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Telearbeit: Österreich definiert Homeoffice neu

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In den letzten Jahren hat das Thema Homeoffice stark an Bedeutung gewonnen, insbesondere in der Zeit der Pandemie. Aktuelle Studien und gesetzliche Änderungen zeigen jedoch, dass sich in Österreich ein Wandel abzeichnet. Während die flexible Arbeit früher als unverzichtbarer Bestandteil des modernen Arbeitslebens galt, scheinen sowohl Unternehmen als auch Gesetzgeber einen neuen Kurs einzuschlagen.

Rückgang der Homeoffice-Nutzung in Österreich

Eine aktuelle Studie von Deloitte aus dem Jahr 2024 zeigt, dass die Nutzung von Homeoffice in Österreich deutlich abnimmt. Während 2022 noch 90 % der befragten Unternehmen mindestens die Hälfte ihrer Mitarbeitenden von zu Hause arbeiten ließen, sind es 2024 nur noch 73 %. Noch drastischer ist der Rückgang in der tatsächlichen Nutzung: Sie sank von 82 % auf 65 % – ein Rückgang von 17 Prozentpunkten.

Die Gründe für die Abnahme sind vielfältig: Arbeitnehmer schätzen mittlerweile wieder die sozialen Kontakte im Büro sowie die bessere Ausstattung der Arbeitsplätze vor Ort. Führungskräfte hingegen beklagten ein schwächeres Zugehörigkeitsgefühl und erschwerte Kommunikation durch Homeoffice.

New-Work-Expertin Juliana Wolfsberger von Deloitte Österreich betont: „In der heutigen Arbeitswelt sollte Leistung an Ergebnissen statt an physischer Anwesenheit gemessen werden. Das führt nicht nur zu einer insgesamt produktiveren und motivierteren Belegschaft, sondern fördert auch Chancengleichheit im Unternehmen.“ Obwohl sich fast ein Viertel der befragten Mitarbeitenden (23 %) für mehr Home-Office-Nutzung ausspricht, fordern rund 26 % der Geschäftsführungen in der Studie eine Reduzierung der Homeoffice-Nutzung. Mehr als ein Drittel davon befürwortet sogar die weitgehende Einstellung von Remote Working, obwohl die Effizienz im Homeoffice nachweislich nicht leidet.

„Ein erheblicher Teil der Führungskräfte hat weiterhin Bedenken, dass die Arbeitszeit im Home Office auch für private Zwecke genutzt wird. Auch wenn es solche Einzelfälle gibt, zeigen Untersuchungen, dass Sorgen diesbezüglich weitgehend unangebracht sind“, weiß Bettina Kubicek, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Graz. Diese Einschätzung wird durch aktuelle Umfrageergebnisse unterstützt: Fast 44 % der Führungskräfte und etwa 76 % der Mitarbeitenden sehen die Auswirkungen von Homeoffice auf Produktivität und Leistung positiv.

„Ein erheblicher Teil der Führungskräfte hat weiterhin Bedenken, dass die Arbeitszeit im Home Office auch für private Zwecke genutzt wird. Auch wenn es solche Einzelfälle gibt, zeigen Untersuchungen, dass Sorgen diesbezüglich weitgehend unangebracht sind“

Bettina KubicekProfessorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Graz

Gesetzliche Neuausrichtung: Das Telearbeitsgesetz 2025

Parallel zu diesen Entwicklungen bringt das ab 2025 geltende Telearbeitsgesetz eine wichtige Änderung mit sich: Es erweitert das bisherige Homeoffice auf ortsungebundene Telearbeit. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer nicht mehr ausschließlich von ihrer Wohnung aus arbeiten müssen, sondern quasi von überall tätig sein können. Damit wird ein flexibleres Arbeiten möglich, das nicht an den festen Standort „Zuhause“ gebunden ist.

Im Rahmen des neuen Gesetzes bleibt das Telearbeitspauschale von bis zu 3 Euro pro Tag für maximal 100 Tage im Jahr bestehen. Arbeitgeber können darüber hinausgehende Beträge zahlen, diese sind allerdings steuerpflichtig. Wichtig ist auch, dass die Telearbeitstage im Lohnzettel vermerkt werden müssen, um das Pauschale in Anspruch nehmen zu können.

Betriebe können es sich aber nicht mehr leisten, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden rund um flexibles Arbeiten hintenanzustellen.

Christian KorunkaProfessor an der Universität Wien

Herausforderungen und Erwartungen an die Zukunft

Trotz dieser anstehenden gesetzlichen Neuerungen ist die Akzeptanz flexibler Arbeitsmodelle in vielen Unternehmen nach wie vor gering. Besonders die Konzepte der „Workation“ oder 4-Tage-Woche stoßen auf Ablehnung. Nur 5 % der Unternehmen setzen sich aktiv mit der 4-Tage-Woche auseinander, obwohl fast die Hälfte der Bewerber höhere Erwartungen an diese flexiblen Arbeitsmodelle stellen.

Christian Korunka, Professor an der Universität Wien, warnt: „Auf den ersten Blick ist die grundsätzliche Zurückhaltung hinsichtlich der 4-Tage-Woche aus Unternehmensperspektive zu verstehen. Betriebe können es sich aber nicht mehr leisten, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden rund um flexibles Arbeiten hintenanzustellen. Um angesichts des anhaltenden Fach- und Arbeitskräftemangels wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten innovative und flexible Arbeitsmodelle viel mehr zur Priorität werden.“

Die Arbeitswelt in Österreich steht vor einem Umbruch: Während die Nutzung von Homeoffice rückläufig ist, erweitert das Telearbeitsgesetz die Möglichkeiten, von verschiedenen Standorten aus zu arbeiten. Dennoch stehen viele Unternehmen flexiblen Modellen wie der 4-Tage-Woche oder Workation weiterhin skeptisch gegenüber. Inwieweit Unternehmen und Gesetzgeber den Balanceakt zwischen den Erwartungen der Arbeitnehmer und den Anforderungen der Geschäftsführung meistern können, wird die Zukunft zeigen.

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