Die gut gemeinten Tipps von der Schwiegermutter bringen Sie zur Weißglut, während Ihr Mann so tut, als hätte er mit der ganzen Sache nichts zu tun. Wie kann man dieses Dilemma lösen? Der Paartherapeut Dr. Christian Gutschi weiß Rat.
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Meine Schwiegermutter mischt sich permanent in unsere Beziehung ein. Ich habe meinen Mann wiederholt gebeten, ihr zu sagen, dass das nicht okay ist. Anstatt sich hinter mich zu stellen, hält er sich aber aus der Sache heraus. Das finde ich nicht in Ordnung. Was kann ich tun, dass er endlich etwas unternimmt?
"Für mich stellt sich eher die Frage: Was ist mit dem Mann los, dass er sich nicht an die Seite seiner Frau stellen kann?", so Gutschi, dem zufolge es hier ganz klar um das Thema Abgrenzung geht. "Natürlich versucht die Frau, den Mann auf ihre Seite zu ziehen. Immerhin ist sie ja Teil seiner neuen Familie." Offenbar gelingt es ihm aber nicht, sich von seiner Herkunftsfamilie - in dem Fall von seiner Mutter - abzugrenzen. "Manche schaffen das nie, andere nur im Zuge einer Therapie", weiß der Experte. Die Frage lautet daher nicht: Wie kann ich meinen Mann dazu bringen, sich von seiner Mutter abzugrenzen? Sondern: Wer ist es, der diese Aufgabe bewerkstelligen kann?
Ginge es nach der Frau, so wäre dies die Pflicht des Mannes, handelt es sich hier doch um seine Mutter. Weil der aber schlicht und einfach nicht in der Lage dazu ist, diesen Schritt zu setzen, liegt der Ball - ob sie nun will oder nicht - bei der Frau. "Die einzige Möglichkeit, die ich da sehe, ist, dass die Frau der Schwiegermutter ganz klar sagt: 'Bis hierher und nicht weiter!'. Auch auf die Gefahr hin, dass sie dann 'die Böse' ist. Aber anders wird es nicht gehen", erklärt Gutschi. Versucht die Frau dennoch, ihrem Mann besagte Aufgabe zu überantworten, läuft sie Gefahr, einen Beziehungskonflikt heraufzubeschwören. "Das wird nicht funktionieren", bringt Gutschi es auf den Punkt.
Der Konflikt als Chance
Dann doch lieber den Konflikt dort lassen, wo er seinen Ursprung hat: bei der Herkunftsfamilie des Mannes. Wobei es natürlich nicht automatisch zu einem solchen kommen muss. Vielleicht akzeptiert die Schwiegermutter ja die neu gesetzten Grenzen. Abgesehen davon müsse man sich von dem Gedanken lösen, dass Konflikte zwangsläufig negativ seien. "Oft fördern sie neue Wege zutage", weiß der Psychologe. Herausfordernd ist dieser Prozess für die Frau allemal. Vor allem dann, wenn sie sich von ihrem Mann nicht unterstützt fühlt. Vielleicht aber kann er ihr an anderer Stelle die von ihr gewünschte Unterstützung zukommen lassen. Quasi um einen Ausgleich zu schaffen.
Was aber, wenn nicht nur die erhoffte Hilfe vonseiten des Mannes ausbleibt, sondern er sogar der Meinung ist, seine Mutter werde durch das Einschreiten seiner Frau unfair behandelt? "Wenn sich der Konflikt in der eigenen Beziehung fortsetzt, würde ich eine Paarberatung empfehlen", sagt Gutschi. Hier dürften wohl noch ganz andere tieferliegende Themen mit im Spiel sein, denen es - ebenso wie der Abgrenzungsproblematik an sich - auf den Grund zu gehen gilt. In der Regel sei der Mann aber froh darüber, wenn ihm die Frau jene Aufgabe abnimmt, die für ihn - zumindest im Moment - schier unlösbar scheint.
Steckbrief
Dr. Christian Gutschi
Dr. Christian Gutschi ist Klinischer Psychologe und Gesundheitspsychologe. Sein beruflicher Schwerpunkt liegt auf der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Familien und Paaren. Darüber hinaus ist er als Lektor an der FH Kärnten für Gesundheitsmanagement tätig. Hier geht es zu seiner Homepage.