In Österreich hat Eigentum einen hohen Stellenwert. Immerhin 44 Prozent wohnen in einem Eigenheim, noch viel mehr träumen davon. Aber wie zukunftsträchtig ist diese Wohnform? Immobilien-Experte Bernd Gabel-Hlawa gibt Antworten auf diese und andere Fragen.
- 1. Steigen die Immobilienpreise weiter?
- 2. Welche Investitionen lohnen sich?
- 3. Wie sollte das Verhältnis von Kredit und Eigenkapital sein?
- 4. Welche Tipps kann ein unerfahrener Käufer gut brauchen?
- 5. Was sollte man beim Verkauf einer Immobilie beachten?
- 6. Wie nachhaltig und zukunftsträchtig ist ein Eigenheim?
- 7. Wie sieht Wohnen in Österreich in der Zukunft aus?
1. Steigen die Immobilienpreise weiter?
"Generell haben wir in den Großstädten seit 2007 ein stetiges Wachstum der Immobilienpreise, weil die Zuwanderung der Landbevölkerung sowie von Expats in die Städte – vorwiegend Wien und Graz – immer mehr zunimmt", sagt Immobilien-Experte Bernd Gabel-Hlawa, CEO und Gründer der Immobilienplattform "FindMyHome.at". Die Nachfrage ist einfach größer als das Angebot, wie Gabel-Hlawa feststellt. Im Rest Österreichs haben vor allem die Speckgürtel von Städten in Zeiten der Corona-Pandemie ein exponentielles Wachstum erfahren haben. Regionen wie das Wald-, Mühl- und Weinviertel sind daher beispielsweise sehr stark in der Nachfrage gewachsen - und mit der Nachfrage steigen auch die Preise. "Aus momentaner Sicht zeichnet sich hier also keine Entspannung ab", sagt der Experte.
Wenn der Zinssatz allerdings in die Höhe gehen würde – Finanzexperten prognostizieren, dass das in den nächsten 3 Jahren nicht passieren wird -, dann würde es eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Eigentümern geben, die sich ihre Immobilie nicht mehr leisten können und man hätte in den Folgejahren kein Wachstum mehr, weil wieder mehr Immobilien im Umlauf wären.
2. Welche Investitionen lohnen sich?
"Eigentum lohnt sich schon länger nur aufgrund des Wertwachstums der Immobilie", erklärt Gabel-Hlawa. Seit 2007 hat man immer eine Wertsteigerung mitgenommen. Was sich laut Experte auf jeden Fall auszahlt: Grundstücke, die circa 40 bis 70 Kilometer entfernt von Wien liegen. Sie seien ein gutes Investment, weil die Nachfrage nach Immobilien im Speckgürtel steigt, so Gabel-Hlawa.
Weniger lohnenswert ist das Bauen: Die Baukosten sind massiv gestiegen, die Rohstoffe sind teilweise um bis zu 70 Prozent teurer geworden. Das sei mit dem Wertwachstum nicht mehr abzudecken, wie der Immobilien-Experte mitteilt. Ähnliches gelte auch für Neubauprojekte im Bereich Eigentumswohnungen. Diese Wohnungen müssten neu bepreist werden, weil die Bauträger mit den Kosten nicht mehr im grünen Bereich sind. Kurzfristig gesehen ist die Rentabilität einer solchen Eigentumswohnung daher aktuell nicht gegeben, wenn man 10 Jahre oder länger denkt, zahlt es sich nach wie vor aus.
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3. Wie sollte das Verhältnis von Kredit und Eigenkapital sein?
"Die Faustregel ist 30 Prozent Eigenkapital und 70 Prozent Kredit. Die gleiche Regel gilt für das Wohnen: Die Kreditkosten sollten nicht mehr als 30 Prozent vom Gesamteinkommen ausmachen", sagt Gabel-Hlawa. Aktuelle Zahlen würden aber zeigen, dass es erstens durchschnittlich eher 15 Prozent Eigenkapital sind und die Banken das dann mit Laufzeiten strecken. Und zweitens liege der Durchschnitt der Wohn- und Wohnnebenkosten schon bei 50 bis 55 Prozent des Gesamteinkommens.
4. Welche Tipps kann ein unerfahrener Käufer gut brauchen?
Preissicherheit: Der Käufer sollte vor dem Kauf eines Hauses oder einer Wohnung einen sogenannten Vergleichscheck machen, der zeigt, um wie viel Geld die Immobilien in der näheren Umgebung in den letzten 3 Jahren verkauft worden sind. Makler oder Banken verfügen über diese Informationen.
