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Energiegemeinschaften: Wenn Nachbarn zum eigenen Energieversorger werden

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Wir brauchen eine Abkehr von fossiler Energie. Der Gesetzgeber hat jetzt eine Möglichkeit geschaffen, wie sich Bürger zusammenschließen können, um aktiv dazu beizutragen: Energiegemeinschaften. Was ist eine Energiegemeinschaft, wie gründet man sie und was sind die Vorteile dabei?

Was ist eine Energiegemeinschaft?

Schon 2017 wurde die Möglichkeit geschaffen, dass mehrere Personen auf einem Grundstück gemeinschaftlich Energie erzeugen und nutzen. Die Energiegemeinschaften jetzt gehen deutlich weiter. Über Grundstücksgrenzen hinaus kann Energie produziert, gespeichert, verbraucht und verkauft werden. Mehrere Gleichgesinnte werden also zusammen zu ihrem persönlichen Energieversorger. Das neue Gesetz definiert dabei zwei Möglichkeiten: die lokal beschränkte „Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft“ und die innerhalb Österreichs geografisch unbeschränkte „Bürgerenergiegemeinschaft“.

Formen der Energiegemeinschaften

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG)

Erneuerbare Energie-Gemeinschaften oder EEG sind auf den Nahbereich ausgerichtet und müssen sich im Versorgungsgebietes eines Energieversorgers befinden. Mitglieder können natürliche oder Rechtspersonen sein. So können zum Beispiel auch Gemeinden oder Unternehmen sich zusammenschließen, aber auch Privatpersonen. Bei der Organisationsform ist vieles möglich – vom Verein bis zur Aktiengesellschaft. Wichtig allerdings ist, dass keinesfalls eine Gewinnabsicht im Vordergrund stehen darf, und dies muss auch in den Satzungen verankert werden.

Bürger-Energie-Gemeinschaften (BEG)

Bürger-Energie-Gemeinschaften oder BEG dürfen nur elektrische Energie erzeugen, verbrauchen oder verkaufen. Allerdings sind sie nicht auf Erneuerbare Energie beschränkt und können sich auch auf das Versorgungsgebiet mehrerer Energieversorger erstrecken. Auch hier darf die Gewinnabsicht nicht im Vordergrund stehen.

Großunternehmen und Elektrizitäts- sowie Gasunternehmen dürfen sich übrigens an EEGs nicht beteiligen. Bei BEGs ist dies möglich – die Kontrolle über die Gemeinschaften dürfen sie allerdings nicht ausüben.

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Vorteile von Energiegemeinschaften

Die Vorteile sind klar: gemeinsame Nutzung von erneuerbarer Energie, dezentrale Versorgung, Reduzierung der Abhängigkeit von anderen Ländern oder auch Energieanbietern und die Stärkung der regionalen Wertschöpfungskette.

Ökologische Vorteile

Bei EEGs wird die Energie aus erneuerbaren Quellen lokal erzeugt, die Energie muss also nicht über weite Strecken transportiert werden. Konventionell erzeugte Energie wird ausgeschlossen, wodurch sich der CO2-Fußabdruck der Mitglieder und der ganzen Region reduziert.

Wirtschaftliche Vorteile

Die Mitglieder der Energiegemeinschaften können Strom untereinander handeln, verbrauchen und die Preise selbst aushandeln. Es gibt außerdem noch weitere finanzielle Anreize. Der Erneuerbaren-Förderbetrag muss nicht mehr bezahlt werden, man wird von der Elektrizitäts-Abgabe für Photovoltaik Strom befreit und die Netzentgelte sind reduziert.

Soziale Vorteile

Nicht zu unterschätzen sind auch die sozialen Vorteile. Durch die EEGs wird der Zusammenhalt innerhalb von Gemeinden gefördert – gemeinsam etwas für die Umwelt zu tun (und dabei Geld zu sparen) schweißt zusammen. Auch fördern sie das Verständnis für Shared-Economy – also für Projekte, bei denen bestimmte Dinge nicht mehr jeder selbst besitzt, sondern die man mit anderen teilt.

Schwierigkeiten und mögliche Nachteile der Energiegemeinschaft

Ganz so ist es leider nicht. Wie schon zu erkennen ist, hat die Gründung einer Energiegemeinschaft einige Tücken und muss wohl überlegt werden. Vor allem im urbanen Raum kommt dazu, dass es häufig an Platz mangelt. Ein weiteres Problem sind hier auch die oft wechselnden Mieter:innen und damit auch der Mitglieder in Energiegemeinschaften. Trotzdem gibt es auch in Wien schon eine Reihe von Projekten (zum Beispiel im Viertel zwei in Praternähe).

Wie gründet man eine Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft?

Vorarbeit und Konzept

Vorweg: es muss wirklich gut überlegt und geplant werden, damit die EEG zum Erfolg für alle Mitglieder werden kann.

Es müssen grundlegende Fragen geklärt werden:

  • Wer soll zur EEG gehören (also z. B. nur Nachbarn oder auch ein Kleinunternehmen in der Nähe oder die Gemeinde)?

  • Sind Produktionsanlagen (in den meisten Fällen wohl Photovoltaik-Anlagen) und Speicher vorhanden, oder müssen diese erst installiert und finanziert werden?

  • Wer soll sich um die Organisation und die Verwaltung kümmern?

Danach sollte man mit einem Netzbetreiber Kontakt aufnehmen und technische sowie rechtliche Fragen klären. Selbstverständlich muss man dies alles in ein Konzept fassen, in dem die Art der Gemeinschaft, die Organisation, die Preisgestaltung und vieles mehr schriftlich festgehalten werden. Je nach der Größe der Energiegemeinschaft wird dieses Konzept und die Projektplanung mehr oder weniger ausführlich ausfallen.

Gründung

Der nächste Schritt ist wichtig, denn davon hängen alle folgenden ab: es muss eine Rechtspersönlichkeit gegründet werden. Also zum Beispiel ein Verein. Erst dann kann weiter gehandelt werden. Als erstes ist eine Registrierung der EEG als Marktteilnehmerin notwendig. Wenn die Registrierung abgeschlossen ist, bekommt die EEG eine Marktpartner-ID (RC-Nummer). Diese ID ist für die Anmeldung der EEG beim Netzbetreiber notwendig.

Auch für den Abschluss des Vertrags mit dem Netzbetreiber ist die Gründung einer Rechtsperson Voraussetzung.

Anbindung an Marktkommunikation

Damit es richtig losgehen kann, muss jetzt nur noch die Anbindung an die sogenannte Marktkommunikation erfolgen. Dabei werden die Strommengen der innergemeinschaftlichen Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen übermittelt – was für die Abrechnung notwendig ist. Je nach Größe und Komplexität kann die Gemeinschaft mit der Abrechnung auch eine externe Software oder einen Dienstleister beauftragen. Der Netzbetreiber muss dann nur noch schnellstmöglich für die technischen Voraussetzungen (z. B. Smart-Meter) sorgen.

Hilfe bei der Gründung und Musterverträge

Seit März heurigen Jahres gibt es auf der Webseite der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften neben vielen nützlichen Angaben und Informationen über diese Organisationen auch Musterverträge. Diese erleichtern Interessierten die ersten Schritte und geben ein Grundgerüst für die Ausgestaltung der Energiegemeinschaften. Trotzdem sollte man sich externe Hilfe suchen, wenn man sich nicht sicher ist, wie man es richtig angeht. Profis zur Beratung an Bord zu holen, verhindert, dass man böse Überraschungen erlebt.

Steuerliche Aspekte

Beratung macht auch in steuerlichen Fragen Sinn. Da hier Privates und Gewerbliches vermischt werden, hilft die Klärung mit einem Steuerberater eventuelle Fallstricke zu vermeiden. Laut Finanzamt unterliegen Energiegemeinschaften zwar nicht der Gewerbeordnung, aber auch hier gilt: lieber einmal zuviel fragen, als zuwenig.

Wieviele Energiegemeinschaften gibt es in Österreich?

Insgesamt sind in Österreich etwa 100 Gemeinschaften bereits eingetragen. Die neue Gesetzeslage und die Gründung der Koordinierungsstelle werden vieles erleichtern.

Was können Energiegemeinschaften tatsächlich zur Energiewende beitragen?

Energiegemeinschaften können einen wertvollen Beitrag zur Energiewende leisten, Abhängigkeiten vermindern, Teuerungen abfangen und vor allem – Menschen zusammenbringen. Eine alleinige Lösung der Energiefrage darf man sich davon aber nicht erwarten.

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