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Österreich, das Land der Eier

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Österreich hat, was den USA derzeit fehlt: Eier. Während die Vogelgrippe in Amerika dafür gesorgt hat, dass Eier zur Mangelware werden, kann sich Österreich mit dem gerade zu Ostern heiß geliebten Lebensmittel selbst versorgen. Der Eier-Report. Von Christian Neuhold

Die Österreicher lieben Eier. 230 Stück konsumiert jeder Staatsbürger pro Jahr. Das sind um rund fünf Prozent mehr als 2023 und es stellt einen neuen Höchststand dar, über den sich vor allem die österreichischen Landwirte freuen. Denn 93 Prozent davon stammen von Eierproduzenten aus dem Inland und werden umweltfreundlich und klimaschonend produziert. Günther Wenninger, Obmann der österreichischen Frischeier-Er­zeuger: „Der Grad der Selbstversorgung ist seit 2010 von 70 auf nunmehr 93 Prozent angestiegen. Insgesamt haben die 2.446 Legehennenhalter in Österreich im Vorjahr mit rund 7,4 Millionen Legehennen 2,24 Milliarden Eier produziert.“

Ihre Eierlust lassen sich die Österreicher auch etwas kosten. Laut Agrarmarkt Austria (AMA) geben die heimischen Konsumenten durchschnittlich 5,40 Euro pro Monat für den Kauf von Eiern im Lebensmitteleinzelhandel aus. Das Ei-Land Österreichs ist die Steiermark. Hier leben 34 Prozent der Legehennen, knapp gefolgt von Niederösterreich mit 30 Prozent. In den westlichen Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg sind Legehennen eher exotisch, hier leben nur jeweils zwei Prozent der heimischen Eierproduzentinnen.

Für Ostern geben die heimischen Eierproduzenten jedenfalls Entwarnung: Wie im Vorjahr stehen rund 60 Millionen gekochte und gefärbte Ostereier fürs Eierpecken bereit. Immerhin sieben Prozent der heimischen Eierproduktion werden für Ostereier verwendet.

Eier aus Bodenhaltung am beliebtesten

Das Erfreulichste an diesen Zahlen: Kein einziges österreichisches Ei stammt aus berüchtigter Käfighaltung. Die ist nämlich hierzulande seit 2020 ausnahmslos verboten. Die Masse der Eier – jedes zweite in Österreich verkaufte Ei – stammt aus Bodenhaltung, wo die Tiere in einem geschlossenen Stall zumindest auf Einstreu herumlaufen und herumkratzen können. Bis zu 24.000 Tiere sind bei Bodenhaltung pro Stall erlaubt. Besser geht es da schon den Legehennen in Freilandhaltung, die sich über Auslauf auf Wiesen freuen dürfen.

Den Goldstandard der heimischen Hühnerhaltung erfüllen Biobetriebe, in denen Hühner auch mit biologisch erzeugten Futtermitteln gefüttert werden und der Freilandauslauf in artgerechten Gruppengrößen erfolgt. Bei Biobetrieben werden auch die männlichen Küken aufgezogen, die bei anderen Haltungsarten entsorgt werden. Die Nachfragen nach Freilandeiern ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, heute stammen rund 38 Prozent der verkauften Eier in Österreich aus dieser Haltungsform.

Der Anteil der Eier aus Bioproduktion stagniert allerdings seit einigen Jahren bei rund 13 Prozent. Das dürfte auch an den Preisen liegen, die bei Bioeiern bei rund dem Doppelten von Eiern aus ­Boden- oder Freilandhaltung liegen. ­Wenninger: „Wegen der stark gestiegenen Futterpreise im Biobereich und der 2025 nochmals strenger gewordenen Auflagen für die Biohaltung sind die Gestehungskosten bei Bio ungleich höher als bei allen anderen Haltungsformen. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten schauen die Konsumenten wieder verstärkt auf den Preis“, sagt Wenninger.

Das gilt nicht nur für die Konsumenten. Österreichs Bäckereien greifen laut einem Test der Tierschutzorganisation Vier Pfoten vorwiegend zu Eiern aus ­Bodenhaltung für ihre Backwaren. Von 60 befragten Bäckereien in Oberösterreich nehmen nur sechs Betriebe Bioeier, fünf verwenden Freilandeier, 23 nur Eier aus Bodenhaltung. 17 Unternehmen antworteten gleich gar nicht auf die Anfrage. Dabei sind die Eierpreise im Großhandel ohnehin deutlich günstiger als im Einzelhandel. 100 Eier besserer Güteklasse aus Bodenhaltung kosteten im Februar 2024 bei den Verpackungs­betrieben rund 17,73 Euro und aus Freilandhaltung 21,48 Euro. Der Preis von 100 Bioeiern lag bei 34,75 Euro, also knapp 35 Cent pro Stück. Damit sind die Ei-Preise in Österreich in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt um 25 Prozent gestiegen. 100 Eier der Gewichtsklasse L aus Bodenhaltung kosteten im Vergleich 2021 12,73 Euro, die Freiland­eier 16,84 Euro und Bioeier 28,24 Euro.

