Beruflich läuft es großartig für den jungen Habsburger: nach zwei erfolgreichen Saisonen in der europäischen F3-Rennserie, ist er nun bei der James-Bond-Marke Aston Martin unter Vertrag. Mit der hochangesehenen Traditionsmarke begeht er deren Debüt in der DTM-Rennserie. Dabei wird im Rennauto schon mal gebetet, wie auch beim Yogatraining, wie er erzählt. Dass er nach seinem Vater künftiges Familienoberhaupt des tief gläubigen Hauses Habsburg-Lothringen ist, hat seinen Weg zum Glauben kaum beschleunigt. Er ließ sich Zeit – auch Zeit zu zweifeln.
Wie verbringen Sie dieses Jahr Ostern?
Ferdinand Habsburg: Ich werde das Osterwochenende und den Ostermontag zusammen mit meiner Familie feiern. Dieses Jahr treffen wir uns aus logistischen Gründen in Oxford. Eigentlich verbringe ich gerade diese besondere Zeit am liebsten zuhause in Salzburg, aber das Zusammensein ist mir wichtiger als der Ort. Ich freue mich sehr darauf!
Was gefällt Ihnen als Christ an Ihrer Religion?
Ich komme bekanntlich aus einer zutiefst katholischen Familie. Es ist nicht auszuschließen, dass ich einen anderen Glauben leben würde, wenn ich in einer anderen Tradition bzw. Kultur aufgewachsen wäre. Dessen bin ich mir bewusst.
Mir vermittelt meine Religion wichtige Grundlagen für das tägliche und spirituelle Leben. Die Lehre der katholischen Kirche hilft mir, meine Beziehung zu meinem Schöpfer laufend weiter zu entwickeln. Sie erinnert mich auch immer wieder daran, dass es mehr gibt als das, was mit den Händen greifbar ist.
Mein Glaube gibt mir Halt und Kraft. Es ist schön im Bewusstsein zu leben, dass da jemand ist, der mich liebt und sich darüber freut, wenn ich versuche auf meinem Weg zu bleiben.
Man braucht im Leben etwas, das einem Orientierung gibt und an dem man sich festhalten kann. Denn mir ist es nicht nur wichtig, den richtigen Weg einzuschlagen, sondern auch, die Welt etwas besser zu hinterlassen, als ich sie bekommen habe.
Warum ist es für Sie wichtig ein gläubiger Mensch zu sein?
Ich beobachte, dass die glücklicheren Menschen oder - wenn Sie so wollen - die „Ganzeren“ alle spirituell sind – egal ob in Tibet, Indien, Europa, Südamerika, überall auf der Welt.
Spirituell zu sein oder an etwas Größeres zu glauben lässt mich leichter vertrauen und macht vertrauenswürdiger. Wenn man sich von dem Aspekt entfernt, der über den täglichen und greifbaren Dingen liegt, ist die Wahrscheinlichkeit höher andere und sich selbst zu verletzen.
Und weil Glauben auch „Danke“ zu sagen bedeutet, ist es mir wichtig meinem Schöpfer zu danken und dadurch meinen Glauben zu leben.
Wie und wann hat „Glaube“ erstmals in Ihrem Leben stattgefunden? Wer hat ihn vorgelebt, wie war Ihre Erziehung diesbezüglich?
Ich brauche nicht zu verheimlichen, dass ich in meiner Familie sehr viele Vorbilder habe, die mir den Glauben an einen persönlichen Gott vorgelebt haben. Eine besondere Rolle spielte dabei mein Großvater Otto von Habsburg. Aber auch andere Familienmitglieder haben mich diesbezüglich geprägt. Dabei ging es weniger darum, dass ich mit Worten „belehrt“ wurde, sondern dass ich Menschen um mich hatte, die in mir die Frage ausgelöst haben, was am Glauben dran ist, die mich dazu brachten, mich mit Religion auseinanderzusetzen.
Anfangs, während meiner Zeit an einer internationalen Schule, habe ich nie einen Religionsunterricht besucht. Dazu wurde ich nicht gezwungen, das haben mir meine Eltern freigestellt. Als die Anderen gefirmt wurden – mit 14 – wollte ich das noch nicht machen, weil ich darin keinen Sinn darin sah. Aber ich habe mich immer mehr mit dem Glauben und auch den unterschiedlichen Religionen beschäftigt. Und das hat dazu geführt, dass ich erst mit 19 zur Firmung ging – dann aber überzeugt und bereit für dieses wichtige Sakrament. Wahrscheinlich liegt das daran, dass ich in den entscheidenden Jahren einen Religionslehrer hatte, der mich dabei unterstützt hat meinen persönlichen Glauben zu finden. Dieser Religionslehrer ist inzwischen mein bester Freund und ich bin Taufpate von seiner Tochter.
