Mit dem größten Investitionsprogramm seiner Geschichte will der Handelskonzern ein klares Zeichen für den Standort Österreich setzen. Neben Filialmodernisierungen und einem neuen Logistikzentrum in Wiener Neudorf soll das „Kaufleute-Modell“ bei Billa massiv ausgebaut werden.
Der Handelskonzern REWE setzt ein kräftiges wirtschaftliches Ausrufezeichen: Bis 2027 will das Unternehmen insgesamt 1,5 Milliarden Euro in den österreichischen Markt investieren – das größte Investitionsprogramm in der Unternehmensgeschichte. Die Schwerpunkte liegen auf der Modernisierung bestehender Filialen, dem Ausbau der Logistik-Infrastruktur und der Förderung selbstständiger Billa-Kaufleute.
Vertrauensbeweis für den Standort
Trotz konjunktureller Unsicherheiten und einer umstrittenen 70-Millionen-Euro-Kartellstrafe sieht REWE-Österreich-Chef Marcel Haraszti das Vorhaben als „klares Bekenntnis zum Standort Österreich“. Auch der Aufsichtsrat der deutschen Muttergesellschaft hat dem Vorhaben bereits zugestimmt. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) lobte das Projekt als „starkes Signal in herausfordernden Zeiten“, das tausende Arbeitsplätze sowie heimische Produzenten und Zulieferer stärke.
Neues Logistikzentrum in Wiener Neudorf
Das größte Einzelprojekt: Ein teilautomatisiertes Logistikzentrum für Trockensortiment auf dem bestehenden REWE-Areal in Wiener Neudorf. Baustart ist für 2026 geplant, die Fertigstellung soll 2030 erfolgen. Rund 600 Millionen Euro fließen in das Großprojekt – laut Unternehmensangaben das größte Privatinvestment in Niederösterreich der letzten Jahre.
Billa: Qualität vor Expansion
Im hart umkämpften Lebensmittelhandel setzt REWE auf nachhaltiges Wachstum. Die Zahl der Billa-Standorte wurde 2024 leicht reduziert, gleichzeitig soll das sogenannte „Kaufleute-Modell“ deutlich ausgebaut werden. Bis 2030 will REWE rund 200 Billa-Filialen in die Hände selbstständiger Unternehmer:innen überführen. Derzeit sind 23 Standorte nach diesem Modell in Betrieb. Billa bleibt laut Haraszti dabei weiterhin Mehrheitspartner mit 20 Prozent der Gesellschaftsanteile.


So werden sich die Investitonen aufteilen.
© REWE GroupUmsatzwachstum trotz Konsumzurückhaltung
Trotz anhaltender Kaufzurückhaltung und hoher Energiepreise legte REWE in Österreich 2024 beim Bruttoumsatz um 4,8 Prozent auf 10,94 Milliarden Euro zu. Das Lebensmittelgeschäft (u.a. Billa, Penny, Adeg) wuchs um 3,9 Prozent, BIPA konnte mit einem Plus von 5,9 Prozent erneut zulegen. Im Onlinehandel verzeichnete REWE ein Umsatzplus von 11 Prozent auf 114 Millionen Euro – trotz Einstellung der flächendeckenden Hauszustellung durch Billa.
Digitale Nahversorgung & nachhaltige Expansion
Im Bereich Digitalisierung und Nahversorgung setzt Billa verstärkt auf SB-Lösungen. Die Zahl der „Billa Boxen“ – vollautomatisierte Mini-Filialen – soll ausgebaut werden, besonders in den 580 österreichischen Gemeinden ohne klassischen Nahversorger. Parallel dazu treiben alle Vertriebslinien die Modernisierung ihrer Standorte voran. So will Penny bis Ende 2027 sein gesamtes Filialnetz auf ein neues Konzept umstellen, 2025 sollen allein 65 Standorte neu gebaut oder modernisiert werden.
Nachhaltigkeit im Fokus
Neben wirtschaftlichen Zielen bleibt Nachhaltigkeit ein zentraler Pfeiler der REWE-Strategie. In Wien-Donaustadt eröffnete 2024 ein besonders umweltfreundlicher Billa-Markt, der mit Holzbauweise, Photovoltaik, Wärmerückgewinnung und einer Unverpackt-Station fünf Umweltzertifikate erhielt. Bis Ende 2025 sollen über 50 Filialen mit Green-Pass-Zertifizierung folgen.
Kartellstrafe: Gang nach Straßburg geplant
Die im Februar vom Obersten Gerichtshof verhängte Rekordstrafe in Höhe von 70 Millionen Euro für eine nicht gemeldete Geschäftsflächenübernahme in Wels will REWE nicht einfach hinnehmen. Eine Individualbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sei in Vorbereitung. Haraszti sieht durch das Urteil negative Auswirkungen auf die Rechtssicherheit am Standort Österreich.
Fazit: Gegen den wirtschaftlichen Trend
Mit dem Rekord-Investitionsprogramm stellt sich REWE klar gegen den wirtschaftlichen Trend mit dem klaren Ziel, langfristig seine Marktposition in Österreich zu stärken. Während sich der Mitbewerber Spar weiterhin an der Spitze behauptet, setzt die Billa-Mutter auf Modernisierung, Regionalität und nachhaltige Strukturen – stationär wie digital. Ein Signal, das über die Branche hinausreicht und dem Wirtschaftsstandort Österreich sicherlich gut tut.