Inhaltsverzeichnis
- 1. Was macht erfolgreiche Influencer und Creator aus?
- 2. Ab wann kann man seinen Lebensunterhalt damit bestreiten?
- 3. Was verdienen erfolgreiche Influencer oder Creator?
- 4. Tipps: Was sollten Neueinsteiger beachten?
- 5. Welche Nischen sind besonders gefragt?
- 6. Welche Trends und Formate funktionieren gut?
- 7. Wer sind die Top Influencer im deutssprachigen Raum?
- 8. Vermarktung vs. Authentizität - wie gelingt beides?
- 9. Sind Influencer die besseren Vermittler von Inhalten?
- 10. Wie sollte man mit Fake News und Co. umgehen?
- 11. Wie sieht die Zukunft der Branche aus?
1. Was macht erfolgreiche Influencer und Creator aus?
"Man unterscheidet prinzipiell zwischen Influencer und Creator. Auf TikTok und YouTube werden sie lieber Creator genannt, auf Instagram ist es eher der klassische Influencer, aber es gibt natürlich Überschneidungen", sagt Adil Sbai, Autor der "TikTok Bibel" und Gründer und CEOs der "Creator Marketing"-Agentur "WeCreate". Er leitet gemeinsam mit Johannes Ruisinger das Unternehmen, das einige der erfolgreichsten Creator Deutschlands unter Vertrag hat.
Ab wann jemand erfolgreich ist, ist für Adil Sbai eine Frage der Definition. Auf TikTok erreicht man im Vergleich zu YouTube relativ schnell viele Follower, wie er mitteilt. Auf YouTube gebe es viele Creator, die "nur" 50.000 Abonnenten haben und davon schon leben können, weil man durch die Plattform mehr verdiene und für Kooperationen mehr erhalte. Bei TikTok sei man mit 50.000 Followern so gesehen auch ein Creator, aber es gebe nicht so viele, die davon leben können.
2. Ab wann kann man seinen Lebensunterhalt damit bestreiten?
Und wie wiele Follower braucht es, um als Influencer oder Creator genug zu verdienen, sodass man davon leben kann? Diese Frage ist für den TikTok-Experten nich so einfach zu beantworten:
"Schwierig zu sagen und sehr abhängig von der Nische, aber vielleicht mal als grobe Faustformel: Bei Youtube beginnt es ab 50.000 Abonnenten, bei Tik Tok ab 1 Million Follower, bei Instagram – abhängig von der Nische – ungefähr ab 100.000 Follower", sagt Sbai.
3. Was verdienen erfolgreiche Influencer oder Creator?
"Es gibt den TKP, den sogenannten Tausend-Kontakt-Preis (Anm. der Red.: Er gibt an, wie viel Geld in eine Marketingmaßnahme investiert werden muss, um 1.000 Views zu erhalten). Auf Basis dieser Größe kann man recht gut vorhersagen, was ein Creator oder Influencer verdient", erklärt Sbai. Als grober Richtwert gelte, dass der TKP für einen vermarkteten Post bei TikTok in Bezug auf die Views zwischen 5 und 15 Euro liegt. Das bedeutet, dass man beispielsweise bei einer Million Views zwischen 5.000 und 15.000 Euro bekommt. Bei Instagram liegt der TKP laut Experte für Stories zwischen 30 und 100 Euro und Posts 15 bis 25 Euro, bei YouTube zwischen 50 und 100 Euro.
"Wenn jemand bei Instagram jetzt 1 Million Follower hat und er 300.000 Views auf den beworbenen Post und 100.000 auf eine Story, kann man sich hochrechnen, wie viel jemand verdient: Für die Story bekommt der Influencer umgerechnet 10.000 Euro und für den Post zwischen 15.000 und 25.000 Euro. Davon kann man schon gut leben", teilt Sbai mit. Alle Creator oder Influencer, die bei "WeCreate" unter Vertrag sind, bekommen eine vierstellige Summe pro Post, einige sogar eine fünfstellige.
4. Was sollten Neueinsteiger beachten?
Die Profis geben Neueinsteigern folgende Tipps mit auf den Weg:
- Man soll das machen, wofür man brennt. Dadurch ist man besser, motivierter und zieht das Ganze eher durch.
- Geld ist kein guter Motivator, weil man dann nicht die Extrameile geht, wenn es vielleicht einmal nicht so gut läuft.
- Es dauert lange, sich eine Community aufzubauen. Das geht nicht immer über Nacht. Es braucht eine Kombination aus Motivation, Disziplin und Talent.