Wann war der Moment, als es Ihnen erstmals ganz persönlich bewusst wurde, dass Sie ein gläubiger Mensch sind?
Ich versuche gerne diese Frage zu beantworten, auch wenn sie doch recht intim ist. Wahrscheinlich war es so in der Zeit zwischen 17 und 19 Jahren, als ich erkannt habe, dass das, was mir meine Vorbilder vorgelebt und an Wissen und Weisheit hinterlassen haben, wirklich etwas für mein Leben bringt und sich auch umsetzen lässt.
In dieser Zeit habe ich das erste Mal bewusst gespürt, dass es einen Gott gibt. Inzwischen kann ich sagen, dass ich immer überzeugter davon bin und ich in der katholischen Kirche wirklich mein seelisches Zuhause gefunden habe.
Wie stark ist Glaube heute in Ihrem Alltag verankert? Ist es eher etwas, dass immer unter der Oberfläche ist, oder aktiv bei täglichem Beten o.ä. gelebt wird?
Zu glauben bedeutet für mich im Moment vor allem einfach dankbar zu sein. Zum Beispiel erinnere ich mich in meinen Gebeten daran, wieviel ich Gott zu verdanken habe – meine Gesundheit, meine Familie, die Möglichkeit meine Leidenschaft zum Beruf zu machen oder den Segen eines Umfelds, das mich fördert und mir die Möglichkeit gibt, mich als junger Mensch zu entwickeln. Aber es kommt wohl auch in meinem Leben unvermeidlich die Zeit, wo ich um Hilfe und Beistand bitten werde. Jedenfalls bete ich sicherlich täglich. Einmal ist es vorgekommen, dass mich im Flugzeug jemand auf meinen Glauben angesprochen hat, weil er bemerkt hat, dass ich den Rosenkranz bete. Das war ein interessantes Gespräch. Aber eigentlich ist es mir wichtig, meinen Glauben privat zu halten, ihn nicht showmäßig oder gar überheblich vor mir herzutragen – wie schon gesagt, das ist eigentlich etwas extrem persönliches.
Ist der Besuch eines Gotteshauses wichtig für Ihren Glauben?
Ja, sehr. Ich gehe fast regelmäßig sonntags und an den Feiertagen in die heilige Messe, weil das ein Symbol oder anders gesagt Ritual für mich ist, Gott zu zeigen, dass ich mir bewusst Zeit nehme, weil er mir wichtig ist. Es hilft einerseits dabei, für sich zu sein, zur Ruhe zu kommen, dem tagtäglichen Stress für eine Stunde zu entfliehen und sich mit übergeordneten Fragen zu beschäftigen. Andererseits ist der Besuch der heiligen Messe immer auch ein Treffen von gleichgesinnten, durch Werte verbundenen Menschen. Sich gemeinsam mit den Texten auseinanderzusetzen oder miteinander zu grübeln, was der Priester in der Predigt gemeint haben könnte, ist eine ganz andere Erfahrung als das alleine zu tun.
Manchmal gehe ich aber auch gerne ganz alleine in die Kirche, nur um zu beten.
Welche Glaubensrituale sind Ihnen wichtig?
Wie gesagt, das Gebet, der Besuch der heiligen Messe, besonders das Mitfeiern der über das Kirchenjahr verteilten verschiedenen Hochfeste, wie zum Beispiel Ostern und Weihnachten. Als Österreicher genieße ich die traditionelle Verbindung dieser zwei wichtigsten kirchlichen Feste mit den dazugehörigen Jahreszeiten und den damit verbundenen Bräuchen besonders. Weil ich durch meinen Leistungssport auch sehr viel körperlich trainiere, habe ich in letzter Zeit begonnen Gebete, die in Verbindung zu meiner Entwicklung und in meiner Beziehung zu Gott stehen, auch in meine tägliche Yoga-Praxis einfließen zu lassen. Das macht nicht nur meine körperliche, sondern auch meine spirituelle Fitness besser.
Inwiefern hilft Glaube Ihnen im Leben? Stärkt er allgemein oder eher in besonderen Situationen?
Ich würde eine Gegenfrage stellen: Geht es nur darum, dass Glaube hilft? Glaube sollte nicht nur als eine Art Versicherungspolizze gesehen werden, auf die man zurückgreift, wenn es einem schlecht geht oder man Sorgen hat. Aber ja, der Glaube hilft natürlich, beispielsweise in meinem Job, in dem ich laufend gefährlichen Situationen ausgesetzt bin. Je erfolgreicher Du im Motorsport bist, desto gefährlicher ist es. Der Glaube hilft mir zu reflektieren und mir dann klar darüber zu sein, ob das, was ich tue ein Blödsinn ist und ein sinnloses Risiko, oder ob ich darauf vertrauen kann, dass es mein Weg ist, auf dem mich Gott begleitet und beschützt und den ich weitergehen kann, auch wenn ich eine doch recht riskante Sportart ausübe.
