Österreichische Erdäpfel, globale Konkurrenz, mutige Innovationen – seit 70 Jahren prägt Kelly‘s den Markt. Geschäftsführer Markus Marek über Regionalität, neue Geschmäcker und das Erfolgsprinzip: „Geht nicht, gibt’s nicht.“
Herr Marek, wie viel von der ursprünglichen Kelly‘s DNA steckt noch heute, 70 Jahre später, in der Marke?
Unser erstes Produkt war das Kelly-Popcorn. Und das ist noch immer einer unserer Klassiker und eines unserer meistverkauften Produkte. Es steckt also noch sehr viel DNA darin. Geändert wurde hier nichts. Popcorn ist Popcorn.
Amerikanischer Name, österreichische Wurzeln – wäre Kelly’s heute mit einem rein österreichischen Namen erfolgreicher?
Ich glaube nicht. Wir wurden von einem Amerikaner und von einem Österreicher – von Howard Kelly und von Herbert Rast – gegründet. 1955 war die Gründung, 1965 ist die Kelly GmbH gegründet worden. 1975 haben wir mit der Chipsproduktion angefangen und 1985 ist Soletti dazugekommen. Seit 1996 sitzen wir hier am Standort in Wien.
Wie bewahrt man seine Identität als Traditionsunternehmen, ohne altbacken zu wirken?
Wenn man sich die Produktverpackung heute und vor 70 Jahren anschaut, ist das natürlich eine ganz andere Qualität. Aber was sich nicht verändert hat, ist die Qualität in der Packung. Wir haben noch immer die beste Qualität mit den besten Kartoffeln. Aber natürlich sind Innovation und Werbung ein Schlüssel.
Ihre Hauptkonkurrenten sind globale Giganten. Wo und wie kann sich ein vergleichsweise kleiner Player wie Kelly’s behaupten?
Wir sind in Österreich mit Kelly‘s und Soletti sehr gut aufgestellt. Wo wir uns natürlich absetzen, sind die österreichischen Rohstoffe. Wir haben rund 90 Vertragsbauern, die uns die Erdäpfel liefern. Unser nächstes Feld ist sechs Kilometer von der Zentrale entfernt. Wir haben zwei Fabriken – eine in Feldbach in der Steiermark und eine in Wien. Wir kennen den österreichischen Konsumenten und wissen, was er liebt.
Viele Hersteller setzen auf deutsche Kartoffeln. Ist Kartoffel nicht gleich Kartoffel?
Also, prinzipiell heißen sie bei uns Erdäpfel und nicht Kartoffeln. Die österreichischen Kartoffeln, das österreichische Mehl, der Weizengrieß und das Salz aus Bad Ischl – das ist unsere DNA.
Gibt es eine rot-weiß-rote „Snack-DNA“?
Die drei stärksten Produkte am österreichischen Markt sind die Kelly‘s Chips Salz, mit denen bin ich aufgewachsen. Die Soletti natürlich und die Erdnuss Snips. Diese drei Klassiker werden immer weiterentwickelt – bei der Verpackung zum Beispiel, wo wir sehr früh einen Airbag eingeführt haben.
Sie dominieren den österreichischen Markt – gibt es irgendwann ein „zu groß“, eine Grenze, wo Wachstum schädlich wird?
Zum einen haben wir 30 Prozent. Ich würde also nicht sagen, dass wir den Markt dominieren, weil da gibt es 70 Prozent andere Anbieter. Aber natürlich, jeder will wachsen. Wir sind nicht nur für Österreich verantwortlich, wir produzieren auch einen Großteil des Schweizer Sortiments. Wir produzieren die Marke Chio für den slowenischen Markt. Es steckt also viel Österreich auch in anderen Ländern.
Ich nehme an, die Eigenmarken der Händler sind Ihr stärkster Gegner. Kann man das Match gewinnen?
Welchen Preis der Händler für seine Eigenmarke ansetzt bzw. für die Marke, bleibt ihm überlassen. Hier haben wir überhaupt keine Möglichkeit, irgendwie einzugreifen. Ich sehe das als Wettbewerb. Im Endeffekt müssen wir besser sein. Besser als alle anderen. Wenn der Konsument unsere Marke kauft, haben wir einen super Job gemacht.
Wie isst man einen Kelly’s Chip eigentlich richtig – auf der Zunge zergehen lassen oder zerbeißen?
Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Also ich liebe es, wenn es knistert – richtiges Mouth-Entertainment eben.


Markus Marek ist seit 1. Juli 2017 Director der Kelly Ges.m.b.H. Er leitet das Unternehmen gemeinsam mit Werner Luksch (Geschäftsführer Finanzen) und Thomas Buck (Geschäftsführer Operations). Vor seiner Tätigkeit bei Kelly‘s war er seit Oktober 2016 als Commercial Director für das Unternehmen tätig.
Weitere Karrierestationen waren REWE und Nestlé Österreich, wo er unter anderem als Country Manager und Sales Director Retail tätig war.


Millionen-Business. 14 Millionen Kelly‘s Packungen Chips- und Sticks werden jährlich in Österreich verkauft
© Weingartner-Foto / picturedesk.comIn Deutschland ist Paprika die beliebteste Chips-Geschmacksrichtung, in Österreich Salz. Woher kommt dieser Unterschied?
Auch in Slowenien ist Salz die Nummer eins. In der Schweiz sind es Chips mit süßem Paprika. Es kommt halt darauf an, wie man groß geworden ist. Ich bin mit Soletti groß geworden. Das prägt. Aber wir haben sehr viele Geschmacksrichtungen.
Schon mal daneben gelegen?
Wir machen immer wieder Sondereditionen, um den Markt zu beleben und den Österreichern die Möglichkeit zu geben, mitzuentscheiden, welche Sorte sie für ein paar Monate haben wollen. Ich bin offen für alles. Man weiß es nie, welche Trends sich auftun. Also, ich habe vor zwei Jahren keine Dubai-Schokolade gekannt … Wir bringen die besten Produkte mit unseren Innovationen auf den Markt. Aber im Endeffekt entscheidet der Konsument, ob das Produkt in einem Jahr noch im Regal ist oder nicht. Mir haben die Essiggurkerl-Snips sehr gut geschmeckt. Auch die Snips mit Schwammerl-Geschmack. Wichtig ist die Kommunikation. Die Leute müssen es erst mal kosten – das ist essenziell für eine erfolgreiche Markenstrategie. Nicht einfach was hinstellen und glauben, das funktioniert.
Hat Österreich als Standort für Sie langfristig eine Zukunft oder sind Produktionsverlagerungen irgendwann – Stichwort Kosten – unvermeidlich?
Wir investieren auch dieses Jahr sehr viel am österreichischen Markt – etwa in Feldbach in eine komplett neue Produktionslinie für Soletti, um der Nachfrage gerecht zu werden. Auch in Wien wird investiert. Wir sehen auch die Zukunft positiv.
Sie investieren in Photovoltaik, reduzieren Verpackungsmaterial – aber am Ende bleibt es ein Produkt, das in Plastik verpackt ist. Wie nachhaltig ist das wirklich?
Wir haben in den vergangenen Jahren viele, viele Fußballfelder an Folie eingespart und wir werden auch in Zukunft Folie einsparen. Wichtig ist für uns, dass die Chips beim Transport bzw. im Handel nicht zerbröseln. Da gibt es derzeit nichts anderes. Es ist auch ein Haltbarkeitsthema. Das liegt jetzt bei rund 21 Wochen. In einer reinen Papierverpackung halten die Chips drei, vier Tage. Was erwartet man sich von Chips? Von Knabbergebäck? Dass es frisch ist und dass es dieses Knistern im Mund gibt.
Gab es je Überlegungen, für eine billigere Produktion auf Importware umzusteigen?
Ich bin seit acht Jahren dabei, und es gab noch keine derartigen Überlegungen. Wir setzen nicht auf „Geiz ist geil“. Wir haben ein Versprechen abgegeben und eine klare Strategie dahinter: Das sind ausnahmslos österreichische Zutaten – und dazu stehen wir. Dem Konsumenten fällt das vielleicht auf, vielleicht auch nicht. Aber für uns ist es ganz wichtig. Und: Wenn ich Kartoffeln in einem Radius von 30 bis 40 Kilometern einkaufe, ist die CO2-Bilanz natürlich viel, viel geringer. Auch das ist Strategie – genauso wie die regionale Verarbeitung der Produkte, auf Photovoltaikanlagen zu setzen usw. Wir sind auch komplett palmölfrei. Und das nicht erst seit gestern.
Knapp fünf Kilo Knabbergebäck isst ein Österreicher im Schnitt im Jahr. Und Sie?
Ich bin bei einigen mehr natürlich. Wir haben ja auch viele Verkostungen. Wenn ich nicht der größte Fan wäre, dann würde ich den falschen Job haben.
Angenommen, Kelly‘s müsste morgen etwas völlig anderes herstellen – was wäre das?
Keine Ahnung. Damit habe ich mich noch nie beschäftigt.
Wenn Sie ihrem Nach-Nach-Folger eine Nachricht hinterlassen könnten, die in 50 Jahren geöffnet wird. Was würde auf dem Zettel stehen?
Das ist ein Satz, den ich mir von unserem Firmengründer Herbert Rast mitgenommen habe und der auch noch in 50, 70 oder in 100 Jahren seine Gültigkeit haben wird: Geht nicht, gibt es nicht.