Im Indopazifik liegen die am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Über 60 % des globalen BIPs werden dort erwirtschaftet. Auch für Europa ist die Region einer der wichtigsten Handelspartner. Vor allem auf der Exportseite wäre für österreichische Unternehmen noch viel Luft nach oben
Seit der damalige japanische Premier Shinzō Abe im Jahr 2007 der Indopazifikregion ihren Namen gab, ist viel passiert. Damals war sein Land noch die größte Volkswirtschaft in der Region. Heute ist China allen anderen weit davongeeilt – auch wenn das Reich der Mitte durch Covid- und Immobilienkrise wirtschaftlich etwas außer Atem zu sein scheint. Jammern auf hohem Niveau, verglichen mit den wirtschaftlichen Sorgen vieler europäischer Staaten, darunter Österreich. Über China hinaus sind auch viele andere Staaten der Region sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten außerordentlich wohlhabend geworden. Das macht die Region zum vielversprechenden Absatzmarkt. Sorgen um Handelsbeschränkungen und geopolitische Spannungen verlangen aber ein überlegtes Vorgehen.
Urbanisierung bietet Exportchancen
Zu den Begleiterscheinungen des steigenden Wohlstands in der Region zählt zunehmende Urbanisierung. Sie führe zu einem steigenden Bedarf an Verkehrs- und Energieinfrastruktur, heißt es auf News-Anfrage aus der Außenwirtschaft Austria. Die fortschreitende Modernisierung der Industrie in den Staaten der Region steigere außerdem die Nachfrage nach Hochtechnologie. Österreich habe in den Bereichen Kunststoff- und Metallbearbeitung, Recycling, Nahrungsmittelmaschinen und Medizinische Geräte und Einrichtungen einiges zu bieten. Auch bei Green Tech sieht man bei der Außenwirtschaft Austria offenes Potenzial, etwa in den Bereichen Abfallwirtschaft, Recycling, Industrieproduktion und Kreislaufwirtschaft. Gerade bei wohlhabenden Stadtbewohnern in der Region könnten österreichische Unternehmen auch mit Luxus-Konsumgütern punkten. Zudem gewinne Österreich als Tourismusziel an Bedeutung.


Österreichs Exportpotenzial im Indopazifik. Innerer Kreis: Tatsächliche Exporte. Äußerer Ring: Offenes Potenzial. Daten: International Trading Centre
© News/ITCElefanten im Raum: China, Japan, Korea
Österreichs Handelsbilanz mit dem Reich der Mitte liegt mit einem Minus von 4,1 Milliarden Euro so weit im roten Bereich wie bei keinem anderen Handelspartner: 5,8 Milliarden Euro zusätzliches Exportvolumen nach China ist laut Prognosen des Internationalen Handelszentrums (ITC) möglich. Allerdings besteht bei China laufend die Gefahr von Gegenmaßnahmen gegen EU-Zölle. Nicht nur deshalb lohnt sich der Blick über den chinesischen Tellerrand. Auch in Chinas Nachbarschaft sieht das ITC in Japan und Südkorea großes Potenzial für österreichische Unternehmen. Pharmaprodukte sind hier gefragt, in Südkorea zudem Elektrotechnik und Metallprodukte
Emporkömmlinge: ASEAN & Indien
Große Potenziale ortet die Außenwirtschaft Austria zudem in den Staaten des ASEAN-Wirtschaftsraumes in Südostasien. Sie werden mit vereinten Kräften zunehmend zur globalen Wirtschaftsmacht. Bis 2030 wird sich ASEAN hinter USA, China und EU nach aktuellen Prognosen auf Platz vier der größten Volkswirtschaften der Welt einreihen. Das zusätzlich nutzbare Exportpotenzial ist für Österreich laut ITC vor allem in Malaysia, Singapur, Indonesien, Vietnam und Thailand groß.
Die ASEAN-Länder könnten von den Zöllen im Handelskonflikt zwischen den USA und China profitieren, indem sie sich als alternativer Produktionsstandort positionieren. Das könnte ihren Aufschwung weiter beschleunigen – und ASEAN noch attraktiver als Exportdestination machen. Prominentes Beispiel für diese Entwicklung: Das iPhone wird nicht mehr nur in China, sondern auch im ASEAN-Staat Vietnam produziert – und in Indien.
Stichwort Indien: Weniger als die Hälfte des heimischen Exportpotenzials wird hier genutzt. Vor allem in den Bereichen Organische Chemikalien und Metallprodukte sieht das ITC noch Spielräume – die sich weiter vergrößern dürften: Das Land ist Heimat von 1,4 Milliarden Menschen, fast ein Fünftel der Weltbevölkerung. Wirtschaftlich kann Indien noch aufholen – und tut es auch: Sieben Prozent Wachstum im Jahr 2024 sprechen für sich.
Spannungsfelder: Taiwan, südchinesisches Meer, Korea
Zunehmende geopolitische Spannungen, Störungen in den Lieferketten und regulatorische Unsicherheiten zählen laut Außenwirtschaft Austria zu den größten Herausforderungen für Unternehmen in der Region.. Über allem schwebt die „Taiwan-Frage“: Bis 2030 hat sich Chinas Präsident Xi Zeit gegeben, die Insel zu annektieren – friedlich oder auch mit Gewalt. Die USA agierten bisher als Schutzmacht Taiwans. Ob die Trump-USA im Falle eines chinesischen Angriffes tatsächlich zur Hilfe eilen würde, ist so schwer vorhersehbar wie auch der Rest der US-Außenpolitik. Denkbar, dass Xi in Trumps Präsidentschaft ein Opportunitätsfenster sieht. Allerdings spricht auch viel dagegen: Bei kaum einem anderen Thema sind sich Demokraten und Republikaner so einig wie beim möglichst „harten“ Umgang mit China. Und die US-Wirtschaft ist abhängig von Hochtechnologie aus Taiwan: TSMC ist mit über 70 Prozent Anteil am globalen Halbleiter-Markt eines der wichtigsten Unternehmen der Welt, es fertigt unter anderem KI-optimierte Chips für den US-Riesen Nvidia.
Sollte China Taiwan tatsächlich angreifen, könnten die USA und ihre Verbündeten mit der Straße von Malakka Chinas wichtigsten Seehandelsweg abschneiden. Gegen ein solches Ereignis würde die beste Diversifizierungsstrategie nur wenig helfen – die wirtschaftlichen Auswirkungen wären auf der ganzen Welt verheerend.
Auch das Südchinesische Meer bleibt spannungsgeladen. China betrachtet es fast vollständig als sein Einflussgebiet und beruft sich auf historische Ansprüche („Neun-Striche-Linie“). Seine Anrainerstaaten – Vietnam, die Philippinen, Malaysia und Brunei – widersprechen. Es geht dabei nicht nur kleine Inseln: Die Gewässer sind fischreich, darunter liegen riesige Erz- und Erdölvorkommen.
Auch auf der koreanischen Halbinsel kommt es immer wieder zu Provokationen. Ende 2023 kam es zu einem neuen Tiefpunkt: Nordkorea verkündete, dass die Wiedervereinigung mit Südkorea kein Staatsziel mehr sei und deklarierte es zum „feindlichen Staat“. Pjöngjangs wichtigste Verbündete Russland und China dürften aber einiges daran setzen, einen Krieg zu vermeiden.
Gerade geopolitische Risiken bestehen aktuell in nahezu allen Weltregionen – selbst in Europa. Die Außenwirtschaft Austria empfielt Unternehmen, die im Indopazifik tätig sind: Aktuelle Entwicklungen aufmerksam verfolgen, Beschaffungsstrategien auf Resilienz überprüfen und potenzielle zusätzliche Absatzmärkte in der Region ansteuern.
Gastkommentar: Indo-Pazifik – Chancen & rechtliche Hürden für Exporteure
Wie österreichische Unternehmen die Region erfolgreich erschließen und rechtliche Fallstricke vermeiden.
Der Indo-Pazifik bietet enorme Geschäftsmöglichkeiten für österreichische Unternehmen – von High-Tech bis Green Tech. Doch die Expansion erfordert eine durchdachte rechtliche Strategie. Unterschiedliche Investitionsvorschriften, Handelsbeschränkungen und komplexe Regulierungen stellen Herausforderungen dar, die frühzeitig adressiert werden müssen. Mit dem steigenden Wohlstand in vielen Ländern der Region eröffnen sich neue Absatzmärkte. Doch der Marktzugang ist oft durch lokale Zulassungspflichten, Produkthaftung und Verbraucherschutzgesetze reglementiert. Eine vorausschauende rechtliche Planung hilft, Markteintrittsbarrieren zu überwinden und Haftungsrisiken zu minimieren.
Ein zentraler Punkt ist das Investitionsrecht: Viele Länder wie Indien oder Vietnam haben sektorale Beschränkungen für ausländische Direktinvestitionen. Ohne lokale Partner oder Genehmigungen ist ein Markteintritt oft nicht möglich. Vertragsrecht ist ebenso entscheidend – Joint Ventures sind in Asien weit verbreitet und erfordern sorgfältige rechtliche Absicherung.
Zusätzlich sind steuerliche und zollrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Doppelbesteuerungsabkommen, Freihandelszonen und Importregularien beeinflussen Kostenstrukturen und Lieferketten. Ein weiterer kritischer Punkt ist der Schutz geistigen Eigentums – in einigen Märkten besteht ein erhöhtes Risiko für Produktpiraterie oder mangelnde Rechtsdurchsetzung.
Unternehmen, die über Mergers & Acquisitions (M&A) in die Region expandieren, sollten fundierte Due-Diligence-Prüfungen durchführen. Unterschiedliche Compliance-Standards, Investitionsgesetze und kulturelle Unterschiede erfordern eine präzise rechtliche Analyse, um Risiken zu minimieren und Transaktionen erfolgreich abzuschließen.
Wir begleiten österreichische Familienunternehmen und Industriebetriebe mit direktem Zugang zu bewährten Strukturen und verlässlicher Unterstützung in den wichtigsten Märkten des Indo-Pazifik. Dank eingespielter lokaler Präsenz bieten wir unseren Mandanten umfassende rechtliche Betreuung und operative Umsetzung aus einer Hand – von der ersten Marktanalyse bis zur erfolgreichen Etablierung.
In Kooperation mit Partner® Rechtsanwälte
Kontakt: oliver.thurin@partner.law
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.08/2025 erschienen.