5. Welche Nischen sind besonders gefragt?
Die Bezahlung hängt laut Experten nicht zuletzt davon ab, welche Nische jemand bedient. Vegane Influencer oder Fashion-Influencer seien beispielsweise meistens besser bezahlt als jemand der Lifestyle-Influencer ist, wie Sbai mitteilt.
"Je spezieller die Nische ist, umso mehr kann ein Influencer verlangen. Wir sehen das vor allem in der Tech-Branche recht stark: Influencer, die sich auf Tech spezialisiert haben, beispielsweise Development oder Computertechnik, sind einfach viel seltener als Lifestyle-Influencer", sagt Johannes Ruisinger. Tech-Influencer seien daher in der Lage, mit weniger Followern gute Deals mit Unternehmen abzuschließen. "Es ist aber auch ein bisschen Glück dabei. Wenn eine Firma einen Influencer sucht, der genau in dieser Nische seine Follower hat – selbst wenn es nur 2.000 oder 3.000 sind – ist das ein extrem großer Vorteil", teilt Ruisinger mit.
6. Welche Trends und Formate funktionieren gut?
Die beiden Experten haben eine eigene Datenplattform namens "influData" entwickelt. Sie analysiert und sucht passende Influencer und Creator weltweit. Wie werden also Trends beziehungsweise Influencer gefunden? "Einerseits gibt es Agenturen, die für Unternehmen arbeiten und ein großes Portfolio an Influencern haben oder nach neuen Influencern suchen. Auf der anderen Seite sind es Unternehmen, die influData für ihr Influencer-Marketing nutzen", sagt Ruisinger. Es gebe eine freie Keywordsuche – man könne beispielsweise "vegan", "Mutter" und "Baby" eingeben -, damit man genau die Liste an Influencern erhält, nach denen man sucht.
Das Tool analysiert auch die Perfomance von Influencern: Anhand von Daten und Algorithmen kann man so herausfinden, ob der Influencer gut performen wird und ob Likes oder Follower fake sind oder nicht. Und man erkennt, wie organische die Community ist, wie Ruisinger erklärt: "Wir bieten die Möglichkeit an, zu sehen, wo die Audience des Influencers herkommt. Es ist nicht immer so, dass ein deutscher Influencer deutsche Follower hat. Mit der Analyse weiß das Unternehmen, ob der Influencer wirklich zur Brand passt."
"Aktuelle Trends sind eine Frage der Popkultur: Was wird in der Generation Z gerade gehypt?", sagt Adil Sbai. Die Netflix-Serie "Squid Game" sei beispielsweise ein extrem großes Thema. Man brauche sich nur das Wachstum der Social-Media-Profile der Darsteller anzuschauen. Eine der Schauspielerinnen habe auf Instagram an einem Tag circa eine Million Follower gewonnen. Jetzt etwas mit Squid Game zu machen habe auf jeden Fall eine große Chance auf Viralität. Aus seiner Sicht gibt es also einerseits externe Einflüsse wie durch Sportereignisse, Musik-Launches oder Serien. Und es gibt interne Einflüsse, die durch die Plattform selbst kommen - Ideen, die Creator in die Community tragen und dort aufgegriffen werden.
7. Wer sind momentan die Top Influencer oder Creator im deutssprachigen Raum?
Die größte Tiktokerin in Deutschland ist laut TikTok-Experten aktuell Nadine Breaty. "Sie hat eine graue Strähne im Haar und Hautflecken, das ist eine Krankheit namens Piebaldismus: Das coole bei ihr ist, sie spricht viel darüber. Aus einer vermeintlichen Schwäche hat sie eine Stärke gemacht und schenkt damit anderen Menschen Mut", sagt Sbai.
Am meisten Views hat in Deutschland gerade Dave Ardito. Er mache Anime-Content und zeige damit, wie spannend Nischen sind. "Intern haben wir Younes Zarou zum größten TikToker Deutschlands und zum zweitgrößten Europas gemacht mit mittlerweile rund 40 Millionen Follower. Das sind die drei Creator, auf die wir gerade mit am stolzesten sind und die alle ganz weit oben sind", erklärt der Experte.
Und der Job als Vollzeit-Creator ist anstrengende Arbeit: "Die meisten TikToker machen jeden Tag ein Video, Nadine sogar mehrere am Tag. Es gibt ein bis zwei Künstler bei uns im Management, die noch studieren, alle anderen machen das Vollzeit. Sie arbeiten auch mehr als 40 Stunden mit allem Drum und Dran, wie etwa auf Kommentare zu antworten oder Postproduktionen", sagt Sbai.
