmen als einen 15-Jährigen, der gerade sein 9. Pflichtschuljahr absolviert hat. "Das heißt, es werden gerne diejenigen genommen, die schon viel Vorbildung genossen haben. Aber eigentlich müssen auch die anderen eine Chance bekommen", sagt Hofbauer.

4. Fazit: Wer steigt besser aus?

Differenzen lassen sich klar erkennen: Allerdings ist im akademischen Bereich in vielen Berufen ausschlaggebend, ob bereits facheinschlägige Berufserfahrung vorhanden ist oder nicht. Im letzteren Fall steigen Studienabsolventen meist auf Mindestkollektivvertragsbasis ins Berufsleben ein - das gilt auch für die sonst gut bezahlte technische Berufssparte. Doch nähern sich Uni-Absolventen- und Lehrlingsgehälter in Österreich tatsächlich an?

Die Unterschiede innerhalb der beiden Ausbildungsgruppen sind immer noch größer als zwischen den Gruppen, wie Hofbauer bestätigt. "Es kommt nicht so sehr auf die Art der Ausbildung an, sondern, welchen Beruf man erlernt. Ein Studium bedeutet nicht immer automatisch ein gutes Einstiegsgehalt", sagt sie. Es gibt Lehrberufe, mit denen man ein gutes Gehalt erzielen kann und Studien, mit denen man weniger verdient - und umgekehrt.


Und was ist nun die bessere Wahl: Lehre oder Studium? "Das muss jeder für sich entscheiden. Wichtig ist, dass die Bildungs- und Berufswahl nach der individuellen Eignung und Neigung erfolgt und nicht von Vorurteilen und Klischees geleitet wird - nach dem Motto: 'ein Studium ist besser, weil … oder Lehre ist besser, weil'", sagt Freundlinger.

Fakt ist: Beide Ausbildungsgruppen haben Vor- und Nachteile. Das österreichische Bildungssystem eröffnet etliche Chancen: Lehre mit Matura, eine Zusatzausbildung nach dem Studium - möglich ist vieles. Was in Zukunft zählt ist das Gesamtbild. Der akademische Abschluss verliert international betrachtet an Gewicht. Nicht der Einser-Kandidat bekommt heute den Job, sondern derjenige, mit dem besten Gesamtpaket - egal ob Studium oder Lehre.

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