Übrigens: Mit der Eierproduktion verdienen die heimischen Landwirte im Vergleich zu anderen Agrarprodukten noch am besten, denn sie erhalten zwischen 30 und 40 Prozent des Verkaufspreises im Lebensmitteleinzelhandel und damit fast doppelt so viel wie Milchbauern.

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Käfig-Eier durch die Hintertür

Doch ganz so selig, wie von AMA und Eierproduzenten beschrieben, ist die Lage in Österreich nicht. Nach der Herkunft von in verarbeiteten Lebensmitteln aus dem Ausland verwendeten Käfigeiern kräht nämlich kein Hahn. Lauf Schätzungen der Geflügelwirtschaft werden täglich rund eine Million Eier nach Österreich importiert.

Mangels einer trans­parenten Kennzeichnungspflicht bei verarbeiteten Produkten enthalten beispielsweise Nudeln, Süß- oder Backwaren internationaler Hersteller in den Regalen österreichischer Lebensmittelhändler trotz der strengen Haltungsbestimmungen oft importierte Käfigeier, etwa aus der Ukraine – von hier stammt mit Avangardco der mit 13,3 Millionen Legehennen größte Eierproduzent Europas – oder aus der sogenannten „ausgestalteten Käfighaltung“, die in vielen EU-Ländern im Gegensatz zu Österreich noch erlaubt ist. Hier hat jede Legehenne etwas mehr als ein DIN-A4-Blatt Platz zum Leben. Ihren Grundbedürfnissen, etwa dem Scharren und Picken, können so gehaltene Tiere kaum nachkommen.

Produkte wie Eipulver oder Flüssigeier werden weltweit gehandelt. Diesen Markt dominieren riesige Agrarkonzerne wie der US-amerikanische Konzern Cal-Maine Foods, der derzeit 44,5 Millionen Legehennen in seinen Ställen hält, oder der mexikanische Konzern Proteinas y Derivados (Proan) mit 38 Millionen Legehennen, die neben dem Lebensmitteleinzelhandel vor allem international tätige Lebensmittelkonzerne beliefern.

Im Vergleich dazu wirkt der größte heimische Legehennenbauer, Ferdinand Hübinger aus Pettenbach in Oberösterreich, mit seinen 44.000 Legehennen wie ein Hobbyzüchter. Im EU-Vergleich ist Österreich bei der Eierproduktion mit 154.000 Tonnen jährlich (rund zwei Prozent der EU-Produktion) ein Agrarzwerg. Hier liegt Frankreich mit 982.000 Tonnen (15 Prozent) an erster Stelle.

Auf Ei verzichten?

Knapp fünf Prozent der Österreicher leben bereits vegan und haben sich damit vom Ei als Lebensmittel verabschiedet. Sie greifen beim Kochen und Backen bevorzugt zu folgenden Alternativen: Bananen, Leinsamen, Sojamehl, Chiasamen und Eiersatz aus Mais- oder Kartoffelstärke, gemischt mit Lupinenmehl.

Doch auch der langsam zunehmende Anteil an Veganern in der Bevölkerung tut der Ei-Lust der großen Mehrheit keinen Abbruch, wie sich bei den steigenden Verbrauchszahlen zeigt. Vor allem bei der Bevölkerung über 60 Jahre ist das Ei ein besonders beliebtes Lebensmittel. Im Durchschnitt liegt der Eierverbrauch in dieser Altersgruppe bei 258 Stück pro Jahr.

EU-Eiermarkt ist stabil

Trotz der aktuellen Ausbrüche von Vogelgrippe zeigt sich der EU-Eiermarkt laut AMA stabil mit leichten Steigerungen bei den Großhandelspreisen. In den USA hat der Ausbruch der Vogelgrippe hingegen zu erheblichen Störungen am Eiermarkt geführt. Hier mussten laut Auskunft der US-Gesundheitsbehörde CDC bis heute mehr als 160 Millionen Nutzvögel gekeult werden. Dies führte zu einem dramatischen Engpass im Angebot und zu einem enormen Anstieg der Preise für Eier.

