„Necro Branding”: Das Milliardengeschäft mit den toten Stars

Die australische Kleinstadt Parkes (New South Wales) liegt weit entfernt von Graceland, dem ehemaligen Zuhause von Elvis Presley in Memphis, Tennessee – 14.700 Kilometer um genau zu sein. Fast 50 Jahre nach seinem Tod im Jahr 1977 wird der King of Rock'n'Roll immer noch gefeiert, unter anderem beim Parkes Elvis Festival.

Aktuell finden in der knapp 10.000 Einwohner großen Stadt, anlässlich des 90. Geburtstags des Mannes mit der Tolle und den Koteletten, zahlreiche Elvis-Tribute-Auftritte, Doppelgänger-Wettbewerbe, Elvis-Poesie-Lesungen und ein Miss-Priscilla-Wettbewerb statt. Aus der nahegelegenen Millionenmetropole Sydney werden mit dem „Elvis Express“ in Waggons wie dem „Graceland Express“, dem „All Shook Up Shuttle“, dem „Burning Love Bullet“ und der „Viva Las Vegas Line“ zum Festival gekarrt.

Das von Presleys Nachlassverwaltern, der Elvis Presley Enterprises Inc. (EPE), unterstützte Festival ist eines der größten Tourismusereignisse des Staates und eine lukrative Geldquelle für die Regionalstadt.

Unter den Tausenden von Fans ist auch Professor Chris Baumann von der Abteilung für Marketing der Macquarie University sein, der das Festival zum dritten Mal besuchen wird. Baumann hat den Ausdruck „Necro Branding“ geprägt. Gemeinsam seinen Co-Autor:innen Julian Knowles, Andrew R. Timming, David P. Price, Wirawan Dony Dahana und Yun Shen beschreibt er in seinem Aufsatz „Necro-branding: Elvis Presley as a necro-celebrity“, der in der Zeitschrift Celebrity Studies veröffentlicht wurde, welche postmortale Anziehungskraft Elvis auf Fans jeden Alters hat.

Tatsächlich ist „Necro Branding“ eine Multimilliarden-Dollar-Industrie, der leuchtendes Aushängeschild der King of Rock'n'Roll ist. Aber auch Michael Jackson, Prince, David Bowie, John Lennon und Kurt Cobain füllen die Kassen der Nachlassverwalter und Rechteinhaber weit über die Vorstellungskraft einer Normalverdienerin bzw. eines Normalverdieners hinaus.

Zum Zeitpunkt seines Todes im August 1977 war Elvis etwa fünf Millionen US-Dollar wert. Im Jahr 2022 hatte Elvis Presley Enterprises dank Briefmarken mit Elvis-Motiven, Baz Luhrmanns 2022 für den Oscar nominiertem Biopic und Elvis-Tribut-Auftritten ein geschätztes Nettovermögen zwischen 400 und 500 Millionen Dollar.

Professor Baumann sagt, dass das Ausmaß und die Art der Interaktion der Konsument:innen mit Elvis anhand von Hörerdaten von Musik-Streaming-Diensten und der Analyse von Benutzerkommentaren auf Social-Media-Plattformen wie YouTube gemessen werden können. So zeigen Spotify-Daten, dass Presley etwa weitaus beliebter als andere männliche Solosänger seiner Zeit wie Chuck Berry, Roy Orbison oder Dean Martin ist. Angetrieben wird das „Necro Branding“ durch die sogenannte parasoziale Trauer oder das Verlustgefühl der Fans beim Tod einer Berühmtheit.

„Um eine effektive Marketingstrategie zu entwickeln und umzusetzen und die Fangemeinde einzubinden, ist es wichtig zu verstehen, welche Verbindung die Menschen zu Elvis haben“, erklärt Chris Baumann. Benutzerkommentare auf Social Media – etwa der Vergleich von Elvis mit einer gottähnlichen Figur – oder die Verwendung seiner Musik bei Hochzeiten und Beerdigungen zeigen die religiösen und zeremoniellen Aspekte der Marke Elvis Presley.

Durch Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) eröffnen sich zudem Möglichkeiten, um neue Einnahmequellen zu erschließen. „Von der Verbesserung der Ton- und Bildqualität alter Clips bis hin zum KI-generierten Elvis-Avatar in London ermöglicht und fördert die Technologie Fortschritte im 'Necro Branding'“, ist Baumann überzeugt.