Die Wohnkosten in Wien ziehen weiter an, obwohl die Stadt im europäischen Vergleich noch moderat erscheint. Engel & Völkers Commercial warnt vor wachsendem Druck auf Wohnungssuchende – und fordert mutige Reformen in der Wohnbaupolitik.
Wien bleibt teuer – und wird es wohl auch bleiben. Während auf Bundes- und Landesebene eifrig über leistbaren Wohnraum debattiert wird, setzt sich am Wiener Immobilienmarkt ein klarer Trend fort: Steigende Preise bei Eigentum wie Miete. Laut einer aktuellen Analyse von Engel & Völkers Commercial Wien liegt der durchschnittliche Kaufpreis mittlerweile zwischen 5.500 und 8.000 Euro pro Quadratmeter, Mieten bewegen sich im Bereich von 16 bis 20 Euro/m² – Tendenz steigend.
Zwar wirkt Wien mit diesen Zahlen im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen wie Paris (bis zu 17.000 €/m²) oder London (bis zu 18.000 €/m²) noch moderat, doch die Einschätzung von Christian Sommer, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Wien, ist eindeutig: „Ohne gezielte Maßnahmen wird dieser Preisauftrieb ungebremst weitergehen.“
Steigende Baukosten und stockender Neubau
Ein Blick auf die Ursachen zeigt ein bekanntes Bild: Gestiegene Baukosten, Lieferengpässe, teure Materialien wie Holz oder Stahl sowie langwierige Genehmigungsverfahren bremsen die Neubautätigkeit. Hinzu kommen die strengen Kreditvergaberichtlinien der FMA, die seit 2022 vor allem jungen Haushalten den Zugang zu Eigentum massiv erschweren.
„Was politisch als Wunsch nach Eigentum gefordert wird, scheitert oft an der Realität der Finanzierung“, kritisiert Sommer. Besonders dramatisch: Für 2026 prognostiziert der Markt eine Zuspitzung der Wohnungsknappheit, weil zu wenig neu gebaut wird.
Regulierung ohne Wirkung
Auch die gesetzlichen Mietpreisdeckelungen zeigen laut Sommer kaum Wirkung. Während der freifinanzierte Neubau weitgehend unreguliert bleibt, sorgen gesetzliche Eingriffe im Altbau, wie die Aussetzung der Indexierung, lediglich für eine Kostenverschiebung zu den Eigentümer:innen – mit dem Nebeneffekt, dass Sanierungen ausbleiben und Investitionsbereitschaft sinkt.
Kritik an der Politik: Maßnahmen zu vage
Das aktuelle Regierungsprogramm enthält zwar wohlklingende Schlagworte wie „leistbares Wohnen“ oder „Wohnbauoffensive“, doch laut Engel & Völkers fehlt es an konkreten Umsetzungsstrategien. Gefordert werden praxisnahe Fördermodelle, ein Ausbau des gemeinnützigen Wohnbaus, steuerliche Anreize für Sanierungen sowie eine Lockerung der überregulierenden Kreditvergaberichtlinien.
„Wenn Wien eine lebenswerte Stadt für alle bleiben soll, braucht es mutige Entscheidungen – und eine Politik, die die Marktmechanismen ernst nimmt“, so Sommer. Auch eine Vereinfachung der Bauordnung sowie ein Bürokratieabbau bei Genehmigungen seien unumgänglich, um Wohnraum schneller und effizienter zu schaffen.
Wien im europäischen Vergleich: Noch im Mittelfeld
Zwar liegt Wien mit seinen Immobilienpreisen derzeit noch unter Städten wie Zürich, Amsterdam oder Berlin – aber der Spielraum wird kleiner. In Paris etwa werden bis zu 30 Euro/m² Miete gezahlt, in London sogar bis zu 35 Euro/m². Wien bewegt sich mit 16–20 Euro/m² zwar im unteren Bereich, doch der Trend zeigt klar nach oben.
Fazit: Die österreichische Hauptstadt befindet sich an einem Kipppunkt. Bleiben strukturelle Reformen aus, droht Wien seinen Status als leistbare Großstadt zu verlieren – mit weitreichenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen.