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Midlife-Crisis bei Frauen: Die Sinnkrise und Entwicklungskrise im mittleren Alter

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14 min
Lebenskrise - Midlife-Crisis bei Frauen: Die Sinnkrise und Entwicklungskrise im mittleren Alter

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Die Midlife Crisis oder eine Sinnkrise um die 50 betrifft Frauen mindestens genauso wie Männer. Auslöser ist oft eine Hormonumstellung, also die Wechseljahre. Irene Fellner ist Lebens- und Sozialberaterin und Gründerin von "Soul Sisters", dem Zentrum für Frauen in der Lebensmitte. Im Gespräch mit News.at verrät sie, warum die Midlife-Crisis immer auch eine Chance sein kann und jüngere Partner nicht die Lösung sind.

© Ricardo Herrgott

Steckbrief

Irene Fellner

Beruf
Lebens- und Sozialberaterin

Mitbegründerin der "Soul Sisters"

Die Lebens- und Sozialberaterin Irene Fellner gründete gemeinsam mit Ingrid Dorfmeister die "Soul Sisters". Das Zentrum für Frauen in der Lebensmitte bietet mit Coachings, Vorträgen, Seminaren und Workshops eine vertrauensvolle Umgebung für diese Zeit der Neuorientierung.

Midlife-Crisis wird mit Männern assoziiert. Dabei ist es doch auch ein Thema, das Frauen betrifft oder?
Mindestens genauso! Bei Frauen findet im Alter zwischen 40 und 60 ein großer Umbruch durch die Wechseljahre statt. Dieser ist oft Auslöser für die berühmte Midlife-Crisis. Eine Hormonumstellung haben Männer zwar auch, aber Frauen sehr viel stärker. Es ist also definitiv ein Frauenthema.

Passend dazu: Der Mann im Wechsel

Was passiert bei Frauen in dieser Zeit?
Frauen sind in so vielen Lebensfeldern tätig. Und in der Lebensmitte passieren dann Dinge wie, dass die Kinder aus dem Haus gehen, die Partnerschaft zerbricht, die Eltern sterben oder Krankheiten auftreten. Ein gutes Beispiel dafür ist eine Frau, mit der ich gearbeitet habe. Sie war verheiratet, hatte drei Kinder und ein Haus mit einem kleinen Garten. Dann wurde sie von ihrem Mann verlassen, ihre Kinder zogen aus, der Vater starb, die Mutter ist seitdem schwer pflegebedürftig. Dazu kam, dass sie keine Freude an ihrem Job mehr verspürte.

Wer bin ich, wenn ich nicht mehr Ehefrau, Mutter, Tochter, Angestellte bin?

Alles, was ihr Leben also bisher ausgemacht hat, alle Rollen, die sie ausgefüllt hat, brechen weg. Wir identifizieren uns mit diesen Rollen. Sind sie nicht mehr, stellt sich automatisch die Frage "Wer bin ich, wenn ich nicht mehr Ehefrau, Mutter, Tochter, Angestellte bin?" Was zurückbleibt ist eine Leere. Das führt zu dieser sehr starken Sinnkrise.

Midlife-Crisis ist also eine Sinnkrise?
Nicht nur. Es ist auch eine Entwicklungskrise. Es ist eine Kombination aus beiden.

Die immer dann eintritt, wenn etwas wegfällt?
Genau. Die Midlife-Crisis kommt nie aus dem Nichts. Sondern aus den vielen Veränderungen, die in dieser Zeit entwicklungsbedingt stattfinden. Eine Baustelle kann man ganz gut bewältigen, aber meistens brechen hier mehrere Dinge auf einmal weg.

Woran könnte man erkennen, dass man gerade in so einer Krise steckt?
Die Gefühle, die sich breit machen, sind Angst, Verzweiflung, Unsicherheit und Hilflosigkeit. Einfach, weil sich alles verändert. Man hat das Gefühl, dass das Leben, das bis vor kurzem noch geordnet war, total chaotisch wird.

Was macht man dann?
Der erste Schritt ist, wieder zu sich zu finden. In der ersten Hälfte des Lebens leben wir sehr stark außenorientiert. Man nennt das auch die "Rush-Hour" des Lebens, wo wir Karriere aufbauen, Kinder bekommen, Haus bauen. Nach und nach verlieren wir Frauen dann den Zugang zu uns. Wir machen das, was andere von uns wollen und was von außen an uns herangetragen wird.

