Unternehmen stehen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten häufig vor der Herausforderung, Restrukturierungen vornehmen und Stellen abbauen zu müssen. Doch öffentliche Drohungen mit Kündigungen sind ein zweischneidiges Schwert: Sie können nämlich nicht nur das Vertrauen der Belegschaft, sondern auch das Ansehen des Unternehmens nachhaltig schädigen. KTM, Bosch und Volkswagen zeigen, wie man's nicht macht
Warum öffentliche Kündigungsdrohungen problematisch sind
Der österreichische Motorradhersteller KTM sieht sich mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen konfrontiert. Bis Mitte November 2024 wurden bereits rund 700 Stellen abgebaut. Bis Anfang 2025 plant das Unternehmen, 300 weitere Arbeitsplätze zu streichen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei anderen Unternehmen. Bosch plant den Abbau von bis zu 5.550 Stellen und auch Volkswagen kämpft mit drohenden Werksschließungen. Ankündigungen wie diese können kurzfristig zwar den Druck auf Mitarbeiter und Gewerkschaften erhöhen, langfristig jedoch schwerwiegende Konsequenzen haben.
Vertrauensverlust, schlechte Unternehmenskultur, Imageschäden
Der Gallup Engagement Index 2023 zeigt, dass die Zahl der Mitarbeitenden in deutschen Unternehmen ohne emotionale Bindung an den Arbeitgeber so gering ist wie seit 2012 nicht mehr. Viele Unternehmen hätten die Loyalität ihrer Mitarbeiter verspielt. Etwa ein Fünftel der deutschen Beschäftigten ist emotional nicht gebunden, was die deutsche Wirtschaft zwischen 132,6 und 167,2 Milliarden Euro an Produktivitätsverlusten kostet. 45 % der deutschen Arbeitnehmenden sind zudem entweder aktiv auf der Suche nach einem neuen Job oder zumindest offen für neue Herausforderungen. Die Zahl der Arbeitnehmenden, die bereits innerlich gekündigt haben, hat um einen Prozentpunkt zugenommen und ist mit 19 Prozent so hoch wie seit 2012 nicht mehr.
Ein großes Manko ist dem Bericht zufolge die Top-Down-Kommunikation in vielen Unternehmen: „Führungskräften, die ihre Mitarbeitenden auf dem Laufenden halten, wird deutlich größeres Vertrauen entgegengebacht als denen, die das nicht tun (64 % zu 25 %). Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, dass Führungskräfte als offene und transparente Kommunikatoren/Kommunikatorinnen und Informationsvermittler Informationsvermittlerinnen agieren. Allerdings tun sich die Führungskräfte damit schwer: Nur drei von zehn Beschäftigten (29 %) fühlen sich von ihrer Führungskraft derzeit bestens über die Entwicklungen in ihrem Unternehmen informiert.“
Schlecht informierte Führungskräfte
Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die jeweiligen Führungskräfte selbst ausreichend informiert sind, so der Engagement Index. „Und daran scheint es zu hapern. Denn die Daten zeigen auch, dass Führungskräfte sich durch ihre eigenen Vorgesetzten selbst nur unwesentlich besser informiert fühlen als die Personen, die sie führen (32 % vs. 27 %).“
Was viele nicht wissen: Nach Kündigungswellen dauert es oft Jahre, bis die Belegschaft wieder Vertrauen in ihr Unternehmen fasst. In dieser Zeit sinken sowohl Produktivität als auch Motivation der verbleibenden Mitarbeiter.
Wer also öffentlich über Schließungen und Kündigungen sinniert, bevor man die eigene Belegschaft über die aktuelle Lage informiert oder zumindest Alternativen ausgelotet hat, riskiert negative Auswirkungen auf die Unternehmenskultur: Verunsicherung und Angst führen oft zu erhöhter Fluktuation und im Zuge dessen zu einer weiteren Verschlechterung des Betriebsklimas.
Auch eine Schädigung des Unternehmensimages ist wahrscheinlich, wenn Unternehmen derartige Drohgebärden nutzen, um die eigene Belegschaft und Gewerkschaften unter Druck zu setzen: Unqualifizierte Statements des Managements wirken abschreckend auf potenzielle Talente, beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit und möglicherweise auch Kaufentscheidungen der Konsumenten.
Der Gallup Engagement Index nimmt Führungskräfte deshalb ungeschönt in die Pflicht und mahnt: „Aus den Ergebnissen des Gallup Engagement Index Deutschland 2023 geht hervor, dass sich zu wenige Führungskräfte bewusst mit Führung auseinandersetzen. Mitarbeitende verlassen bei einer Kündigung in der Regel nicht das Unternehmen, für das sie arbeiten – sie verlassen Vorgesetzte. Die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse zeugen einerseits von dem Mangel an Qualität der gegenwärtig erlebten Führung, bietet Unternehmen sowie Führungskräften aber auch eine Möglichkeit zur Selbstreflexion.“
Bleibt abzuwarten, ob Unternehmen sich diesen Rat auch zu Herzen nehmen werden.