Europa beziehungsweise Deutschland und Österreich hinken in puncto Influencer-Trends jedoch hinter den USA her. Die Trends kommen demnach eher aus Amerika oder Asien und schwappen nach Deutschland über. Der umgekehrte Effekt ist eher selten.
8. Vermarktung vs. Authentizität - wie gelingt beides?
"Ich finde diesen Spagat nicht so schwierig. Wenn sich zum Beispiel ein Creator überwiegend vegetarisch ernährt und dann eine Anfrage für ein Fleischprodukt erhält, dann lehnen wir ab. Es ist wirklich nicht der Fall, dass unsere Creator irgendetwas machen müssen, hinter dem sie nicht stehen.", erklärt Adil Sbai. Glaubwürdigkeit sei die Währung der Branche und die sollte man nicht aufs Spiel setzen.
Es habe aber in der Vergangenheit immer wieder Probleme damit gegeben – vor allem auf Instagram - , dass Creator etwas beworben hätten, das nicht glaubwürdig gewesen sei. Wenn das Unternehmen mit einem sehr starren Konstrukt ankomme und man sich in ein kreatives Korsett gezwungen sehe, sei das einfach nicht gut und man müsse absagen. Sonst verliere man die Community, lautet sein Fazit.
Auch zu viel Werbung kann der Authentizität schaden, wie Sbai weiß. "Ich kann mich an einige Creator erinnern, die zu oft Werbung gemacht haben - auf TikTok sogar. Wenn man drei Werbeposts in Folge veröffentlicht, sagt die Community irgendwann: 'Hey, gibt ja nur noch Werbung hier.'" Er würde dazu raten, ein gesundes Verhältnis von zum Beispiel 1:4 oder 1:5 zu finden. Das verstehe die Community auch - solange man es nicht übertreibt -, weil sie weiß, dass der Content finanziert werden muss. Sie hätten einige Creator, die im Monat eine vierstellige Summe nur für Content Creation ausgeben, wie etwa für einen Fotografen, Videografen oder Ähnliches - das müsse natürlich refinanziert werden.
9. Sind Influencer die besseren Vermittler von Inhalten?
Die TikTok-Experten sind der Meinung, dass es langfristig alternativlos ist, auf Creator zu setzen – vor allem, wenn man die sogenannte Generation Z erreichen will. Es sie laut Adil Sbai immer einfacher, über einen Creator zu kommunizieren, weil er die richtige Tonalität findet und das Vertrauen der Community als Medium hat. "Ich glaube, der Trend geht auch bei den Medien dahin, dass man innerhalb der Medienkonzerne Gesichter findet, die man aufbaut, sogenannte Corporate Influencer, um die Inhalte in die Sozialen Medien tragen und damit die Reichweite zu verbessern. Und dass man als weiteren Hebel Kooperationsmodelle mit Creatorn andenkt, um die junge Zielgruppe zu erreichen", sagt Sbai.
10. Wie sollte man mit Fake News und Co. umgehen?
Influencer und Creator sind allerdings nicht an dieselben Richtlinien und Qualitätskriterien gebunden wie beispielsweise Journalisten. Das betrifft unter anderem Bereiche wie Fake News. "Ich sehe das schon kritisch. Man muss Creator und auch die Plattformen in die Pflicht nehmen", sagt Sbai. Es passiere bereits, dass Inhalte geprüft und offline genommen werden, wenn sie nicht den Community-Guidelines entsprechen oder Fake-News sind. Es sei ein Risiko, aber er glaube, man könne das lösen, wenn Plattformen hier professionell agieren und das überprüfen würden.
11. Wie sieht die Zukunft der Branche aus?
Für Adil Sbai ist TikTok eigentlich nur ein Symptom einer strukturellen Entwicklung, wie die Generation Z Medien konsumiert: Und das ist Vertical Video. Es sei das Format der Gegenwart bei der jungen Audience, den Kaufkräftigen von morgen. Und die extrem guten Zahlen von"Instagram Reels" und "YouTubeShorts", die in Sachen Vertical Video nachgezogen haben, würden das bestätigen. "Was in ein paar Jahren kommt, ist vielleicht das „metaverse“ (Anm. der Red.: ein kollektiver virtueller Raum, eine Mischung aus Social Media und Virtual Reality) - aber das ist ein Blick in die Glaskugel", prognostiziert Sbai.