News Logo
ABO

Zaghafte Zuversicht in der Krise: So geht es der deutschen Wirtschaft

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
6 min

Robert Habeck

©IMAGO/Chris Emil Janßen

Trotz globaler Unsicherheiten und einem eskalierenden Handelskonflikt mit den USA zeigt sich die deutsche Wirtschaft im Frühjahr 2025 widerstandsfähiger als erwartet. Der ifo-Geschäftsklimaindex steigt zum vierten Mal in Folge – doch die Wolken am Konjunkturhimmel bleiben dicht. Was Industrie, Mittelstand und Bau aktuell bewegt.

Die deutsche Wirtschaft stemmt sich weiter gegen die Rezession – doch der Gegenwind wird rauer. Der vielbeachtete ifo-Geschäftsklimaindex ist im April überraschend leicht gestiegen, von 86,7 auf 86,9 Punkte. Es ist der vierte Anstieg in Folge. Dennoch bleibt die Grundstimmung angespannt – nicht zuletzt wegen wachsender Unsicherheit im Außenhandel.

„Die deutsche Wirtschaft stellt sich auf Turbulenzen ein“, so ifo-Präsident Clemens Fuest. Auch ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe sieht, im Gespräch mit Reuters, „deutlich gestiegene Unsicherheit unter den Unternehmen“, vor allem in der Industrie: „Alles, was mit Außenhandel zu tun hat, zeigt deutlich nach unten.“

Industrie unter Druck, Bau mit Hoffnung

Das Bild bleibt allerdings heterogen: Während das verarbeitende Gewerbe mit pessimistischen Erwartungen kämpft – getrieben von Exportunsicherheit und rückläufiger Auftragslage –, kann die Bauwirtschaft einen Anstieg der Geschäftserwartungen verzeichnen. Das Geschäftsklima im Bau erreicht den höchsten Wert seit Mai 2023. Hoffnung setzt die Branche vor allem auf geplante Infrastrukturinvestitionen, unter anderem durch den neuen 500-Milliarden-Euro-Fonds der Bundesregierung.

Doch der Aufschwung bleibt fragil. Die Deutsche Bundesbank spricht von einer nur „vorübergehenden Stabilisierung“ im ersten Quartal und erwartet für das zweite Quartal einen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Der jüngste Monatsbericht warnt deutlich vor einem „trüben Ausblick“, vor allem aufgrund der Zollpolitik der Trump-Administration. Diese belaste nicht nur den Außenhandel, sondern auch das Vertrauen der Unternehmen in ihre eigenen Zukunftsperspektiven.

Dienstleister im Aufwind, Handel pessimistisch

Zu den stabilisierenden Kräften zählt derzeit der Dienstleistungssektor, insbesondere das Gastgewerbe sowie Bereiche wie das Wohnungs- und Grundstückswesen. Dort, so das Münchner ifo-Institut, zeigt sich eine positive Entwicklung – nicht zuletzt, weil diese Branchen weniger direkt vom internationalen Zollkonflikt betroffen sind.

Anders sieht es im Handel aus: Vor allem der Großhandel leidet stark unter den transatlantischen Spannungen. Die Erwartungen sind rückläufig, ebenso die Lageeinschätzungen. Auch der Transport- und Logistiksektor verzeichnet laut ifo-Institut einen „Rückschlag“.

Der Mittelstand sendet Alarmsignale

Besonders alarmierend ist die Lage bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Laut der aktuellen Frühjahrsumfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform überwiegt in diesem Segment erneut die negative Bewertung der Geschäftslage. Fast ein Drittel der Betriebe verzeichnet Umsatzrückgänge, jeder fünfte hat in den letzten Monaten Personal abgebaut – Werte, wie man sie zuletzt in der Finanzkrise 2009 gesehen hat.

„Der Mittelstand ist am Anschlag“, warnt Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. Die angekündigten Entlastungen der neuen Bundesregierung kämen zu spät – sofern sie überhaupt kämen.

Zukunft ungewiss – Reformdruck wächst

Der scheidende Vize-Kanzler Robert Habeck hatte bereits im Rahmen der Frühjahrsprojektion eingeräumt, dass sich die deutsche Wirtschaft in „schwierigem Fahrwasser“ befinde. Für 2025 erwartet die Regierung eine Stagnation, für 2026 ein Wachstum von nur 1,0 Prozent. Entlastung soll unter anderem durch den verstärkten Einsatz öffentlicher Investitionen kommen – etwa durch das Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur.

Doch Ökonomen wie Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank mahnen: „Der Koalitionsvertrag gibt kein Signal für Aufbruch. Ohne echte Strukturreformen und Investitionsanreize wird der Konjunktur keine nachhaltige Wende gelingen.“

Fazit: Robuster als erwartet, aber viele Herausforderungen

Die deutsche Wirtschaft kämpft – und zeigt sich dabei robuster, als viele es ihr zutrauten. Doch die Herausforderungen bleiben vielfältig: Neben der Zollpolitik der USA lasten Fachkräftemangel, Bürokratie, Investitionszurückhaltung und strukturelle Schwächen schwer auf der Konjunktur. Dass der ifo-Index trotz allem leicht steigt, darf nicht darüber hinwegtäuschen: Die wirtschaftlichen Turbulenzen sind noch längst nicht ausgestanden.

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER