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Weinbau im Wandel

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Patrizia und Erwin Sabathi

©Regina Hügli
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Die Weinbauern stehen aufgrund des Klimawandels vor neuen Herausforderungen. Der steirische Topwinzer Erwin Sabathi über steigende Qualität seiner Trauben, seine Versuche mit Drohnen zur Luftdurchmischung bei Frühjahrsfrösten und den Jahrgang 2024

Ihre Familie produziert bereits seit 1650 Wein. Da waren viele exzellente Jahrgänge dabei, manche waren aber auch nicht so gut. Wie beurteilen Sie den Wein von 2024?

2024 zählt mit Sicherheit zu den ganz großen Jahrgängen. Es spricht schon jetzt alles dafür. Endgültige Gewissheit werden wir erst nach einem Jahr Fassreife bekommen. Aufgrund des Frühjahrsfrostes konnten wir zwar mengenmäßig bis zu 25 Prozent weniger ernten. Aber auch dadurch, dass weniger Trauben auf den Reben waren, stieg die Qualität dieser Trauben.

Die Hitzetage im Sommer, die durch den Klimawandel ja jetzt viel häufiger auftreten, schadeten dem Wein nicht?

In der Steiermark hatten wir, bezogen auf die Weinbauregionen, bisher ein eher kühleres Klima. Durch die Klimaveränderungen sind die Temperaturen bei uns jetzt für den Weinbau im Optimum. Die Steiermark zählt klimatisch für den Weinbau mit Sicherheit zu den großen Gewinnern.

Pflanzen Sie jetzt neue Traubensorten an, wenn es in der Steiermark wärmer wird?

Grundsätzlich eher nicht. Das Steirische DAC-Herkunftssystem, das besonders gebietstypische Qualitätsweine beschreibt, regelt die Rebsorten ganz klar. Aber natürlich gibt es Winzerkollegen, die jetzt pilzresistentere Sorten pflanzen – allerdings mit Problemen. Einerseits sind diese pilzresistenten Rebsorten am Markt nicht relevant. Sie haben keine Tradition. Andererseits sind sie zwar teilresistent gegen den falschen Mehltau, aber nicht gegen Schwarzfäule und den echten Mehltau. Wir hingegen setzen auch in Zukunft auf traditionelle Rebsorten wie Sauvignon Blanc oder Chardonnay und bewirtschaften unsere Weingärten nach biologischer Wirtschaftsweise. Generell ist der Bio-Weinbau, der mich schon seit über 30 Jahren beschäftigt, die absolut beste Antwort auf diese Klimaveränderung. Die Reben stellen sich viel besser darauf ein als jene, die mit künstlichen Präparaten behandelt werden. Durch die biologische Wirtschaftsweise stellen wir auch sicher, dass auch die nächsten Genera­tionen weiterhin gesunde Böden und Reben vorfinden.

Es steigen nicht nur die Temperaturen. Es gab 2024 auch diesen späten Frühjahrsfrost und zumindest in Ostösterreich Hochwasser.

Das Klima hat sich immer schon verändert. Aktuell passiert das, durch Menschenhand verschuldet, natürlich viel rascher. Aber in den letzten Jahrhunderten hat es immer schon Auf und Ab gegeben. Diese Frühjahrsfröste, die es jetzt gibt, sind nicht neu, wie ich von meinen Eltern und Großeltern weiß. Problematischer sind für uns hingegen die wärmer werdenden Winter. Die Weinstöcke kommen schon früher aus der Winterruhe und beginnen zu früh mit dem Austrieb. Wenn dann nochmals der Frost kommt, führt das zu Problemen. Vom Hochwasser blieb die Steiermark 2024 glücklicherweise verschont.

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 © Andreas Tischler / picturedesk.com

2024 zählt mit Sicherheit zu den ganz großen Jahrgängen.

Haben Sie eine Lösung für die Frühjahrsfröste?

Zur Frostbekämpfung gibt es im Augenblick keine wirtschaftlich umsetzbare Lösung. Das muss man auch ganz klar sagen. Wenn sich ein Weingarten in einer Ebene befindet, kann man mit Frostkerzen und anderen Heiztechniken arbeiten und die Temperatur um bis zu drei Grad erhöhen. Das ist bei unserer extrem steilen Hanglage aber nicht möglich. Es wäre für uns auch logistisch gar nicht machbar. Da bräuchte man dann mehrere Hundert Leute in einer Nacht und ein riesiges Lager für die Frostkerzen – abgesehen von den Kosten.

Andere Möglichkeiten gibt es nicht?

Wir haben Versuche mit großen Drohnen gemacht. Der Ansatz war, damit eine Luftdurchmischung zu erreichen. Aber auch das hat aufgrund der nicht immer vorhersehbaren Temperaturschichtungen nicht wirklich funktioniert.

Das heißt, Sie rechnen auch in Zukunft auf Grund der Klima­veränderung mit Ernteverlusten?

Ja. Darauf müssen wir uns in Zukunft einstellen, aber damit einher geht ein Qualitätsgewinn. Auch die Sommermonate sind natürlich entscheidend. 2024 gab es zu wenig Wasser in genau jenen Monaten, in denen die Trauben wuchsen. Dadurch blieben die Beeren kleiner. Das hatte aber gleichzeitig zur Folge, dass sie geschmacklich konzentrierter waren und somit an Qualität gewonnen haben.

Wegen der geringeren Produktionsmengen ist davon auszugehen, dass guter Wein teurer wird …

Ich gehe im Moment nicht davon aus, dass es große Preissprünge bei Qualitätsweinen geben wird. Denn das lässt die aktuelle Wirtschaftslage nicht ­unbedingt zu. Für außergewöhnliche Weine wie jene aus unseren Rieden vom Pössnitzberg gibt es diesbezüglich eine weitaus höhere Akzeptanz.

Es gibt den Trend, zu genießen, aber gleichzeitig auf Alkohol zu verzichten. Experimentieren Sie mit alkoholfreiem Wein oder anderen alkoholfreien Getränken?

Im Moment nicht. Aktuell gibt es noch keine Techniken, um dieses Genussmittel Wein in einer hohen Qualität alkoholfrei herzustellen. Bei entalkoholisiertem Wein gibt es einen immensen Qualitätsverlust, und das entspricht überhaupt nicht unseren Ansprüchen. Wir verspüren glücklicherweise aktuell – und ich hoffe, das wird auch so bleiben – eine sehr große Nachfrage nach unseren Weinen. Und ich gehe ­davon aus, dass in Zukunft zwar etwas weniger Wein getrunken wird, die ­Menschen dafür aber noch genauer auf die Qualität achten.

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