In vielen Regionen der USA sind Eier schwer zu bekommen. Die Supermärkte begrenzen den Verkauf auf maximal drei Packungen pro Kunden, die inzwischen Preise von zehn und mehr Dollar für einen Karton mit zwölf Eiern bezahlen müssen. Wegen der landesweiten Eierknappheit, die durch die Verschärfung der Importzölle für Lebensmittel aus Mexiko und Kanada, den wichtigsten Eierlieferanten der USA, noch dringlicher wird, haben die USA bereits mehrere europäische Länder, darunter auch Österreich, um Eierlieferungen gebeten. Wenninger: „Mir sind aber keine Eierlieferungen aus Österreich in die USA bekannt. Das zahlt sich wegen der Zölle und Transportkosten auch gar nicht aus.“ Womit dem heimischen Osterhasen heuer wohl genügend Eier für das bunte Osternest zur Verfügung stehen werden.

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 © Aaron Graubart, Getty Images

„Österreich hat bei Eiern 93 Prozent Eigenversorgung“

Günther Wenninger ist Eierproduzent und Obmann der Erzeugergemeinschaft Frischei. In News spricht er über den Eiermarkt in Österreich und die internationalen Herausforderungen

In den USA herrscht derzeit aufgrund der Vogelgrippe und des desaströsen Krisenmanagements der Regierung eine enorme Eierknappheit. Wie ist die Situation am heimischen ­Eiermarkt?

Die Eierversorgung der Österreicher ist dank einer 93-prozentigen Eigenversorgung für Ostern auf alle Fälle gesichert. Wir erzeugen nach wie vor genügend Eier, auch wenn die Produktion nicht immer in allen Segmenten gleich gut ist.

In welchen Segmenten gibt es derzeit Probleme?

Im Biosegment ist das Eierangebot derzeit sehr knapp. Das hat aber weniger mit der Vogelgrippe als mit dem wirtschaftlichen Druck zu tun, der auf den Biolandwirten lastet. Die Futterkosten und die Kosten für die Hahnhaltung sind extrem gestiegen. Wir haben daher auch schon Bioproduzenten, die aus diesen Gründen wieder auf konventionelle Haltung umgeschwenkt sind. Bei Freiland- und Bodenhaltung gibt es aber keine Versorgungsprobleme.

Gibt es auch Eierimporte?

Die gibt es vor allem im günstigsten Segment der Bodenhaltung und bei Flüssigei und Eipulver, die vor allem bei der Lebensmittelerzeugung und in der Gastronomie zum Einsatz kommen. Bei Frischeiern stammen die Importe fast ausschließlich aus der EU, Flüssigei und Eipulver werden weltweit gehandelt. Da ist auch nicht leicht nachvollziehbar, aus welcher Art der Tierhaltung die Produkte stammen. Noch schwieriger ist der Herkunftsnachweis bei verarbeiteten Lebensmitteln, etwa Nudeln oder Teigwaren, da die Herkunft der Eier hier nicht gesondert deklariert werden muss. Insgesamt betrifft das aber nur etwa ­sieben Prozent des heimischen Eiermarktes. Diese Importe haben sich aber in den letzten Monaten klar reduziert, da Eier in ganz Europa knapp geworden sind.

Wie können die Konsumenten in Österreich überprüfen, woher ihr Ei stammt?

Wir haben mit der Eikennzeichnungspflicht eine der strengsten Herkunfts­regelungen in der EU. Anhand des Stempels, den bei uns jedes Ei hat, sind die Haltungsart – Boden-, Freiland- oder Bioproduktion –, die Güteklasse des Eis und die Herstellernummer klar identifizierbar. Eier aus Käfighaltung sind in Österreich seit 2020 ausnahmslos verboten. Diese strengen Regelungen haben die Eiproduktion in Österreich abgesichert.

Wie viele Eierproduzenten gibt es derzeit in Österreich und wie viele Eier stellen sie her?

In Österreich gibt es aktuell 2.446 Eierproduzenten. Das sind 462 Betriebe mehr als 2019. Sie stellen mit rund 7,4 Millionen Legehennen 2,24 Milliarden Eier jährlich her, 15 Prozent davon sind Biobetriebe.

Was sollte sich bei der Kennzeichnung noch verbessern?

Wichtig wäre eine Kennzeichnungspflicht der Herkunft der Eier in verarbeiteten Lebensmitteln, denn hier können die verwendeten Eier durchaus aus Käfighaltung stammen. Gegen die extrem günstigen Preise dieser mit viel Tierleid verbundenen Haltungsform können Eier und Eiprodukte aus Österreich nicht konkurrieren. Diese Hintertüre gehört unserer Ansicht nach geschlossen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 16/25 erschienen.

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