Wir machen das, was andere von uns wollen und vergessen dabei auf uns selbst

Ganz vieles davon passt aber nicht zu dem, was wir wirklich wollen. Zu dem, was wir in uns hätten. Zu unseren Talenten, Sehnsüchten, Wünschen, Werten, Potentialen. Deshalb muss man sich spätestens dann fragen, was man wirklich will. Und dafür braucht es Ruhe, Rückzug und Besinnung auf sich selbst.

Und eine Erkenntnis, die im Vorfeld steht, das auch einzusehen, oder?
Die die Krise zu erkennen und sich diese auch einzugestehen, ist unglaublich wichtig. Wir alle tendieren dazu, Krisen gerne zu übersehen und so zu tun, als ob alles Bestens wäre. Dabei tragen wir ein ganz großes Problemlösungspotential in uns. Wir müssen erkennen, dass wir uns in einer außergewöhnlichen Situation befinden und uns mit dieser auch beschäftigen. Mit uns selbst und mit der Situation.

Was passiert, wenn man die Krise übergeht und die Zeichen nicht als solche erkennen möchte?
Schwere Krankheiten. Weil diese Situationen auch zu sehr viel Stress führen. Dabei wird Cortisol ausgeschüttet und das ist auf die Dauer extrem schädlich für den Körper.

Wenn man nicht auf sich selbst schaut, reagiert ganz oft das Leben und zwingt einen dazu

Wenn ich diese Dinge lang unterdrücke, bekomme ich irgendwann die Rechnung quittiert. Ich muss diese Gedanken und Gefühle zulassen. Wenn man nicht auf sich selbst schaut, reagiert ganz oft das Leben und zwingt einen dazu.

Wenn man sich mit dem Thema Midlife-Crisis beschäftigt, stößt man zwangsweise auf den Begriff Depression.
Depressive Verstimmungen sind definitiv ein Zeichen für eine Midlife-Crisis. Stellen Sie sich vor, wie Sie reagieren würden, wenn sich alles, was Ihr Leben ausmacht von heute auf morgen verändert. Da ist man zuerst einmal ziemlich traurig. Depressive Schübe mit intensiven Gefühlen werden stark auch von den Hormonen in den Wechseljahren beeinflusst. Depression allerdings ist ein Krankheitsbild und sollte damit nicht verwechselt werden. Eine Midlife-Crisis kann sich in eine Depression hineinentwickeln, muss sie aber nicht.

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Trifft die Midlife-Crisis früher oder später jede von uns?
Jede Frau kommt in die Wechseljahre. Eine Studie einer Wiener Gesundheitsorganisation besagt, dass ein Drittel aller Frauen in dieser Zeit leichte und ein Drittel aller Frauen schwere psychische und physische Beschwerden haben. Von hundert Frauen sind also sechsundsechzig betroffen. Allein im Wiener Raum gibt es 500.000 Frauen in diesem Alter. Das müssen Sie sich einmal vorstellen.

Treten Krisen immer nur in Verbindung mit Veränderung in unser Leben?
Es gibt die berühmten Entwicklungskrisen im Leben. Die erste ist die Pubertät. Die zweite tritt um die 30 ein und ist oft eine berufliche Enttäuschungskrise. Die nächste große Krise findet in der Lebensmitte statt und die letzte dann, wenn es in Richtung Tod geht.

An diesen "Checkpoints" im Leben haben wir auch die Möglichkeit, die Weichen neu zu stellen

Und diese sind bei jedem sozusagen "vorprogrammiert"?
Genau. Zu erkennen, dass man hier nicht alleine ist und alle da durchgehen, ist ein wichtiger Punkt. Es ist kein "Fehler" oder "persönliches Versagen". Das Leben ist nun einmal so gestaltet, dass wir an diesen Punkten auch noch einmal dazu kommen, inne zu halten und Bilanz zu ziehen. An diesen "Checkpoints" im Leben haben wir auch die Möglichkeit, die Weichen neu zu stellen.

Was antworten Sie, wenn Leute sagen "Dafür bin aber schon zu alt"?
Man ist nie zu alt. Mit 50 haben wir statistisch gesehen noch 40 Jahre vor uns. Die meisten wollen nicht nur dahinvegetieren, sondern diese Jahre auch intensiv und sinnerfüllt nützen. Eine liebe Bekannte von mir hat mit 78 noch eine neue Lebensaufgabe gefunden. Und sie ist aufgeblüht!

Was braucht es, um Veränderung als Chance wahrnehmen zu können?
Die richtige Anleitung, eine kompetente Begleitung und ein Umfeld, das einen ermutigt und stützt. Wenn Sie sich selbst in dieser Tiefe erkennen wollen, dann sind Sie gut beraten, wenn Sie zu jemanden gehen, der Ihnen helfen kann, das zu entdecken. Dann gelingt eine Neudefinition.

Das heißt eine Midlife-Crisis kann auch in einer Neudefinition enden?
Im besten Fall ja. Genau das ist ja die große Chance. Dass ich entdecken kann, wer ich im Innersten wirklich bin. Rollen geben Halt im Leben, aber sie werden auch schnell eng. Wie ein Korsett, aus dem ich eigentlich nicht mehr raus kann.

Rollen geben Halt im Leben, aber sie werden auch schnell eng. Wie ein Korsett

Wenn diese Rollen zerbrechen, ist das Korsett weg. Dann verliere ich zwar Halt, gewinne aber gleichzeitig Freiheit. Ich habe die Möglichkeit mich zu entwickeln und etwas Neues nach außen zu bringen.

Wenn diese Rollen zerbrechen, ist das Korsett weg. Dann verliere ich zwar Halt, gewinne aber gleichzeitig Freiheit

Welche Rolle spielen Körperlichkeit, Liebe und Sexualität in dieser Krise?
Eine große. Und zwar in mehreren Dimensionen. Sexualität ist eine unglaubliche Triebkraft für uns. Viele Frauen sind mit dieser Art von Sexualität, die sie in zwanzig Jahren Partnerschaft gelebt haben, nicht mehr glücklich. Damit meine ich diese fünf Minuten Rein-Raus-Aktionen. Als Folge wollen sie entweder keinen Sex mehr oder einen neuen Partner.

Viele Frauen wollen entweder keinen Sex mehr oder einen neuen Partner

Die zweite Dimension stellt die Frage nach der Weiblichkeit. Die Frage: "Wer bin ich als Frau, wenn ich keine Kinder mehr bekommen kann?" Das kann dazu führen, die eigenen und tieferen weiblichen Qualitäten in sich zu entdecken. Liebe und Hingabe sind ja zwei ganz urweibliche Qualitäten.

Plakativ ausgedrückt kann es aber auch sein, dass sich die Frau einfach einen neuen Partner sucht?
Natürlich. Das kommt sogar sehr oft vor in dieser Zeit. Aber die eigentliche Herausforderung ist sich zu fragen, was die Partnerschaft eigentlich braucht, um auf einer neuen Ebene weitergeführt werden zu können.

Was ja auch wieder viel mit einem selbst zu tun hat.
Sehr viel. Und eine persönliche Weiterentwicklung führt fast immer dazu, dass sich auch die Partnerschaft weiter entwickelt. Natürlich kann sie aber auch zerbrechen.

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Kann ein neuer Partner hier die Lösung sein? Das ist schließlich das, was Männern in der Midlife-Crisis oft vorgeworfen wird: "Er will wieder jung sein und sucht sich deshalb eine Jüngere".
Es gibt auch Frauen, die das tun. Im Endeffekt spielen sie dann das gleiche unbefriedigende Spiel. Nur eben auf einem anderen Spielfeld. Sie bekommen nach einiger Zeit die gleichen Probleme wie schon von dem anderen Partner serviert. Man kommt nicht aus, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Und seine Probleme mit sich selbst zu lösen.

Das gilt für Männer wie auch für Frauen?
Bei den Männern ist es manchmal ein bisschen anders. Die Männer suchen sich oft zwanzig Jahre jüngere Frauen. Dann hat der Mann noch zwanzig Jahre Zeit, bis sich seine neue Partnerin so weit entwickelt hat wie seine ehemalige Partnerin war. Die bekommen die Rechnung von der neuen Freundin nicht so schnell serviert. Aber sie wird kommen. Und dann beginnt das Spiel von vorne.

Tipp: Einmal im Monat - immer am letzten Dienstag von 17.00-19.00 - ist das Soul Café geöffnet. Hier kann man die "Soul Sisters" kennenlernen und einen kostenlosen Vortrag zu Themen der Lebensmitte besuchen.

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Psychische Gesundheit

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