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PRO-GE schließt Nulllohnrunde für 2025 aus

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In der Elektroindustrie läuft heuer die Freizeitoption aus
©APA/APA/dpa/Ralf Hirschberger
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In gut zwei Wochen fällt der Startschuss für die Frühjahrslohnrunde für rund 130.000 Beschäftigte. Nachdem die Arbeitgeber seit Monaten über die hohen Lohnabschlüsse der vergangenen Jahre klagen, ist am Dienstag die Produktionsgewerkschaft PRO-GE in die Gegenoffensive gegangen: Eine Nulllohnrunde, wie von Industrievertretern gefordert, werde es nicht geben. Dafür gebe es auch keinen Grund, stellte PRO-GE-Chef Reinhold Binder klar.

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Für heuer werde der Teuerungsausgleich ein "ganz wesentlicher Punkt" sein. Und Kollektivvertrags-Experte Peter Schleinbach assistierte: "Die Mutter aller Themen ist die Inflation." Sie würde die Arbeit entwerten und schließlich seien Löhne nicht nur ein Kostenfaktor, sondern auch die Grundlage für Nachfrage.

Mit Verweis auf Zahlen des Wirtschaftsforschungsinstitutes Wifo rechnen die Gewerkschafter vor: 2021 und 2022 stiegen die privaten Konsumausgaben um fast fünf Prozent, 2023 und 2024 lagen sie im Minus und für heuer wird der Zuwachs bei 0,8 Prozent gesehen.

Von 2022 bis heuer sei der Tariflohnindex in der Industrie um 20,9 Prozent gestiegen, die Inflation um 20,2 Prozent. Und die Teuerung beim Micro-Warenkorb, der den täglichen Einkauf widerspiegelt, liege gar bei 44,7 Prozent.

Die hohen Energiekosten, unter denen die Wirtschaft stöhnt, würden genauso auch die Arbeitnehmer treffen. Und in Richtung der kriselnden Autowirtschaft hieß es, diese habe in der Vergangenheit zu wenig in die Zukunft investiert. Dass die Wirtschaft laufend hohen bürokratischen Aufwand beklagt, will Binder differenziert sehen - so dienten Dokumentationspflichten auch dem Arbeitnehmerschutz.

Bernhard Leubolt, Volkswirtschaftsexperte der PRO-GE, rechnete am Dienstag vor: Bei einer ohnehin schon niedrigen Inflation von angenommen zwei Prozent würde eine dreijährige Nulllohnrunde Urlaubs- und Weihnachtsgeld nur durch die Teuerung auffressen. Richtig sei, dass die Lohnstückkosten seit 2022 im Steigen seien, davor seien sie aber gesunken. Die jetzige Veränderung sei jedenfalls "nicht dramatisch", so Leubolt.

Drei Besonderheiten wiesen die Lohnrunden der vergangenen Jahre auf, allerdings nur für einzelne Branchen. So gibt es etwa für die Elektroindustrie eine Freizeitoption, also mehr freie Zeit bei Verzicht auf die KV-Erhöhung. In der Metallindustrie wiederum wurde eine Härtefallklausel eingeführt, wodurch besonders personalintensive Firmen mit schwacher Auftragslage nicht die ganze KV-Erhöhung umsetzen mussten. Metaller und Handel haben außerdem zuletzt einen zweijährigen KV-Abschluss vereinbart.

All diese Dinge sind auch für heuer denkbar, so Binder, aber prinzipiell werde ein einjähriger Abschluss bevorzugt. Es gehe auch nicht nur um die Erhöhung der Löhne und Gehälter, so habe man in der Textilwirtschaft zuletzt den 31. Dezember arbeitsfrei gestellt.

Dass angesichts der Flaute in der Industrie wieder mehr Kurzarbeit kommen könnte, sehen die Gewerkschafter mit gemischten Gefühlen. Dieses Arbeitsmodell sollte nur für kurzfristige Probleme Anwendung finden. Und auch die Mangelberufsliste, über die Arbeitskräfte aus Drittstaaten außerhalb der EU nach Österreich kommen, sieht die PRO-GE nicht ideal aufgestellt. Hier sollte man sich die "letztklassige Bezahlung" in manchen Branchen ansehen, meinte Binder vor Journalisten.

Die Produktionsgewerkschaft PRO-GE verhandelt ganzjährig insgesamt 121 Kollektivverträge für ca. 500.000 Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Lehrlinge. Der "KV-Frühling" in der Industrie umfasst die Branchen Chemische Industrie (50.000 Beschäftigte), Elektro- und Elektronikindustrie (60.000 Beschäftigte), Glasindustrie (6.500 Beschäftigte), Papierindustrie (8.000 Beschäftigte) und Textilindustrie (7.500 Beschäftigte). Die Herbstlohnrunde wird traditionell von der Metallindustrie (rund 200.000 Beschäftigte) Mitte September eingeläutet.

Basis des Feilschens ist traditionell die rollierende Inflation, also die Teuerung der vergangenen zwölf Monate. Diese lag von März 2024 bis Februar 2025 bei 2,8 Prozent.

Während die Frühjahreslohnrunde vor der Tür steht haben andere Branchen kürzlich schon abgeschlossen. Für die landwirtschaftlichen Gutsbetriebe in OÖ wurde eine KV-Erhöhung um 3,2 Prozent vereinbart. Der neue Mindestlohn liegt bei 1.934 Euro brutto. In der Zuckerindustrie gibt es um 3,33 Prozent mehr aufs Lohnkonto (Mindestlohn: 2.222 Euro). Beschäftigte in Friedhofsgärtnereien erhalten um 2,9 Prozent mehr und in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft wird um 3,1 bis 3,3 Prozent brutto mehr bezahlt.

Von besonderem Interesse ist die Teuerung auch für die Handelsangestellten. Die Einigung der Sozialpartner im Vorjahr auf einen Zwei-Jahres-Kollektivvertrag (KV) sieht nämlich eine fixe Kopplung der Gehälter 2026 an die Jahresinflation 2025 vor.

Bis zu einer rollierenden Inflation von 2,3 Prozent steigen die Gehälter um 0,5 Prozent über der Inflationsrate. Bei einer Jahresinflation von 2,4 und 2,5 Prozent klettern die Einkommen um 0,4 Prozent. Bei 2,6 Prozent Teuerung beträgt das Plus dann 0,3 Prozent, bei 2,7 Prozent nur noch 0,2 Prozent über der Inflation und bei 2,8 Prozent sind es dann lediglich 0,1 Prozent. Bei einem Verbraucherpreisanstieg von drei Prozent und mehr wird im Handel noch einmal verhandelt.

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