Wohlfühlfaktor: Man sollte sich eine Immobilie aussuchen, in der man sich selbst auch wohlfühlen würde.
Kosten: Man darf Zusatzkosten wie Neben- und Sanierungskosten nicht außer Acht lassen. Der Kaufpreis ist nicht der Gesamtpreis.
Planung: Es ist wichtig, die Flexibilität des Grundrisses zu prüfen: Wenn jemand eine Immobilie kauft, sollte man daran denken, ob die Wohnung in 7 bis 10 Jahren noch mit den Lebensvorstellungen kompatibel ist, also ob beispielsweise ein Partner oder ein Kind noch Platz hat.
5. Was sollte man beim Verkauf einer Immobilie beachten?
"Beim Verkauf ist die erste Regel wieder der Preischeck. Am besten man zieht einen Makler seines Vertrauens hinzu. Zweitens empfehle ich immer der Immobilie ein kleines Facelift zu verpassen beziehungsweise ein bisschen Home Staging zu betreiben", sagt der Immobilien-Experte. Beim Verkauf nichts mehr in die Immobilie zu investieren, sei nicht förderlich. Drittens rät der Experte, nicht selbst zu verkaufen, weil meistens Emotionen mit im Spiel sind. Besser sei es beim Verkauf, einen Makler aufzusuchen und Geduld mitzubringen. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Verkaufszahlen am höchsten sind, wenn man für sechs Monate einen Alleinvermittlungsauftrag mit einem Makler seines Vertrauens abschließt", erklärt Gabel-Hlawa.
6. Wie nachhaltig und zukunftsträchtig ist ein Eigenheim?
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Dass eine Großstadt wächst sei etwas Natürliches, das würden auch internationale Vergleiche zeigen, wie der CEO von "FindMyHome.at" mitteilt. Aufpassen müsse man aber in den grünen Randbezirken und im Speckgürtel. Dort habe man den Schutz der alten Häuser oft verabsäumt und somit habe der Bauträger einen Freibrief, um die alten Häuser niederzureißen und etwas Neues zu bauen. "Darum gibt es die Situationen – und das eskaliert mittlerweile immer mehr -, dass neben einem Einfamilienhaus plötzlich ein 40-Parteien-Haus entsteht, wo vorher auch ein Einfamilienhaus gestanden ist", sagt Gabel-Hlawa.
Was kann also in Sachen Wohnungsbau eine nachhaltige Lösung für Österreich sein? Die Attraktivität des Wohnens in ländlichen Bereichen müsse laut Gabel-Hlawa gesteigert werden, damit der massive Zuzug in die Städte und Speckgürtel beendet und das Pendeln minimiert wird. Als Beispiel sei hier die Schweiz zu nennen, die Unternehmen durch Steuervorteile, Subventionen und Vorteile für die Mitarbeiter dazu gebracht hat, sich auch in ländliche Bereiche anzusiedeln. Das habe wunderbar funktioniert und könne er sich auch für Österreich vorstellen. Außerdem müsse man sich beim Wohnungsbau mehr darauf konzentrieren, in zentralen Lagen in die Höhe zu bauen und nicht unbedingt in den grünen Randbezirken. Dort solle das Grün bleiben dürfen und das Stadtbild erhalten bleiben – selbst wenn der Wohnungsmangel groß sei.
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7. Wie sieht Wohnen in Österreich in der Zukunft aus?
In Japan gibt es sogenannte Kapselhotels, in denen man in Plastikkabinen mit rund zwei Quadratmeter Wohnfläche schläft. Doch wie sieht Wohnen in Österreich künftig aus? "Ich glaube nicht, dass die ÖsterreicherInnen ein Konzept, wie wir es aus Asien kennen, annehmen würden. Spätestens dann nicht, wenn es um Paare und Familien mit Kindern geht", sagt Gabel-Hlawa. Junge Menschen würden sich aber gerne auf „minimal living“ einlassen. Das sei seiner Meinung nach in den Städten auch die Zukunft, seine Prognose lautet: Die Infrastruktur wird in Bezug auf die Geschwindigkeit und Erreichbarkeit stark wachsen, sodass man zwei oder drei Arbeitstage in der Stadt verbringt und dort im „minimal living“-Bereich lebt - während die Familie am Land wohnt.