Was mich bei meiner Kirche immer wieder tröstet ist, dass bei all den
Regeln, die es gibt, den Fehlern die wir machen und den Sorgen, die ich habe ein wichtiger Teil dazukommt: Dass da ein Gott ist der mich immer liebt und nie für ein Vergehen hassen wird, wenn ich mich nur halbwegs um seine Liebe bemühe. Das ist für mich das Stärkste was ich aus dem Glauben beziehe.
Wann und wo beten Sie?
Am leichtesten fällt mir das Beten in der Kirche, neben meinem Bett und interessanterweise im Rennauto.
Ich bete aber auch, so oft es eben geht, gemeinsam mit meiner Familie beim Essen. Spontan habe ich seit einiger Zeit begonnen auch nach besonderen Momenten zu beten, einfach aus Dankbarkeit. Zum Beispiel nach einer erfolgreichen Trainings-Session, einem tollen Date, oder wenn ich mit der Beantwortung von wichtigen, aber doch schwierigen Fragen in einem News-Interview fertig geworden bin (lacht).
Hatten Sie je Zweifel an ihrem Gott oder Glauben und wie sind Sie damit umgegangen?
Ja klar! Es hat doch einige Phasen in meinem Leben gegeben, in denen ich starke Zweifel hatte, ob es Gott überhaupt gibt oder auch ob ich daran glauben soll, dass die katholische Kirche die richtige Einrichtung ist, um sich spirituell zu entwickeln. Dann hat mir am meisten geholfen Gott darum zu bitten, dass er sich mir zeigt und mir den Weg weist. Insofern haben mich die Phasen des Zweifelns auch immer weitergebracht und ich konnte das Zweifeln als eine Art Unterricht begreifen. Ernsthaften, tiefen Glauben ohne Fragen und Zweifel gibt es meiner Meinung nach nicht. Man muss an sich und seinem Glauben ständig arbeiten.
Sind sie auch schon mal an die Grenzen des Glaubens gestoßen?
Ja, wie gesagt, ich bin nicht nur an die Grenzen gestoßen, sondern habe mich gefragt, ob ich überhaupt glauben soll. Was ich entdecken durfte ist, dass Gott alles mit Liebe begleitet, was Bedeutung hat. Und so verstehe ich auch den Spruch „hilf dir selbst, dann hilft Dir Gott“: Wir müssen unsere Entscheidungen selbst treffen und unsere Schritte im Leben eigenverantwortlich setzen, aber wenn es darauf ankommt, können wir sicher sein, dass Gott uns begleitet und unser Leben lenkt. Der Glaube ist Wegweiser zu Gott. Es geht nicht darum, was er leistet. Leisten müssen schon wir selbst etwas.
Bitte teilen Sie doch eine konkrete Situation mit uns, in denen der Glaube Ihnen geholfen hat.
Zum Beispiel, als ich nach dem tödlichen Motorradunfall eines Kollegen in Macau starke Zweifel hatte, ob ich den Rennsport weiter betreiben soll. Ich habe intensiv gebetet und auch meine Unsicherheit mit ins Gebet genommen. Dass ich am nächsten Tag ein sehr, sehr gutes Rennen gefahren bin, war aus dieser Sicht nur ein Aspekt. Am Wichtigsten war für mich wieder 100 Prozent zu vertrauen, dass ich, wenn ich mich ehrlich mit meinen Zweifeln auseinandersetze, in Jesus gut aufgehoben bin.
Wie würden Sie einem Atheisten das Bedürfnis zu glauben erklären?
Ein Atheist glaubt, dass es keinen Gott gibt. Ich glaube, dass es ihn sehr wohl gibt. Die Existenz Gottes kann wissenschaftlich nicht beweisen, aber ebenso wenig, dass es ihn nicht gibt. In Wahrheit glauben wir also alle an etwas. Und so gesehen, brauche ich ihm nichts zu erklären, denn er hat dieses Bedürfnis zu glauben ja genau wie ich, nur dass er eben glaubt, es gibt nur das Hier und Jetzt.
Jedenfalls würde ich niemanden zwingen wollen, gläubig zu sein. Das geht auch gar nicht. Es wäre aber schön, wenn ich durch meinen Glauben und mein Vorbild, den einen oder anderen Menschen dazu zu bringen würde, sich mit Gott zu beschäftigen und den Weg zu ihm zu finden.
Danke für das Gespräch und Ihnen, wie Ihren Leserinnen und Lesern gesegnete Ostern!